OGH 1Ob233/09k

OGH1Ob233/09k29.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine H*****, vertreten durch Mag.Katharina Jürgens-Schak, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Verein S*****, vertreten durch Mag. Wilhelm Huck, Rechtsanwalt in Wien, wegen 8.679,84 EUR sA und Räumung (Streitwert 15.098,16 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 27. August 2009, GZ 38 R 282/08i-29, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 29. August 2008, GZ 47 C 212/07m-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Eigentümerin des Hauses M*****gasse 40, in dem sich zahlreiche Bestandobjekte befinden. Eines davon wurde mit Mietvertrag vom 3. 3. 2003 an den Beklagten vermietet. Dabei wurde unter anderem ein (wertgesicherter) Hauptmietzins von 900 EUR monatlich vereinbart und der Anteil des Mietobjekts an den Betriebskosten des Hauses mit 12,97 % festgelegt. In Punkt 6. eines Anhangs zum Mietvertrag findet sich folgende Bestimmung, die nach vorangegangenen Gesprächen zwischen der Vertreterin des Beklagten und der Hausverwalterin von Letzterer formuliert wurde:

„Der Mieter begehrt USt-Befreiung gegen entsprechenden Nachweis und nimmt zur Kenntnis, dass die tatsächlich auf das Mietobjekt entfallenden Vorsteuerbeträge in Höhe von dzt 12,97 % (Höhe des BK-Anteils) gesondert zur Vorschreibung gelangen und verpflichtet sich, diese umgehend nach Vorschreibung zu bezahlen."

Die Hausverwaltung schrieb dem Beklagten in den (hier streitgegenständlichen) Jahren 2004 bis 2007 den Hauptmietzins und die Betriebskosten ohne Umsatzsteuer vor, verlangte jedoch in der Folge unter Hinweis auf die dargelegte Vertragsbestimmung darüber hinaus unter dem Titel „Vorsteuerverkürzung" erhebliche Beträge. Nachdem eine Aufschlüsselung erfolgt war, bezahlte der Beklagte die auf die Betriebskosten entfallenden, von der Klägerin geforderten „Vorsteuerbeträge", nicht aber die darüber hinausgehenden.

Die Klägerin begehrte zuletzt die Zahlung von 8.679,84 EUR samt Zinsen sowie die Räumung des Bestandobjekts wegen qualifizierten Zahlungsverzugs. Es sei vereinbart worden, dass der Beklagte keine Umsatzsteuer zu bezahlen habe. Statt dessen habe er sich aber verpflichtet, die anteilig auf sein Bestandobjekt entfallenden Vorsteuerbeträge (für Betriebskosten und Erhaltungsarbeiten) im Haus der Klägerin zu vergüten, weil diese insoweit umsatzsteuerrechtlich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Die auf die Vergütung der „Vorsteuerverkürzung" gerichtete Vereinbarung sei auch deshalb unbedenklich, weil die Gesamtbelastung des Beklagten nicht höher sei, als sie es bei Vorschreibung eines Mietzinses zuzüglich 20 % USt wäre.

Der Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, Undeutlichkeiten in der von einer Vertreterin der Klägerin formulierten Vertragsklausel gingen zu deren Lasten. Nach der Vereinbarung der Parteien sollte der Anteil von 12,97 % an Vorsteuer lediglich aus den Betriebskosten, nicht aber auch aus den Kosten für Erhaltungsarbeiten im Haus bezahlt werden; die Überwälzung von Erhaltungskosten auf die Mieter wäre unzulässig. Die Vereinbarung sei auch nicht ausreichend bestimmt, da für den Mieter nicht erkennbar sei, welche Kosten tatsächlich auf ihn zukämen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es legte seiner Entscheidung unter anderem nachstehende Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:

