Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard L***** - soweit im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - jeweils mehrerer Vergehen der Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1 und 15 StGB (I) sowie der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er in der ersten Hälfte des Jahres 2006 in Wies Irmgard La*****
(I) vorsätzlich am Körper verletzt, indem er
1) eine Bratpfanne gegen ihren Kopf schlug, wodurch sie eine Schwellung erlitt,
2) ihren Kopf gegen einen Kasten stieß, wobei es mangels Verletzungsfolge beim Versuch blieb, und
3) sie zu Boden stieß und ihr sodann Fußtritte gegen die Brust und den Bauch versetzte, was Hämatome zur Folge hatte, weiters
(II) zu Unterlassungen genötigt, nämlich durch die Äußerungen,
1) „Wenn du gehst, bringe ich die Kinder und dich um“, zur Abstandnahme vom Vorhaben, ihn mit den gemeinsamen Kindern zu verlassen, und
2) „Wennst die Goschn aufmachst, bringe ich dich um“, zum Stillschweigen über die von ihm ihr gegenüber gesetzten Gewalttaten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 1, 4, 5, 5a, (richtig:) 9 lit a und (richtig:) 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Die Besetzungsrüge (Z 1) entzieht sich einer meritorischen Erledigung, weil nach dem nicht bekämpften Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 20, 25) zwar die Staatsanwaltschaft, nicht jedoch der Beschwerdeführer den vermeintlich Nichtigkeit begründenden Umstand, dass das erkennende Gericht aus einer Richterin und zwei Schöffen zusammengesetzt gewesen ist, gerügt hat (vgl ON 20 S 2 f).
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass der letzte Satz des § 32 Abs 1 StPO mit BGBl I 2009/52 dahin geändert worden ist, dass das Landesgericht als Schöffengericht aus einem Richter und zwei Schöffen besteht, womit das Erstgericht im - nach dem Inkrafttreten der genannten Bestimmung gelegenen - Zeitpunkt der Entscheidung (27. August 2009) sehr wohl gehörig besetzt gewesen ist (Jerabek, WK-StPO § 514 Rz 9). Die - in der Hauptverhandlung angesprochene - gegenteilige, im Erlass des BMJ vom 17. Juni 2009 über die Änderungen des StGB, der StPO, des JGG, des StAG und des StVG durch das Budgetbegleitgesetz 2009, JMZ 894000L/4/II3/09, JABl 2009/15, geäußerte Rechtsansicht, wonach für die Änderung der Senatszusammensetzung bei den Landesgerichten als Schöffengerichten „vom Grundsatz der perpetuatio fori auszugehen“ und demnach das Strafverfahren in der Besetzung zu führen sei, die im Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der Anklage gesetzlich vorgesehen gewesen ist, vermengt Gerichtsbesetzung mit Gerichtszuständigkeit (13 Os 132/09z; eingehend Ratz, WK-StPO § 281 Rz 111 bis 115).
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung mehrerer Beweisanträge (ON 20 S 24) Verteidigungsrechte nicht verletzt:
Die Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung von Dr. Michael B*****, Gerhard M***** und Walter G***** zum Nachweis dafür, „dass der gemeinsame Wohnsitz auf ausdrücklichen Wunsch der Anzeigerin von Wies nach Graz, *****, verlegt worden ist, die Übersiedelung und Hauseinrichtung unter ausdrücklicher Anweisung der Anzeigerin erfolgt ist, keinerlei Zwang oder Drohung des Angeklagten damals erkennbar gewesen ist, vielmehr eine harmonische Beziehung gegeben war“ (ON 20 S 21), sowie auf Beischaffung der Akten über das zwischen dem Beschwerdeführer und Irmgard La***** geführte Scheidungsverfahren zum Beweis dafür, „dass die Anzeigerin gerade in einem Scheidungsverfahren, in dem es primär auf Tätlichkeiten, sexuelle Übergriffe und Missbrauch ankommt, keinerlei Prozessbehauptungen erhoben hat, die ein Indiz für diese Vorfälle geben“, und über ein beim Bezirksgericht Deutschlandsberg anhängiges Pflegschaftsverfahren zum Nachweis dafür, „dass die Anzeigeerstattung am 12. 9. 2008 in unmittelbarem und untrennbarem chronologischen Zusammenhang damit steht, dass damals dem Unterhaltsantrag auf Erhöhung des Kindesunterhaltes nicht stattgegeben wurde“ (ON 20 S 23), bezogen sich nämlich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände.
