Spruch:
Das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 8. Juli 2008, GZ 14 Hv 103/08k-14, verletzt im Schuldspruch III in Ansehung des Angeklagten Manuel L***** das Gesetz in der Bestimmung des § 91 Abs 1 StGB.
Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird diesen Angeklagten betreffend im Schuldspruch III sowie demzufolge im Strafausspruch aufgehoben.
Manuel L***** wird von der Anklage, er habe in der Nacht zum 5. Februar 2008 in Liezen an einer Schlägerei tätlich teilgenommen, wobei er selbst eine schwere Körperverletzung erlitten habe, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihm weiterhin zur Last liegende Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB wird über ihn gemäß § 84 Abs 1 StGB eine
Freiheitsstrafe von drei Monaten
verhängt.
Die Strafe wird gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Text
Gründe:
Manuel L***** wurde mit dem auch andere Angeklagte (nämlich Stefan S***** und Christopher M*****) betreffenden Urteil des Landesgerichts Leoben vom 8. Juli 2008, GZ 14 Hv 103/08k-14, der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (I) und des Raufhandels nach § 91 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt und zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.
Demnach hat er (zu III) wie die zwei weiteren Angeklagten in der Nacht zum 5. Februar 2008 in Liezen an einer Schlägerei tätlich teilgenommen, wobei er eine im Urteil näher bezeichnete schwere Körperverletzung erlitt.
Den diesbezüglichen Feststellungen zufolge hatte zunächst eine „Auseinandersetzung“ zwischen Manuel L***** und Philipp G***** stattgefunden, der daraufhin Robert P***** zu Hilfe rief. Als dieser die Kontrahenten auseinander halten wollte, versetzte ihm Manuel L***** einen massiven Faustschlag ins Gesicht, der einen Nasenbeinbruch bewirkte (US 9).
Daraufhin kam es zu einer im Urteil so bezeichneten „Rauferei“ zwischen Stefan S*****, Manuel L*****, Philipp G*****, Christopher M***** und dem im Urteil nicht namentlich genannten Bruder des Manuel L*****. Im Zug dieser Tätlichkeiten versetzte Stefan S***** Manuel L***** einen massiven Faustschlag in das Gesicht, der ihn auf im Urteil näher beschriebene Weise schwer verletzte. Den Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass noch andere Personen verletzt wurden (US 9 f).
Rechtliche Beurteilung
Das Urteil steht in Ansehung des Schuldspruchs des Angeklagten Manuel L***** nach § 91 Abs 1 StGB (III), wie die Generalprokuratur in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes insoweit zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang, weil es beim konstatierten Sachverhalt an der objektiven Bedingung der Strafbarkeit fehlt, dass die Schlägerei eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) eines anderen, somit einer vom Täter verschiedenen Person, verursacht hat (Jerabek in WK² § 91 Rz 9).
Allerdings enthält § 91 Abs 1 StGB entgegen der Auffassung der Generalprokuratur nur eine einzige strafbare Handlung. Soweit nämlich § 91 Abs 1 und 2 StGB jeweils erhöhte Strafdrohungen vorsehen, ändert dies an der Schuldfrage (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO), mithin am Strafsatz für die tätliche Teilnahme an einer Schlägerei (Abs 1: Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen) und an einem Angriff mehrerer (Abs 2: Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen), also der Subsumtion (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) dem Abs 1 oder 2 des § 91 StGB subsumierbarer Taten nichts (Jerabek in WK2 § 91 Rz 2, 23). Wird durch eine Schlägerei oder einen Angriff mehrerer eine schwere Körperverletzung oder der Tod eines anderen verursacht, führt dies bloß zu erhöhten Strafrahmen, also erweiterter Strafbefugnis im Sinn von § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO (vgl 13 Os 44/09h, EvBl 2009/144, 965; EBRV Terrorismuspräventionsgesetz 2010, 674 BlgNR 24. GP, 4 f; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 25, 651, 666; Plöchl in WK2 § 287 Rz 40). Die von Lewisch BT I2 76 aufgezeigte verfassungsrechtliche Problematik an bloß objektive Bedingungen geknüpfter erhöhter Strafbarkeit wird durch eine solche Betrachtungsweise vermieden.
Das Urteil war daher in Ansehung des rechtsfehlerhaften Schuldspruchs des Angeklagten Manuel L***** und des ihn betreffenden Strafausspruchs aufzuheben.
Bei der dadurch erforderlichen Neubemessung der Strafe für das diesem Angeklagten weiterhin zur Last liegende Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB laut Schuldspruch I war kein Umstand als erschwerend, jedoch als mildernd zu werten, dass Manuel L***** bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht, weiters sein reumütiges Geständnis, sein Alter unter 21 Jahren und gemäß § 35 StGB auch sein Rauschzustand zur Tatzeit.
Die bedingte Nachsicht der Strafe folgte schon aus dem Verschlechterungsverbot (§ 290 Abs 2 StPO).
Der Beginn der Probezeit bleibt, wenn es wie hier aufgrund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zu Urteilsaufhebung und Neubemessung der Strafe kommt, unverändert (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 55).
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