Die Vertreterinnen des Beklagten waren von Anfang an daran interessiert, die Vereinsausgaben möglichst gering zu halten. Über Anregung ihres Steuerberaters ersuchten sie daher im Zuge der mit der Hausverwalterin geführten Gespräche, den Vertrag so zu gestalten, dass ihnen keine Umsatzsteuer vorgeschrieben würde. Die Hausverwalterin war grundsätzlich dazu bereit, formulierte aber darüber hinaus die eingangs der Entscheidung dargelegte Zusatzklausel. Für sie war klar, dass durch diese Vereinbarung jener Nachteil ausgeglichen werden sollte, der der Vermieterin dadurch entsteht, dass sie von den nicht einzelnen Bestandobjekten zuordenbaren Kosten des Hauses (Betriebs- und Reparaturkosten allgemeiner Teile des Hauses) die anteilig auf das Bestandobjekt entsprechend dem Betriebskostenschlüssel entfallende Vorsteuer beim Finanzamt nicht geltend machen konnte. Dementsprechend sollte die getroffene Zusatzvereinbarung aus Sicht der Hausverwalterin sicherstellen, dass diese „Vorsteuerverkürzungsbeträge" aus Betriebs- und Reparaturkosten allgemeiner Teile des Hauses vom Beklagten bezahlt würden. Dies versuchte sie auch durchaus den Vertreterinnen des Beklagten so zu vermitteln. Diese verstanden die Erklärungen der Hausverwalterin allerdings nicht richtig. Sie waren der Ansicht, dass der Beklagte Steuer nur aus den Betriebskosten zu zahlen hätte. Ihrer Meinung nach lag ihr Vorteil bei dieser Vereinbarung darin, dass statt 20 % nur 12,97 % Steuer zu bezahlen wären.

