Spruch:
Vom Widerruf der im Verfahren AZ 9 U 100/05f des Bezirksgerichts Knittelfeld gewährten bedingten Strafnachsicht wird abgesehen.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Leoben vom 24. Oktober 2006, GZ 12 Hv 88/06m-11, wurde Alfred J***** des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (§§ 83 Abs 1, 107 Abs 1) StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Mit zugleich gefasstem Beschluss wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die im Verfahren AZ 9 U 100/05f des Bezirksgerichts Knittelfeld gewährte bedingte Strafnachsicht (im Ausmaß von vier Monaten Freiheitsstrafe) widerrufen.
Aus Anlass der von Alfred J***** gegen dieses - von der Staatsanwaltschaft nicht bekämpfte - Urteil erhobenen Berufung wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe und wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe hob das Oberlandesgericht Graz am 5. März 2007, AZ 10 Bs 481/06w (= ON 14), das Urteil und den Widerrufsbeschluss auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht.
Mit im zweiten Rechtsgang ergangenem - in Rechtskraft erwachsenem und gekürzt ausgefertigtem - Urteil des Landesgerichts Leoben vom 9. Mai 2007 (ON 17) wurde der Angeklagte neuerlich des oben angeführten Vergehens schuldig erkannt und nunmehr zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, welche für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Unter einem fasste das Erstgericht den Beschluss, vom Widerruf der im Verfahren AZ 9 U 100/05f des Bezirksgerichts Knittelfeld gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern (§ 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO).
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in der gemäß § 23 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht dieser Strafausspruch mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Auch im Verfahren vor dem Einzelrichter des Gerichtshofs erster Instanz hatte § 293 Abs 3 StPO, wonach das - nur den Sanktionenbereich und jede einzelne Unrechtsfolge je für sich (RIS-Justiz RS0100700) betreffende - Verschlechterungsverbot des § 290 Abs 2 StPO ebenso für das aufgrund einer neuen Hauptverhandlung ergehende Urteil maßgebend ist, Anwendung zu finden (Ratz, WK-StPO § 477 aF Rz 3, 13 Os 107/05y; nichts anderes gilt nach der neuen Rechtslage seit 1. 1. 2008 für Urteile des Einzelrichters des Landesgerichts; §§ 16, 293 Abs 3 [§ 290 Abs 2] iVm § 488 Abs 1 StPO).
Durch die Verhängung einer höheren Freiheitsstrafe im zweiten Rechtsgang wurde daher eine Verletzung des Verschlechterungsverbots bewirkt, welche auch das Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht nicht auszugleichen vermochte (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 59). Die dem Verurteilten zum Nachteil gereichende Gesetzesverletzung war durch Strafneubemessung zu beheben (§ 292 letzter Satz StPO). Dabei war - ausgehend von den vom Erstgericht vollständig und richtig aufgelisteten Strafzumessungsgründen und unter Beachtung des Verbots der reformatio in peius - eine nach § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehende Freiheitsstrafe von fünf Monaten zu verhängen. Ebenso unter Beachtung des Verschlechterungsverbots hatte das Absehen vom Widerruf der im Verfahren AZ 9 U 100/05f des Bezirksgerichts Knittelfeld gewährten bedingten Strafnachsicht ohne Probezeitverlängerung zu erfolgen (vgl Jerabek, WK-StPO § 498 Rz 10).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)