Hinsichtlich der als Zeugen geführten Personen kommt hinzu, dass der diesbezügliche Antrag nicht erkennen ließ, warum die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung zielte (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).
Das die Beweisanträge ergänzende Vorbringen hat aufgrund des im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren bestehenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen.
Der Mängelrüge (Z 5) zuwider sind Unklarheiten über die Zeit der Tat - soweit diese nicht ganz ausnahmsweise, wie zum Beispiel im hier nicht vorliegenden Fall eines Dauerdelikts, eine entscheidende Tatsache darstellen - nur insoweit (aus Z 3) beachtlich, als die Individualisierung der Tat davon betroffen ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 290), was aktuell nicht behauptet wird.
Die Beschwerde hält zwar zutreffend fest, dass die als Zeugin vernommene Psychologin Mag. Carola S***** nach der Aktenlage keine dezidierten Aussagen über allfällige Verletzungen der Irmgard La***** traf. Sie übergeht aber die Gesamtheit der - im Übrigen vom Beschwerdeführer bestätigten (ON 25 S 17) - Depositionen jener Zeugin, wonach Irmgard La***** ihr im Zuge eines Beratungsgesprächs anvertraut habe, vom Beschwerdeführer geschlagen und getreten worden zu sein und vor ihm Angst zu haben (ON 25 S 16 f), womit die Aussage insgesamt den tatrichterlichen Konstatierungen keineswegs erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) entgegensteht.
Mit den spekulativen Überlegungen dazu, ob gegenüber einer Psychologin nicht besonders detaillierte Ausführungen zu erwarten wären, wendet sich die Beschwerde nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Der Beschwerdeansatz, „die Angaben, wonach die Zeugin Irmgard La***** eine Anzeige im August 2006 für ausreichend erachtet habe (Einvernahme 18. 11. 2008, AS 11)“, ist unverständlich.
Die Tatsachenrüge (Z 5a), die anhand eigener Beweiswerterwägungen zu einzelnen - im Übrigen prozessordnungswidrig nicht durch den Hinweis auf konkrete Aktenstellen bezeichneten (13 Os 183/08y) - Verfahrensergebnissen zur zeitlichen Relation zwischen den Tathandlungen und der Anzeigeerstattung für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, erschöpft sich solcherart zur Gänze in einem unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung des Erstgerichts.
Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a, nominell verfehlt auch Z 5), die zum Schuldspruch I/1 festgestellte, als „Beule“ bezeichnete Schwellung am Kopf der Irmgard La***** (US 4) stelle keine Verletzung im Sinn des § 83 Abs 1 StGB dar, entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung, weil sie die behauptete rechtliche Konsequenz nicht aus dem Gesetz ableitet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass Schwellungen nach ständiger Judikatur und herrschender Lehre (RIS-Justiz RS0092574; Burgstaller/Fabrizy in WK² § 83 Rz 6) sehr wohl dem angesprochenen Tatbestandselement zu subsumieren sind.
Die Ausführungen zum Verhalten der Irmgard La***** nach den Taten und zu allfälligen Wahrnehmungen des Erich La***** lassen jeden Bezug zu den Anfechtungskriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes vermissen.
Aus welchem Grund die angebliche Zurücklegung einer Anzeige der Irmgard La***** durch die Staatsanwaltschaft (§ 90 Abs 1 StPO aF) die Verjährung der Strafbarkeit (§ 57 StPO) der gegenständlichen Taten bewirken soll, lässt die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) nicht erkennen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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