Die Hausverwaltung der Klägerin errechnete für die Jahre 2004 bis 2006 für das Bestandobjekt des Beklagten anteilige (12,97 %) „Vorsteuerverkürzungsbeträge" aus Betriebskosten und Erhaltungsarbeiten von 266,19 EUR, 2.396,71 EUR bzw 6.073,58 EUR, die sie dem Beklagten mit Schreiben vom 19. 3. 2007 vorschrieb. Für das Jahr 2007 erfolgten die Vorschreibungen teilweise nach dem bisher verrechneten Anteil, teilweise aber mit einem Anteil von 13,347 %. (Die Schlichtungsstelle stellte mit Entscheidung vom 11. 2. 2008 fest, dass der auf das Mietobjekt des Beklagten entfallende Betriebskostenanteil 13,347 % betrage.) Die Vorschreibungen für die vier Quartale des Jahres 2007 beliefen sich auf 617,02 EUR, 237,70 EUR, 148,85 EUR bzw 323,09 EUR. Der Beklagte leistete Zahlungen von 245,97 EUR, 320,22 EUR, 332,80 EUR und 484,30 EUR.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, dass über die Vorsteuerbeträge aus den Betriebskosten hinaus kein übereinstimmender Parteiwille vorgelegen sei, weshalb nur auf den Inhalt der schriftlich abgegebenen Erklärung abgestellt werden könne, deren Wortlaut jedoch nicht eindeutig sei. Es bestünden Bedenken gegen die ausreichende Bestimmtheit der Vereinbarung; die geschuldete Leistung müsse nach § 869 ABGB zumindest „bestimmbar" sein. Die getroffene Vereinbarung erscheine problematisch, weil das Ausmaß der künftig durchzuführenden Erhaltungsarbeiten (und damit der geschuldeten Vorsteuer) für den Schuldner bei Vertragsabschluss gänzlich unkalkulierbar gewesen sei. Selbst bei Bejahung einer ausreichenden Bestimmtheit müsse die Vertragsbestimmung entsprechend der Übung des redlichen Verkehrs wohl so interpretiert werden, dass dadurch nicht Kosten von dem Mieter nicht obliegenden Erhaltungsarbeiten auf den Mieter überwälzt würden. Wolle man die Vereinbarung auch als Überwälzung der anteiligen Vorsteuerverkürzung für sämtliche Erhaltungsarbeiten im Haus verstehen, liefe der Mieter Gefahr, über den Umweg der Bezahlung der Vorsteuerverkürzung aus den Erhaltungsarbeiten insgesamt wesentlich mehr Mietzins zu bezahlen, als nach § 16 MRG höchstens zulässig sei. Redlichen Parteien könne schwerlich unterstellt werden, bewusst eine Vereinbarung schließen zu wollen, die die Umgehung gesetzlicher Bestimmungen ermögliche. Die schriftliche Vereinbarung sei jedenfalls so zu interpretieren, dass die Klägerin zulässigerweise die Vorsteuerverkürzung aus den Betriebskosten, nicht aber aus den (nicht einzelnen Bestandobjekten zuordenbaren) Erhaltungsarbeiten am Haus auf den Beklagten überwälzen dürfe. Auch für das Jahr 2007 sei bei der Berechnung der zulässigen Überwälzung von einem Betriebskostenschlüssel von 12,97 % auszugehen, nachdem die Entscheidung der Schlichtungsstelle erst im Jahr 2008 gefällt worden sei. Der Beklagte habe durch seine Teilzahlungen alle zu Recht bestehenden Forderungen der Klägerin beglichen, mit einer Überzahlung von 106,63 EUR zudem auch mehr als die aufgelaufenen Zinsen. Da der Klägerin nach den Feststellungen ein die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigender Schaden nicht entstanden sei, seien die jeweiligen Rückstände nämlich lediglich mit 4 % zu verzinsen. Das Räumungsbegehren sei schon deshalb nicht berechtigt, weil der Beklagte alle offenen Verbindlichkeiten nachträglich bezahlt und ihn am Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden getroffen habe. Da für den Beklagten zunächst nicht durchschaubar gewesen sei, welcher Anteil der vorgeschriebenen Beträge auf die (geschuldeten) Vorsteuerbeträge aus den Betriebskosten entfiel, erscheine es entschuldbar, zunächst unzureichende Zahlungen vorgenommen zu haben.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Auf die Verfahrens- und Beweisrüge in der Berufung der Klägerin müsse aus rechtlichen Gründen nicht eingegangen werden. Der Klägerin sei zwar zuzugestehen, dass die Auslegung durch das Erstgericht nicht haltbar erscheine; im Ergebnis sei für sie jedoch nichts gewonnen. Gemäß § 15 Abs 2 MRG dürfe der Vermieter von den in § 15 Abs 1 MRG als zulässig angeführten Zinsbestandteilen Umsatzsteuer begehren. § 15 Abs 2 MRG gebe dem Vermieter nur zwei Wahlmöglichkeiten, nämlich die Umsatzsteuer zu überwälzen oder selbst zu tragen. Der Vermieter sei also nur berechtigt, Umsatzsteuer zu begehren, „die vom Mietzins zu entrichten ist". Berücksichtige man zusätzlich, dass nach der zwingenden Bestimmung des § 3 MRG Erhaltungsarbeiten vom Vermieter auf dessen Kosten (vor allem aus Mietzinsreserve, Mietzinseinnahmen) durchzuführen sind, dieser also Erhaltungsarbeiten inklusive Umsatzsteuer jedenfalls vorerst - unabhängig von etwaigen Vorsteuerabzugsmöglichkeiten - zu bezahlen habe, sei die Vereinbarung, dass der Mieter Erhaltungsarbeiten bzw Teile davon zu tragen habe, nichtig und unwirksam. Nach Meinung des Senats könne wegen der zwingenden Bestimmung des § 15 MRG auch eine Übertragung der Vorsteuerverkürzung des Vermieters aus den Betriebskosten nicht wirksam erfolgen, allerdings habe der Beklagte die Vorsteuerverkürzung aus den Betriebskosten nie bestritten und auch bezahlt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass die Revisionswerberin weder die Rechtsansicht der Vorinstanzen bekämpft, der auf das Bestandobjekt des Beklagten entfallende Anteil betrage auch für das Jahr 2007 (nur) 12,97 %, noch die Auffassung in Zweifel zieht, für allfällige Zahlungsrückstände gebühre ein Verzugszinssatz von nur 4 %. Auf diese Fragen ist daher nicht mehr einzugehen.

