OGH 3Ob77/10k

OGH3Ob77/10k30.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.‑Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** F*****, vertreten durch Dr. Zsizsik & Dr. Prattes Rechtsanwälte OG in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei Steiermärkische Krankenanstalten GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg‑Christian Gass, Dr. Alexander Sutter, Rechtsanwälte in Graz, wegen 305.467,27 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 25.000 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 14. Jänner 2010, GZ 3 R 176/09s‑57, womit das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 28. September 2009, GZ 18 Cg 174/06t‑50, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.470,24 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 245,04 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Am 12. Oktober 2003, einem Sonntag, wurden die Magenbeschwerden/Bauchschmerzen des Klägers, die er bereits an den vorangegangenen Tagen wiederholt verspürt hatte, immer stärker, weshalb er sich in das von der Beklagten betriebene Landeskrankenhaus begab, welches in einem Spitalsverbund mit einem weiteren Landeskrankenhaus unter gemeinsamer ärztlicher Leitung mitgeführt wird.

An diesem Sonntag befand sich als einzige Medizinerin eine Stationsärztin im Dienst, die keine Facharztausbildung aufwies. Sie untersuchte den Kläger, der von seiner Blinddarmoperation zwei Jahre davor erzählte, vor der er infolge seiner hohen Schmerztoleranz verspätet ins Krankenhaus kam. Weiters verwies er darauf, dass er sein Wasser aus einem Hausbrunnen beziehe, welcher auf Keime untersucht werde. Die Stationsärztin veranlasste eine Blutabnahme sowie ein Abdomen‑Leer‑Röntgen. Da das Labor am Wochenende nicht besetzt ist, untersuchte sie das Blut selbst („kleines Blutbild“). Dabei wurden nur eingeschränkte Parameter erhoben, nicht etwa der CRP‑Wert, weil das mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten am Wochenende nicht möglich ist. Die Stationsärztin fand die Leukozytenzahl unauffällig. Sie führte weiters eine Ultraschalluntersuchung durch, die als Nebenbefund Gallensteine und einen Flüssigkeitssaum um die Darmschlingen hervorbrachte. Flüssigkeit und Gas im Bauchraum selbst fand sie nicht vor. Die Stationsärztin interpretierte diese Ergebnisse im Sinn der Verdachtsdiagnose Gastroenteritis mit allenfalls einem entzündlichen Geschehen im Bauchraum. Auf das Vorliegen einer Perforation schloss sie nicht.

Im Rahmen ihres Aufnahmegesprächs schlug sie dem Kläger vor, ihn zur Abklärung aller möglichen Ursachen seiner Beschwerden in die chirurgische Abteilung des verbundenen Landeskrankenhauses zu überstellen; im Gegensatz zum Aufnahmespital steht dort ein CT zur Verfügung, wenngleich es am Wochenende mangels einer Röntgenassistentin nur beschränkt einsatzfähig ist. Dies wollte der Kläger nicht. Auf eine besondere Dringlichkeit oder Dramatik des Geschehens wies die Stationsärztin nicht hin, weil sie nicht von einer Perforation ausging.

Sie einigte sich mit dem Kläger darauf, dass der routinemäßig aus dem verbundenen Landeskrankenhaus anreisende Chirurg den Kläger am nächsten Tag untersuchen werde. Sie verabreichte ihm schmerzstillende Medikamente, die ihm vordergründig guttaten. Am nächsten Morgen hatte die Stationsärztin den Eindruck eines verbesserten Zustands des Klägers, ihr war nicht mitgeteilt worden, dass seine Körpertemperatur um 6:00 Uhr bereits auf 38,7 Grad gestiegen war. Anlässlich des Dienstendes übergab sie den Kläger an den Internisten sowie an den Chirurgen, wobei sie beide darauf hinwies, dass ihrer Meinung nach der Patient chirurgisch untersucht werden solle. Beide Fachärzte sahen den Kläger, veranlassten aber zunächst nichts weiteres.

Gegen Mittag wurde der Internist verständigt, dass der Kläger über starke Schmerzen klage. Der Internist verständigte darauf hin den Chirurgen, ohne in Erfahrung gebracht zu haben, welche weiteren Maßnahmen allenfalls ergriffen werden. Um 15:00 Uhr erkannte der Internist die dramatische gesundheitliche Situation des Klägers und veranlasste die Überstellung in ein anderes Landeskrankenhaus mit höherwertiger medizinischer und personeller Ausstattung.

Eine Weigerung des Klägers, an eine chirurgische Abteilung eines anderen Landeskrankenhauses verlegt zu werden, trotz der entsprechend dringlichen und nachdrücklichen, auf die Gefährlichkeit der Situation hinweisenden Empfehlung erfolgte nicht.

