OGH 7Nc6/10g

OGH7Nc6/10g21.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache H***** S*****, geboren am *****, AZ 2 P 302/09h des Bezirksgerichts Perg, über die Anzeige eines negativen Kompetenzkonflikts zwischen dem Bezirksgericht Perg und dem Bezirksgericht Graz-Ost den

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Spruch:

Für diese Rechtssache ist das Bezirksgericht Graz-Ost zuständig. Der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 4. Dezember 2009, GZ 232 P 209/09h-31, wird aufgehoben.

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

Beim Bezirksgericht Klosterneuburg wurde ein Sachwalterschaftsverfahren hinsichtlich H***** S***** im Hinblick auf sein Verhalten in mehreren anhängigen gerichtlichen Verfahren angeregt. Das Bezirksgericht Klosterneuburg erklärte sich mit Beschluss vom 13. 2. 2009 für die Einleitung des Verfahrens örtlich unzuständig und überwies die Rechtssache gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Perg (ON 2). Dieses erklärte sich mit Beschluss vom 23. 4. 2009 für die Einleitung des Verfahrens für örtlich unzuständig (ON 12). Mit Beschluss vom 22. 5. 2009 erklärte sich das Bezirksgericht Perg neuerlich für das Verfahren örtlich unzuständig und überwies es an das Bezirksgericht Graz-Ost (ON 14). Diese Beschlüsse erwuchsen in Rechtskraft.

Das Bezirksgericht Graz-Ost sprach mit Beschluss vom 23. 5. 2009 aus, die Rechtssache in seine Zuständigkeit gemäß § 111 JN zu übernehmen. Aufgrund von Erhebungen kam es in der Folge zu der Ansicht, dass sich der Betroffene nicht in seinem Sprengel, sondern doch in jenem des Bezirksgerichts Perg aufhalte. Es sprach mit Beschluss vom 4. 12. 2009 aus, dass es örtlich unzuständig sei und es die Rechtssache an das „nicht offenbar unzuständige“ Bezirksgericht Perg (zurück-)überweise. Auch dieser Beschluss ist zwischenzeitig zugestellt und in Rechtskraft erwachsen.

Nunmehr legt das Bezirksgericht Perg neuerlich die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 47 JN vor.

Gemäß § 47 Abs 1 JN sind Streitigkeiten zwischen verschiedenen Gerichten erster Instanz über die Zuständigkeit für eine bestimmte Rechtssache von dem diesen Gerichten zunächst übergeordneten gemeinsamen höheren Gericht zu entscheiden. Haben beide Gerichte ihre Zuständigkeit rechtskräftig verneint (RIS-Justiz RS0046354), ohne dass die Zuständigkeit eines weiteren Gerichts in Betracht käme (negativer Kompetenzkonflikt), bestimmt das zunächst übergeordnete gemeinsame höhere Gericht das für die Rechtssache zuständige Gericht und hebt gleichzeitig den Unzuständigkeitsbeschluss dieses Gerichts auf (6 Nc 7/09w uvm). Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Entscheidung nach § 47 Abs 1 JN auf eine allfällige Bindungswirkung des ersten Beschlusses, auch wenn dieser vielleicht unrichtig war, Bedacht zu nehmen, haben doch die Vorschriften über die Bindung an rechtskräftige Entscheidungen über die Zuständigkeit und Überweisungsbeschlüsse den Zweck, Kompetenzkonflikte nach Möglichkeit von vornherein auszuschließen. Dabei nimmt der Gesetzgeber in Kauf, dass allenfalls auch ein an sich unzuständiges Gericht durch eine unrichtige Entscheidung gebunden wird (RIS-Justiz RS0046391).

Das Bezirksgericht Graz-Ost negierte zu Unrecht die Bindungswirkung des Überweisungsbeschlusses des Bezirksgerichts Perg, weshalb sein Beschluss aufzuheben und ihm die Führung des Sachwalterschaftsverfahrens aufzutragen war. Darauf, dass der Beschluss des Bezirksgerichts Perg den nunmehrigen Angaben des Betroffenen über seinen Wohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichts Graz-Ost, an dem ihm auch zugestellt werden konnte, entspricht, kommt es - wie oben dargelegt - nicht an.

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