Darüber hinaus sind der rechtlichen Beurteilung der vorliegenden Vereinbarung - auch zum besseren Verständnis - nachstehende (überwiegend steuerrechtliche) Erwägungen voranzustellen:

Nach § 6 Abs 1 Z 16 UStG unterliegen Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken grundsätzlich einer unechten Umsatzsteuerbefreiung. Dies bedeutet, dass zwar keine Umsatzsteuer ausgewiesen und an das Finanzamt abgeführt werden muss, der Vermieter aber auch das Recht auf Vorsteuerabzug verliert. Der Vermieter kann allerdings gemäß § 6 Abs 2 UStG zur Regelbesteuerung optieren, also die an sich unecht steuerbefreiten Umsätze als steuerpflichtig behandeln lassen (vgl auch 6 Ob 160/01z). Damit ist verbunden, dass er zwar Umsatzsteuer abzuführen hat, gleichzeitig aber auch den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Aufwendungen für die vermietete Liegenschaft in Anspruch nehmen kann (s dazu nur Ruppe, Kommentar3, § 6 UStG Rz 406 ff). Von dieser Optionsmöglichkeit wird er - schon aus Gründen der Übersichtlichkeit und Einheitlichkeit - in der Regel Gebrauch machen, wenn sich unter den Mietobjekten auch Wohnungen befinden, weil die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke von vornherein nicht unter die Steuerbefreiung fällt. Auch wenn der Vermieter an sich für nicht Wohnzwecken dienende Objekte die unechte Steuerbefreiung in Anspruch nehmen könnte, womit sich die Regelbesteuerung auf die Wohnobjekte beschränken würde, kommt es im Vollanwendungsbereich des MRG bei einem „gemischten Haus" regelmäßig zu einer Option zur Regelbesteuerung auch für die nicht zu Wohnzwecken genutzten Objekte, damit eine einheitliche umsatzsteuerrechtliche Behandlung möglich ist (vgl dazu nur Würth in Rummel3 II/5 § 15 MRG Rz 3a). Belässt es der Vermieter hingegen bei der gesetzlich vorgesehenen Besteuerung, beschränkt sich die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs auf den aus jenen Mietobjekten resultierenden Umsatz, der der Umsatzsteuer unterliegt, sodass vom Vermieter bezahlte Umsatzsteuer, die ihm von Dritten für Leistungen für das gesamte Haus verrechnet wurde, nur anteilig als Vorsteuer geltend gemacht werden kann. Soweit hingegen Erträge aus Mietobjekten im Haus nicht der Umsatzbesteuerung unterliegen (hier: im Umfang von 12,97 % für das vom Beklagten gemietete Objekt), hat der Vermieter die ihm verrechnete Umsatzsteuer selbst zu tragen, hat also insoweit (anteilig) keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

Diesem System trägt auch § 15 Abs 2 MRG Rechnung. Begehrt der Vermieter zusätzlich zum Hauptmietzins die gesetzliche Umsatzsteuer (20 %), ist er selbst hinsichtlich sämtlicher Aufwendungen für das Haus vorsteuerabzugsberechtigt und darf daher dem Mieter nur die um die Vorsteuerbeträge „entlasteten" Aufwendungen weiterverrechnen, also die Nettobeträge. Soweit er die Umsatzsteuer nicht begehrt, kann er auch keinen Vorsteuerabzug geltend machen, sodass ihn die Aufwendungen auch mit dem Bruttobetrag belasten würden; soweit er sie allerdings dem Mieter schon nach den Bestimmungen des MRG weiterverrechnen darf (Betriebskosten) und sie von diesem letztlich vollständig zu tragen sind, darf er sie auch in voller Höhe (inklusive USt) - sozusagen als „Durchlaufposten" - überwälzen.

