OGH 12Os65/10s

OGH12Os65/10s10.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juni 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gotsmy als Schriftführer in der Strafsache gegen Markus P*****, wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 21. Dezember 2009, GZ 28 Hv 81/09k-43, sowie über die Beschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus P***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (A./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er in Linz vorschriftswidrig Suchtgift

A./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge anderen gewerbsmäßig überlassen, wobei er schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt wurde, indem er

1./ in der Zeit von September 2007 bis Ende Februar 2009 in zahlreichen Teilübergaben insgesamt zumindest 3.800 Gramm Haschisch gewinnbringend an Mario G***** verkaufte;

2./ in der Zeit von Anfang 2008 bis Sommer 2008 ca 28 Gramm Kokain (7 Monate je 4 Gramm) gewinnbringend an Andreas W***** verkaufte;

B./ erworben und besessen, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging, indem er zumindest seit Mitte Jänner 2009 in regelmäßigen Abständen eine insgesamt unbekannte, über die zu Punkt A./ angeführte Menge hinausgehende Cannabismenge erwarb und bis zum Eigenkonsum bzw am 19. März 2009 1,4 Gramm Haschisch bis zur Sicherstellung durch die Polizei besaß.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil (inhaltlich nur gegen den Schuldspruch A./) richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welcher keine Berechtigung zukommt.

Die Mängelrüge (Z 5) kritisiert die tatrichterlichen Feststellungen zur Häufigkeit der zu Punkt A./1./ inkriminierten Suchtmittelübergaben (US 4 und US 9), zeigt aber keinen Begründungsmangel durch fehlende Rücksichtnahme auf ein bestimmtes, in der Hauptverhandlung vorgekommenes Verfahrensergebnis auf, sondern unternimmt den Versuch, aus den Beweisergebnissen eigene, für den Rechtsmittelwerber in Bezug auf die tatverfangenen Mengen günstigere Schlüsse abzuleiten. Solcherart bekämpft die Beschwerde lediglich die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz nach Art einer in kollegialrichterlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Die Subsumtionsrüge (nominell Z 9 lit a, inhaltlich Z 10; vgl 12 Os 128/09d) rügt, dass die Tatrichter die - für die Annahme der Privilegierung nach § 28a Abs 3 zweiter Fall SMG iVm § 27 Abs 5 SMG entscheidende - Frage, ob der Nichtigkeitswerber an ein Suchtgift gewöhnt war und die ihm zu A./ angelasteten Taten vorwiegend deshalb beging, um sich für den persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, unbeantwortet ließen. Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich allerdings darin, im abgeführten Beweisverfahren hervorgekommene Anhaltpunkte für eine (auf den Zeitraum von Jänner bis März 2009 beschränkte; vgl Schuldspruch B./ und US 9) Gewöhnung des Angeklagten an Cannabis aufzuzeigen. Bei seinen Suchtmittelverkäufen kam es dem Beschwerdeführer darauf an, sich durch die wiederkehrende Weitergabe von Suchtgift ein fortlaufendes (Zusatz-)Einkommen zu verschaffen (US 3 und US 5). In der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Beweisergebnisse dahingehend, dass die von Markus P***** erzielten Gewinne im Jahr 2009 vorwiegend (also mit mehr als der Hälfte des erzielten Verdienstes; vgl 15 Os 75/08f) in die Suchtmittelbeschaffung geflossen sind, bringt die Rüge nicht zur Darstellung; derartige - von Amts wegen zu berücksichtigende - Anhaltspunkte sind den Ergebnissen des abgeführten Beweisverfahrens nicht zu entnehmen. Da sich ein Vorbringen zu einem Feststellungsmangel auf alle Voraussetzungen der geltend gemachten Privilegierung - hier sowohl auf die Suchtgiftgewöhnung als auch auf die vorwiegende Verwendung des Gewinns zur neuerlichen Drogenbeschaffung - beziehen muss (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602; RIS-Justiz RS0122332), verfehlt die Beschwerde ihre Ausrichtung an den gesetzlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund.

Die Sanktionsrüge (Z 11) behauptet einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot, weil alle Vorstrafen - unter anderem auch jene Verurteilung durch das Landesgericht Linz zu AZ 24 Hv 79/05f wegen § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG aF, welche als Voraussetzung für die zu Schuldspruch A./ angenommene Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG herangezogen worden war - als erschwerend erachtet wurden. Das Erstgericht wertete diese Vorverurteilung indes zu Recht als erschwerend iSd § 33 Z 2 StGB, weil der Angeklagte dort - vom Rechtsmittelwerber außer Acht gelassen - überdies wegen § 27 Abs 1 SMG aF schuldig erkannt worden war. Insoweit erweist sich der nunmehr erfolgte Schuldspruch B./ als einschlägig.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte