Spruch:
Angelika L***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Angela L***** liegen nach der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien vom 30. März 2010 zu I./ das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 148 zweiter Fall, 15 StGB, zu II./ das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB, zu III./ das Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB, zu IV./ die Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und zu V./ die Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB zur Last.
Danach habe sie in Wien
I./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte der U***** B***** A***** AG und der B***** P***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über die Konten Nr 0***** (U***** B***** A***** AG) und Nr 1***** (B*****) des Hermann R***** verfügungsbefugt zu sein, unter Verwendung gefälschter Überweisungsscheine, sohin falscher Urkunden, zur Überweisung der nachgenannten Geldbeträge auf ihr Konto Nr 2***** bei der E***** B***** AG wodurch die U***** B***** A***** AG und die B***** am Vermögen geschädigt worden seien (Pkt I./1./) bzw werden sollten (Pkt I./2./),
1./ verleitet, und zwar
a) am 9. Dezember 2008 in Höhe von 3.350 Euro;
b) am 19. Dezember 2008 in Höhe von 2.650 Euro;
2./ zu verleiten versucht (§ 15 StGB), und zwar
a) am 3. Dezember 2008 in Höhe von 5.500 Euro;
b) am 5. Dezember 2008 in Höhe von 15.000 Euro;
II./ Herman R***** zwischen 23. Februar 2008 und 15. Dezember 2009 zumindest ein Mobiltelefon und ein Trinkglas in nicht mehr feststellbarem Wert durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie sich mit einem zwischen 22. und 23. Februar 2008 widerrechtlich erlangten Schlüssel Zutritt zur Wohnung des Hermann R***** verschafft habe;
III./ vor dem 26. Juni 2009 eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz hergestellt, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde, und zwar ein Schreiben des David W***** vom 10. November 2008, worin dieser vermeintlich bestätigte, dass die unter Pkt I./1./ und 2./ angeführten Überweisungen über sein Ersuchen von Hermann R***** durchgeführt worden seien;
IV./ zwischen 23. Februar 2008 und 25. Dezember 2009 Urkunden, über die sie nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar eine Sozialversicherungskarte, einen Staatsbürgerschaftsnachweis, einen Meldezettel, eine Geburtsurkunde und einen Taufschein jeweils lautend auf Hermann R*****, einen Zulassungsschein und einen Typenschein zu dem PKW der Marke VW Passat behördliches Kennzeichen *****, sowie zwei nicht mehr näher feststellbare Sparbücher des Hermann R*****;
V./ zwischen 23. Februar 2008 und 15. Dezember 2009 unbare Zahlungsmittel, über die sie nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt, und zwar zwei Bankomatkarten lautend auf Hermann R*****.
Mit Beschluss vom 27. Jänner 2010 (ON 35) wurde über Angela L***** die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit b StPO verhängt. Einer dagegen von der Genannten erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 19. Februar 2010, AZ 17 Bs 37/10f, nicht Folge gegeben und es wurde die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit b und c StPO fortgesetzt (ON 48). Grundrechtsbeschwerde wurde dagegen nicht erhoben.
Am 15. März 2010 beantragte die Beschwerdeführerin ihre Enthaftung. Nach am 26. März 2010 durchgeführter Haftverhandlung verfügte der Erstrichter die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den zuletzt angenommenen Haftgründen (ON 60). Einer Beschwerde L*****s gab das Oberlandesgericht Wien mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss (ON 62) keine Folge.
Rechtliche Beurteilung
Die Grundrechtsbeschwerde der Angeklagten kritisiert lediglich, dass vor der Verhängung der Untersuchungshaft keine Vernehmung iSd § 174 Abs 1 StPO stattgefunden habe und sie „bis heute“ nicht als Beschuldigte iSd § 164 StPO vernommen worden sei.
Soweit die Grundrechtsbeschwerde das Fehlen einer der Voraussetzungen für die Verhängung der Untersuchungshaft behauptet, scheitert sie an der Nichterschöpfung des Instanzenzugs, wäre es doch Sache der Beschwerdeführerin gewesen, den behaupteten Mangel bereits mit Grundrechtsbeschwerde gegen den die U-Haftverhängung betreffenden Beschluss des Oberlandesgerichts vom 19. Februar 2010, AZ 17 Bs 37/10f, geltend zu machen.
Im Übrigen wurde die Beschwerdeführerin von der Journalrichterin zu den Haftgründen vernommen, während sie von der ihr gebotenen Gelegenheit, auch zu den wider sie erhobenen Vorwürfen Stellung zu beziehen, aus freien Stücken nicht Gebrauch gemacht hat (ON 34). Der Richter ist aber nicht verpflichtet, mit einer Vernehmung gemäß § 174 Abs 1 erster Satz StPO bis zur Stelligmachung eines Verteidigers zuzuwarten (15 Os 23/09k; Kirchbacher/Rami, WK-StPO § 174 Rz 3).
Soweit die Grundrechtsbeschwerde kritisiert, dass die Angeklagte bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung nicht vernommen worden sei, vernachlässigt sie, dass die Beschwerdeführerin mit Eingaben ihres Verteidigers am 26. Juni 2009 (ON 18), 21. Juli 2009 (ON 24) wiederholt zu den gegen sie vorliegenden Vorwürfen schriftlich Stellung bezogen, bei Vernehmungsversuchen durch die Polizei am 24. Jänner 2010 und (in Anwesenheit ihres Verteidigers) am 25. Jänner 2010 (ON 32) wie auch vor der Journalrichterin (ON 34) jedoch erklärt hat, nicht zur Sache aussagen zu wollen, und auch bei der am 26. März 2010 durchgeführten Haftverhandlung von der Möglichkeit einer inhaltlichen Stellungnahme (§ 177 Abs 4 StPO) nicht Gebrauch gemacht hat (ON 56). Einen Antrag auf Vernehmung ihrer Person hat sie im bisherigen Verfahren nicht gestellt. Warum auch unter diesen Prämissen eine Verletzung des Grundsatzes des beiderseitigen Gehörs - die nur dann vorliegt, wenn ein Beschuldigter gegen seinen Willen nicht gehört wird, er also vernommen werden will, das Gericht seine Anhörung aber verweigert (RIS-Justiz RS0108342) - gegeben sein soll, legt die Beschwerde nicht dar.
Soweit die Grundrechtsbeschwerde auch die Unterlassung einer Vernehmung nach dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung kritisiert („bis heute“), verkennt sie die gesetzliche Anfechtungsgrundlage.
Angela L***** wurde somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch abzuweisen war (§ 8 GRBG).
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