Auch wenn also die Bestimmung des § 15 Abs 2 MRG dazu führte, dass es für den Vermieter im Hinblick auf jene Aufwendungen, die er zulässigerweise dem Mieter weiterverrechnen darf, im Ergebnis egal ist, ob der Hauptmietzins zuzüglich oder aber ohne Umsatzsteuer vereinbart (bzw begehrt) wird - insoweit verbleibt in beiden Fällen keine finanzielle Belastung beim Vermieter -, können sich für den Vermieter aber hinsichtlich sonstiger - an sich auf den Mieter nicht überwälzbarer - Aufwendungen für das Haus Nachteile ergeben, wenn der Hauptmietzins nicht der Umsatzsteuer unterzogen wird und damit auch kein Recht zum Vorsteuerabzug besteht. Dann hat er ja die anteilig auf das betreffende Objekt entfallenden Vorsteuerbeträge endgültig selbst zu tragen.

Dieser Nachteil sollte ersichtlich nach den Vorstellungen der Hausverwalterin durch die hier strittige Vertragsklausel ausgeglichen werden. Sie sollte somit einen Weg darstellen, die Interessen beider Vertragspartner zu berücksichtigen. Der Mieter sollte nicht laufend durch die zum Nettohauptmietzins hinzukommende 20%ige USt belastet werden, wogegen die Vermieterin die Möglichkeit erhalten sollte, einen Ausgleich für die durch die fehlende Umsatzsteuerpflicht wegfallende Möglichkeit des Vorsteuerabzugs fordern zu können.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts - die fehlende Auseinandersetzung des Berufungsgerichts mit der Beweisrüge der Klägerin ist unerheblich, weil auch die von ihr gewünschten Feststellungen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führten - hat die Hausverwalterin der Klägerin vor Vertragsabschluss den Vertreterinnen des Beklagten „durchaus zu vermitteln versucht", dass die Zusatzvereinbarung sicherstellen solle, dass diese „Vorsteuerverkürzungsbeträge", also auch jene aus Betriebs- und Reparaturkosten allgemeiner Teile des Hauses, vom Beklagten - als „Ausgleich" für den Entfall der Umsatzsteuervorschreibung - bezahlt werden sollten. Auch wenn weiters feststeht, dass die Vertreterinnen der Beklagten diese Erklärungen nicht richtig verstanden haben, kann dies doch nichts daran ändern, dass das von der Hausverwalterin dargelegte Verständnis der Vertragsklausel grundsätzlich auch Vertragsinhalt geworden ist, wurde der Mietvertrag doch von Seiten des Beklagten unterfertigt, ohne dass für die Hausverwalterin erkennbar gewesen wäre, dass ihre Ausführungen fehlinterpretiert würden. Einer - objektiv nicht eindeutigen - Vertragsbestimmung ist regelmäßig jener Inhalt beizumessen, der von einem Vertragspartner mit ausreichender Deutlichkeit erklärt und vom anderen zustimmend zur Kenntnis genommen wurde. Ein Fehlverständnis wäre allenfalls im Rahmen des Irrtumsrechts von Bedeutung, doch hat der Beklagte sich gar nicht darauf berufen, er sei berechtigt, den Vertragsinhalt wegen eines beachtlichen Irrtums zu verändern (Vertragsanpassung).

Bei der Vertragsauslegung darf aber auch nicht unbeachtet bleiben, dass die Vertreterinnen des Beklagten von vornherein und für ihre Verhandlungspartnerin erkennbar den Wunsch geäußert hatten, den Vertrag so zu gestalten, dass ihnen keine Umsatzsteuer vorgeschrieben wird, um die Ausgaben des Vereins insgesamt möglichst gering zu halten. Nachdem sich die Hausverwalterin damit grundsätzlich einverstanden erklärt hatte, durfte ihre Erklärung - jedenfalls von steuerrechtlichen und bestandrechtlichen Laien - so aufgefasst werden, dass die von ihr vorgeschlagene Konstruktion dazu führen werde, dass der Beklagte im Hinblick auf seine Aufwendungen für das Mietobjekt besser aussteigen werde, als dies der Fall wäre, wenn ein Hauptmietzins zuzüglich Umsatzsteuer zur Verrechnung käme. Damit verbietet sich insgesamt eine Vertragsauslegung, die dazu führte, dass der Beklagte - im Wege der Verrechnung der „Vorsteuerverkürzungsbeträge" - höhere Kosten hätte als im Falle der Regelbesteuerung, der die Vertreter des Beklagten ja gerade deshalb ausweichen wollten, weil sie meinten, sie könnten sich etwas ersparen, was sie auch offenlegten.