Der Kläger hatte bereits am Abend des 10. oder spätestens zu Mittag am 11. Oktober 2003 eine erste lokal begrenzte Perforation einer Ausbuchtung des Dickdarms erlitten. Da sich angrenzendes Gewebe sofort über diese Perforation legte, kam es nicht sofort zu einer ausgiebigen Bauchfellentzündung. Die Infektion weitete sich schleichend aus und führte zu den Beschwerden und Schmerzen am 12. Oktober 2003. Spätestens in den Morgenstunden des 13. Oktober 2003 dürfte eine weitere Perforation stattgefunden haben.

Anlässlich der klinischen Untersuchung bei der Aufnahme am 12. Oktober 2003 war die von der Stationsärztin diagnostizierte Gastroenteritis als Alternativhypothese nicht ausgeschlossen; sie wurde von anamnestischen Details (Wasserbezug aus einem allenfalls verkeimten Hausbrunnen, fehlende Erhöhung der Leukozytenzahl) nicht widerlegt. Durch ein höherwertiges bildgebendes Verfahren, etwa einer CT, hätte man am 12. Oktober 2003 bereits die Perforation erkennen können; dies auch, wenn man sie in einer eingeschränkten Form ohne Kontrastmittel (mangels Röntgenassistenz) durchgeführt hätte.

Bei einer fachgerechten Untersuchung des Klägers am 12. Oktober 2003 durch einen ausgebildeten Chirurgen wäre schon zum damaligen Zeitpunkt die intestinale Perforation hervorgekommen, weil die Gesamtkonstellation des Klägers nach dem Stand der Wissenschaft diese Diagnose nahelegte.

Die Perforationsdiagnose führte zwingend zur Operationsnotwendigkeit; dies mit der Maßgabe einer allfälligen experimentellen Vorgangsweise in akademisch‑wissenschaftlichen Zentren. Auf der Ebene peripherer Landeskrankenhäuser ist die sofortige Operation Stand der Wissenschaft. Da der Kläger mit bereits vorhandener Perforation das Landeskrankenhaus aufgesucht hatte, war schon zu diesem Zeitpunkt die Operation als solche unumgänglich.

Bei einer sofortigen Operation noch am 12. Oktober 2003 hätte eine Chance von 50 % bestanden, ohne künstlichen Darmausgang auszukommen. Lavagierende Folgeeingriffe (Spülungen) wären wegen der zu diesem Zeitpunkt noch lokal begrenzten Bauchfellentzündung nicht notwendig gewesen.

Der Kläger wurde nach Überstellung im anderen Landeskrankenhaus am 13. Oktober 2003 notoperiert. Aufgrund der schon massiv ausgebreiteten Bauchfellentzündung musste sehr weitgehend schon zerstörtes Gewebe entfernt, der Bauchraum ausgiebig drainagiert und ein künstlicher Darmausgang angelegt werden. In der Folge mussten zahlreiche weitere Spülungen im Tages‑/Zweitagesabstand vorgenommen werden; der Kläger war auf der Intensivstation künstlich zu beatmen. Zwei Wochen später war eine Luftröhrenöffnung erforderlich und bis 9. Dezember 2003 mehrfache Lavageoperationen. Der endgültige Bauchdeckenverschluss erfolgte erst am 22. Dezember 2003. Erst danach konnte der Kläger auf natürliche Atmung umgestellt und Mitte Jänner 2004 auf die chirurgische Normalstation verlegt werden. Die Luftröhrenöffnung wurde am 2. Februar 2004 verschlossen, der künstliche Darmausgang zwischen 1. und 14. Juni 2004 erfolgreich rückoperiert. Durch die Verzögerung der Operation musste der Kläger sieben Tage starke, achtzehn Tage mittlere und 83 Tage leichte Schmerzen erdulden.

Der Kläger forderte von der beklagten Krankenhausgesellschaft den Ersatz seines gesamten mit 295.467,27 EUR sA bezifferten Schadens, welcher unter anderem 50.000 EUR Schmerzengeld enthalte. Zusätzlich begehrte er die Feststellung der Haftung der Beklagten für all seine künftigen Schäden. Die falsche Behandlung der Ärzte habe seinen Aufenthalt „extrem“ verlängert und weitere operative Eingriffe notwendig gemacht. Als Organisationsverschulden warf er überdies der Beklagten vor, sie hätte das vom Kläger zunächst aufgesuchte Krankenhaus mit all jenen technischen Geräten ausstatten müssen, die zur Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich seien.

