Spruch:
Der Akt wird dem Bezirksgericht Telfs zurückgestellt.
Text
Begründung
Die damals bereits Volljährige und im Sprengel des Bezirksgerichts Telfs wohnhafte Antragstellerin beantragte am 18. 3. 2008, ihren Vater zu Unterhaltsleistungen zu verpflichten. Das Verfahren wird seither beim Bezirksgericht Telfs geführt. Mit Schriftsatz vom 29. 9. 2009 beantragte die Antragstellerin, die Familienrechtssache an das „offenbar nicht unzuständige“ Bezirksgericht Wels zu überweisen. Sie habe ihren ordentlichen Wohnsitz am 18. 8. 2009 nach Marchtrenk verlegt.
Mit Beschluss vom 26. 11. 2009 sprach das Bezirksgericht Telfs aus, dass die Zuständigkeit zur Besorgung der „Pflegschaftssache“ dem Bezirksgericht Wels übertragen werde. Die Übertragung werde mit der Übernahme der übertragenden Geschäfte durch das Bezirksgericht Wels wirksam. Da sich das volljährige Kind ständig in Marchtrenk aufhalte, sei es zweckmäßiger, wenn das Bezirksgericht Wels die „Pflegschaftssache“ führe.
Das Bezirksgericht Telfs übermittelte den Akt dem Bezirksgericht Wels „gemäß § 111 JN“ mit dem Ersuchen, den Übertragungsbeschluss gemeinsam mit dem Übernahmsbeschluss an die Parteien zuzustellen.
Das Bezirksgericht Wels lehnte die Übernahme der Zuständigkeit formlos ab und verfügte am 1. 12. 2009 die Rückleitung des Aktes an das Bezirksgericht Telfs. Aus dem Akt ist nicht ersichtlich, dass der Übertragungsbeschluss des Bezirksgerichts Telfs den Parteien zugestellt worden wäre.
Das Bezirksgericht Telfs legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Aktenvorlage ist verfehlt.
Im vorliegenden Fall geht es um den Unterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes, über den im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist. § 111 JN ist auf Unterhaltsverfahren volljähriger Kinder weder unmittelbar noch im Wege der Analogie anwendbar. Die Antragstellerin steht nicht mehr unter dem besonderen pflegschaftsbehördlichen Schutz, den das Gesetz Minderjährigen zukommen lässt (RIS-Justiz RS0123194).
Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Sprengel das volljährige Kind seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (§ 114 Abs 2 JN). Es gilt der Grundsatz der perpetuatio fori (§ 29 JN). Eine Übertragung der Zuständigkeit käme hier auch nach § 44 JN nicht in Betracht, weil das angerufene Gericht zum Zeitpunkt der Antragstellung zuständig war; nachträgliche Tatbestandsänderungen sind unbeachtlich (3 Nc 1/08i; 2 Nc 1/08g).
Ungeachtet dessen, dass hier weder die Anwendbarkeit des § 111 JN noch des § 44 JN gegeben war, wäre das Adressatgericht an einen rechtskräftigen Beschluss des überweisenden Gerichts gebunden. Nach der Aktenlage wurde der Übertragungsbeschluss des Bezirksgerichts Telfs den Parteien aber ohnedies noch nicht zugestellt. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Kompetenzkonflikt iSd § 47 JN nicht vor. Die Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs wäre erst dann gegeben, wenn beide konkurrierenden Gerichte ihre Zuständigkeit rechtskräftig abgelehnt hätten (RIS-Justiz RS0046374).
Der Akt wird daher dem Bezirksgericht Telfs zurückgestellt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)