Nach Auffassung des erkennenden Senats kann die zwischen den Vertretern der Parteien zustande gekommene Vereinbarung daher vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass die Klägerin zwar grundsätzlich berechtigt sein sollte, jenen Nachteil an den beklagten Mieter weiter zu verrechnen, der ihr dadurch entsteht, dass sie mangels Belastung des Mietzinses durch die Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug für für das Haus getätigte Aufwendungen nicht zur Gänze geltend machen kann. Andererseits ist die Möglichkeit, diesen Nachteil zu überwälzen, aber mit jenem Betrag zu beschränken, den der Beklagte zusätzlich zum Hauptmietzins zu bezahlen gehabt hätte, hätte er sich verpflichtet, vom vereinbarten Nettomietzins auch Umsatzsteuer in Höhe von 20 % zu zahlen. Ein solches Ergebnis steht auch keineswegs mit den Zinsbildungsbestimmungen des MRG in Widerspruch, zumal in § 15 Abs 2 Satz 1 MRG ausdrücklich die Berechtigung des Vermieters vorgesehen ist, vom Mieter die Umsatzsteuer zu begehren, die vom Mietzins zu entrichten ist. Wäre die Vermieterin somit berechtigt gewesen, von vornherein den (vereinbarten) Nettomietzins zuzüglich 20 % USt zu verlangen, kann auch nichts gegen eine Konstruktion sprechen, die dem Mieter vorerst den auf die Umsatzsteuer entfallenden Betrag „erlässt", zugleich aber vorsieht, dass der Mieter der Vermieterin die durch den Wegfall des Vorsteuerabzugs verbundenen Nachteile zu ersetzen hat, soweit sie den „erlassenen" Umsatzsteuerbetrag nicht übersteigen.

Die Klägerin hat sich im Verfahren erster Instanz unter anderem darauf berufen, der Beklagte sei im Ergebnis ohnehin besser ausgestiegen, weil bei Verrechnung eines Mietzinses zuzüglich 20 % USt seine Gesamtbelastung höher wäre als bei Bezahlung der gesondert vorgeschriebenen „Vorsteuerverkürzungsbeträge". Damit stellt sich die Frage nach dem für einen solchen Vergleich heranzuziehenden Beobachtungszeitraum. Die Vertragsteile haben weder dazu noch zur Frage der Fälligkeit der vom Beklagten zu tragenden „Vorsteuerverkürzungsbeträge" Gespräche geführt, sondern allein in der schriftlichen Formulierung der betreffenden Vertragsklausel geregelt, dass diese „Vorsteuerbeträge" in Höhe von dzt 12,97 % (Höhe des BK-Anteils) „gesondert zur Vorschreibung gelangen" und dann umgehend zu bezahlen sind. Im Rahmen ergänzender Vertragsauslegung ist zu fragen, was vernünftige und redliche Vertragsparteien unter den gegebenen Umständen vereinbart hätten, wenn sie sich der Regelungsbedürftigkeit einer bestimmten Frage bewusst gewesen wären. Damit scheidet ein Recht des Vermieters, nach Gutdünken jederzeit die ihm allenfalls zustehenden Ersatzbeträge geltend zu machen, sicher aus. Berücksichtigt man, dass in der betreffenden Vertragsklausel auf den Betriebskostenanteil Bezug genommen wird und dass jedenfalls die Betriebskosten einen (wichtigen) Anwendungsfall für Nachforderungen der Vermieterin bilden, liegt es nahe, einen Gleichklang mit Betriebskostennachforderungen anzunehmen. Gemäß § 21 Abs 3 MRG ist für jedes Kalenderjahr eine Betriebskostenabrechnung vorzunehmen. Ergibt sich aus der Abrechnung - unter Berücksichtigung der monatlich vorgeschriebenen Akonti - ein Fehlbetrag zu Lasten des Hauptmieters, so ist dieser auf einmal zu entrichten. Geht man nun davon aus, dass die vertraglich vereinbarten Zahlungen von „Vorsteuerbeträgen" einerseits Betriebskosten betreffen, die für den Mieter nachvollziehbar erst bei Vorliegen der Betriebskostenabrechnung für das jeweilige Kalenderjahr feststehen, und dass Entsprechendes auch für sonstige Aufwendungen des Vermieters gilt, die gemäß § 20 Abs 1 MRG ebenfalls für jedes Kalenderjahr gesondert auszuweisen sind (Hauptmietzinsabrechnung), spricht viel dafür, das vertraglich vorgesehene Recht der Klägerin zur gesonderten Vorschreibung der vom Mieter zu zahlenden „Vorsteuerbeträge" dahin einzuschränken, dass die Vermieterin berechtigt sein soll, die entsprechende Vorschreibung für jeweils ein Kalenderjahr nach Vorliegen der - für den Mieter einseh- und überprüfbaren - Betriebskostenabrechnung und Hauptmietzinsabrechnung vorzunehmen.