Die Beklagte wendete ein, die vor Ort anwesende Ärztin habe kunstgerecht gehandelt. Der Kläger habe die Verlegung an ein anderes Landeskrankenhaus abgelehnt. Die Ausstattung von Landeskrankenhäusern mit medizinischen Geräten sei gesetzlich geregelt, das Fehlen eines CT‑Geräts könne der Beklagten daher nicht angelastet werden.

Das Erstgericht sprach dem Kläger mit Teilurteil 20.000 EUR Schmerzengeld zu; das Berufungsgericht erhöhte den Zuspruch auf 25.000 EUR. Es ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu Schadenersatzansprüchen fehle, die aus einer behaupteten Unterausstattung von Krankenhäusern mit Fachärzten und medizinisch‑technischen Geräten abgeleitet werden. Das Berufungsgericht verneinte gerügte erstinstanzliche Verfahrensmängel, übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis unbedenklicher Beweiswürdigung und gründete die Haftung der Beklagten für das aufgrund der Umstände dieses Falls zu erhöhende Schmerzengeld darauf, dass die Beklagte keine Vorsorge dafür getroffen habe, dass ein Facharzt mit dem Befund des Klägers konfrontiert werde. Im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben könne der Beklagten das Fehlen für die Behandlung des Klägers günstigerer medizinisch‑technischer Geräte nicht vorgeworfen werden. Das Erstgericht habe zur Notwendigkeit des künstlichen Darmausgangs keine überschießenden Feststellungen getroffen. Nach den getroffenen Feststellungen habe der Kläger nicht erkennen können, dass die im Krankenhaus erstellte Diagnose zwangsläufig unvollständig sei, weil die vorhandene Ausstattung mit medizinischen Geräten gar keinen vollständigen medizinischen Befund erlaube. Der Kläger habe daher annehmen können, der Transfer in ein anderes (in Wahrheit das organisatorisch verbundene) Krankenhaus und die routinemäßige Anreise eines Chirurgen am nächsten Tag wären gleichwertige Alternativen. Die (uninformierte) Weigerung des Klägers, sich in ein anderes Krankenhaus verlegen zu lassen, könne daher nicht seine Mitverantwortung für die verzögerungsbedingten Gesundheitsschäden begründen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung des klägerischen Schadenersatzbegehrens anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof sprach bereits mehrfach aus, dass der Arzt im Rahmen des ärztlichen Behandlungsvertrags, ein im Gesetz nicht näher typisiertes Vertragsverhältnis, welches wesentliche Elemente des Beratungsvertrags umfasst, Diagnostik, Aufklärung und Beratung nach den Regeln der ärztlichen Kunst schuldet, wofür der aktuell anerkannte Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft maßgeblich ist (9 Ob 64/08i mwN; vgl RIS‑Justiz RS0021335). Wenn der Arzt erkennt, dass bestimmte ärztliche Maßnahmen erforderlich sind, dann hat er den Patienten auf deren Notwendigkeit und die Risiken ihrer Unterlassung hinzuweisen. Wird eine notwendige Aufklärung nicht oder nicht ausreichend erteilt, liegt auch darin eine fehlerhafte Behandlung. Aufklärungspflichten bestehen nicht nur dann, wenn die Einwilligung des Patienten zur Durchführung einer ärztlichen Heilbehandlung erreicht werden soll, sondern auch dann, wenn dem Patienten eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen ist, ob er eine (weitere) ärztliche Behandlung unterlassen kann (sog „Sicherheitsaufklärungspflicht“). Wenn der Arzt erkennt, dass bestimmte ärztliche Maßnahmen erforderlich sind, hat er den Patienten auf deren Notwendigkeit hinzuweisen (vgl RIS‑Justiz RS0026578). Wenn nach dem Krankheitsbild eine sofortige ärztliche Versorgung im Krankenhaus gewährleistet sein muss, wird der Arzt darauf eindringlich aufmerksam zu machen haben. Die Belehrung hat um so ausführlicher und eindringlicher zu sein, je klarer für den Arzt die schädlichen Folgen des Unterbleibens sind und je dringlicher die weitere Behandlung aus der Sicht eines vernünftigen und einsichtigen Patienten erscheinen muss. Dazu gehört, dass der Patient über die nur dem Fachmann erkennbaren Gefahren aufgeklärt wird, weil er andernfalls die Tragweite seiner Handlung oder Unterlassung nicht überschauen und daher sein Selbstbestimmungsrecht nicht in zurechenbarer Eigenverantwortung wahrnehmen kann. Wenngleich der Arzt nicht auf alle nur denkbaren Folgen einer Behandlung oder der Unterlassung hinweisen muss, so hat er bei der Vornahme der Aufklärung jedoch jene Sorgfalt zu vertreten, die von einem ordentlichen und pflichtgetreuen Durchschnittsarzt in der konkreten Situation erwartet wird (9 Ob 64/08i mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein dem Spitalsarzt anzulastendes Fehlverhalten, für welches der Krankenhausträger dem Patienten als Partner des abgeschlossenen Behandlungsvertrags zu haften hat (§ 1313a ABGB) dann vor, wenn der Arzt nicht nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung vorgegangen ist oder die übliche Sorgfalt eines ordentlichen pflichtgetreuen Durchschnittsarztes in der konkreten Situation vernachlässigt hat (10 Ob 24/00b mwN).

