OGH 14Os30/10h

OGH14Os30/10h13.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. April 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klein als Schriftführerin in der Strafsache gegen Algirdas S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Tadas J***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 24. November 2009, GZ 39 Hv 117/09s-96, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Tadas J***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

G r ü n d e :

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Tadas J***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 30. März 2009 in Linz im einverständlichen Zusammenwirken mit zwei unter einem rechtskräftig verurteilten Mittätern anderen gewerbsmäßig rund 1.400 Euro, 5.250 USD, 2 Goldmünzen im Wert von etwa 1.300 Euro und 2 Armbanduhren durch gewaltsames Öffnen von einem Dachfenster und ca 200 Bankschließfächern mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Tadas J***** geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung (ON 90 S 13) des Antrags auf „Ausforschung der Beamten vom LKA Oberösterreich, welche tatsächlich das Fahrzeug observiert haben, zum Beweis dafür, dass lediglich zwei Personen aus dem Fahrzeug ausgestiegen sind, der Drittangeklagte im Auto verblieb und eine weitere Person, welche mit einem gesonderten Pkw gekommen war, mit den beiden ausgestiegenen Personen zusammen in Richtung O***** ging“ (ON 90 S 11 f), Verteidigungsrechte nicht verletzt. Der Beweisantrag ließ nämlich nicht erkennen, aus welchem Grund Polizeibeamte, die an der Observation der Täter teilgenommen haben, vom diesbezüglichen, im Rahmen der Hauptverhandlung prozessförmig vorgekommenen (ON 90 S 13) und in der angefochtenen Entscheidung aktenkonform referierten (US 15 f) Bericht (ON 5 S 17 f in ON 10) abweichende Aussagen treffen sollten, und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Die Mängelrüge (Z 5) wird unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht prozessordnungskonform ausgeführt, weil sie den Einwand fehlender Erörterung der Aussagen der Mitangeklagten nicht durch deutlichen Hinweis auf konkrete Aktenstellen darlegt. Die gesetzliche Anordnung, die Nichtigkeitsgründe bestimmt zu bezeichnen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO), schließt nämlich in den Fällen, in denen die eingewendete Nichtigkeit nach dem Gesetz aus den Akten zu entwickeln ist, als logisch ersten Schritt bestimmter Bezeichnung die Notwendigkeit ein, die diesbezüglichen Fundstellen zu nennen. Der Oberste Gerichtshof hat dies zunächst in Bezug auf die Verfahrensrügen (§ 281 Abs 1 Z 2, 3, 4 StPO) ausdrücklich festgehalten und dabei fallbezogen hervorgehoben, dass es bei besonders umfangreichen Aktenmaterial der genauen Angabe der Aktenstelle bedarf (RIS-Justiz RS0124172). In einer Folgeentscheidung hat er diese Aussage dahin präzisiert, dass in solchen Fällen der exakte Aktenbezug unerlässlich ist (13 Os 67/09s). Damit wird klargestellt, dass bei geringen Aktenumfängen die Bezeichnung der Fundstelle keinesfalls entbehrlich ist, sondern nur die Anforderungen hinsichtlich der Genauigkeit des unmittelbaren Hinweises niedriger sein können. So wird etwa bei Aktenstücken, die nur eine einzige Seite umfassen, das Nennen der Ordnungsnummer oder (soweit nicht für mehrere Aktenstücke gleich) des in der Aktenübersicht aufscheinenden Datums hinreichen, weil sich schon daraus die genaue Fundstelle ergibt. Zusammengefasst muss also stets - unabhängig vom Umfang der Akten - die Aktenseite, auf der die argumentative Basis der Nichtigkeitsbeschwerde zu finden ist (wenn auch - in besonderen Ausnahmefällen wie dem beispielsweise beschriebenen - nur konkludent, so doch) exakt bezeichnet werden (in diesem Sinn schon 13 Os 183/08y zu § 281 Abs 1 Z 5a StPO).

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass das Erstgericht die entlastenden Angaben der Mitangeklagten sehr wohl erörterte (US 17), aber in den Gesetzen logischen Denkens sowie grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechender Beweiswürdigung - und solcherart auch aus dem Blickwinkel zureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) mängelfrei - darlegte, aus welchen Gründen es diesen Depositionen nicht folgte (US 15 bis 18).

Der Vorwurf fehlender Begründung der Feststellungen zur gewerbsmäßigen Tatbegehung entfernt sich von der Aktenlage (US 18 f).

Soweit die Beschwerde schließlich anhand eigener Beweiswerterwägungen aus den Aussagen der Mitangeklagten sowie den Angaben des Beschwerdeführers über eine angebliche Beeinträchtigung durch Marihuanakonsum für diesen günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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