Den referierten Grundsätzen der Rechtsprechung folgte das Berufungsgericht, wenn es eine Mitverantwortung des Klägers für das Unterbleiben einer sofortigen Verlegung an ein besser ausgestattetes Krankenhaus mangels entsprechender vorheriger Aufklärung verneinte. Vielmehr liegt in der unterbliebenen sofortigen chirurgischen Abklärung entweder durch Verlegung des Patienten in jenen Teil des an mehreren Standorten verbunden geführten Landeskrankenhauses, wo auch sonntags ein Facharzt für Chirurgie Dienst versieht bzw (zumindest eingeschränkte, hier aber ausreichende) CT‑Diagnostik möglich gewesen wäre, oder aber die kurzfristige chirurgische Begutachtung (Anreise eines Facharztes aus der anderen Krankenanstalt/Rufbereitschaft) jedenfalls die Grundlage für die Haftung der Beklagten.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass die Beklagte in Wahrheit die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen (keine Weigerung des Klägers nach ausdrücklicher Information über die Risiken) bekämpft, wenn sie das Fehlen einer Feststellung über die beharrliche Weigerung des Klägers, in eine andere Krankenanstalt verlegt zu werden, rügt.

Im Hinblick auf die haftungsbegründenden Fehler bei der Diagnoseerstellung (Unterbleiben sofortiger chirurgischer Untersuchung) ist die ‑ vom Berufungsgericht ohnehin verneinte ‑ Haftung der Beklagten für die ungenügende medizinisch‑technische Ausstattung ebenso wenig zu erörtern, wie die Frage, ob die Beklagte für eine (behauptetermaßen) ungenügende Ausstattung mit medizinischem Fachpersonal hafte.

Ob überschießende Feststellungen in den Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes oder der Einwendungen fallen und daher zu berücksichtigen sind (RIS‑Justiz RS0040318), ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0037972 [T15]). Auch bei Bemessung des Schmerzengelds ist dem Berufungsgericht keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Einzelfalls vorzuwerfen. Die von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, welche durchwegs geringere Schmerzengeldzusprüche enthalten, unterscheiden sich vom vorliegenden Fall durch deutlich geringer festgestellte Schmerzfolgen. Ein Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist daher nicht erkennbar.

Die Beurteilung des Parteivorbringens im Einzelfall, insbesondere auch die Beantwortung der Frage, ob das Gericht einer Partei mehr oder etwas anderes zugesprochen hat, als diese begehrte (§ 405 ZPO) erfordert eine Beurteilung der konkreten Umstände des zu entscheidenden Falls. Dass sich das Berufungsgericht in einer vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Weise über das klägerische Begehren hinweggesetzt bzw über dieses hinaus gegangen wäre, ist vorliegend nicht zu sehen.

Das Gericht hat, wenn es ein Sachverständigengutachten für ungenügend erachtet, ein neues Gutachten durch einen anderen Sachverständigen einzuholen. Es ist nicht gehalten, das ungenügend erscheinende Gutachten ergänzen zu lassen oder Widersprüche zwischen diesem und dem neuen Gutachten aufklären zu lassen. Es kann sich vielmehr ohne weitere Erhebung dem ihm verlässlichen neuen Gutachten anschließen (RIS‑Justiz RS0040588). Es ist daher unerheblich, ob das Berufungsgericht bei Behandlung der Rüge des erstinstanzlichen Verfahrens im Zusammenhang mit der Umbestellung des medizinischen Sachverständigen zutreffend aus den erstinstanzlichen Verfahrensakten zitiert oder im Akteninhalt begründete Schlussfolgerungen zur Motivation des Erstgerichts bei Umbestellung des Sachverständigen zieht.

Da die Revisionswerberin sohin keine Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermochte, war ihre Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO; der Kläger wies auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hin.

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