Das Kalenderjahr erscheint nun grundsätzlich auch als der geeignete Zeitraum für die Beurteilung, ob der Beklagte durch die vereinbarte Verrechnung von „Vorsteuerbeträgen" schlechter gestellt wäre als bei einem Zuschlag von 20 % USt zum vereinbarten - bzw aufgrund der Wertsicherungsklausel gestiegenen - Nettomietzins. Übersteigt der der Klägerin entgangene (anteilige) Vorsteuerabzug im jeweiligen Kalenderjahr den fiktiven Umsatzsteuerbetrag, beschränkt sich der Anspruch der Klägerin auf letzteren. Ist der „Verkürzungsbetrag" hingegen niedriger, kann sie ihn zur Gänze fordern, und zwar unabhängig davon, ob den entgangenen Vorsteuerabzügen Ausgaben für Betriebskosten oder für andere mit der Erhaltung und Bewirtschaftung des Hauses zusammenhängende Leistungen Dritter zugrunde liegen. Eine solche Lösung entspricht einerseits dem von den Vertretern des Beklagten unmissverständlich geäußerten Wunsch, eine Vertragskonstruktion zu wählen, durch die der Beklagte finanziell weniger belastet ist als bei einem Zuschlag der Umsatzsteuer zum Hauptmietzins, zumal nicht davon auszugehen ist, dass bei Berechnung der „entgangenen Vorsteuer" der fiktive, jährlich zu entrichtende Umsatzsteuerbetrag in jedem Kalenderjahr erreicht wird. Andererseits hat es allein die Vermieterin in der Hand, den Zeitpunkt der Aufwendungen für das Haus in gewissem Rahmen zu steuern, wodurch sie es weitgehend vermeiden kann, dass in einzelnen Jahren besonders hohe Vorsteuerbeträge anfallen, die sie wegen ihrer Vereinbarung mit dem Beklagten - und dem damit verbundenen Verzicht auf eine Option zur Regelbesteuerung - nicht zur Gänze steuermindernd geltend machen kann.

Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren unter Berücksichtigung der bereits getroffenen Feststellungen zu den in den fraglichen Jahren angefallenen Aufwendungen der Vermieterin für die Liegenschaft und den vom Beklagten geleisteten Zahlungen weiters festzustellen haben, wie hoch der (wertgesicherte) Hauptmietzins in den fraglichen Zeiträumen war - die fiktive Umsatzsteuerbelastung ist 20 % davon - und welche Beträge an Umsatzsteuer („Vorsteuer") in den den Aufwendungen der Klägerin zugrunde liegenden Rechnungen enthalten waren. Dann wird sich berechnen lassen, inwieweit der Klägerin für die Jahre 2004 bis 2007 noch Ansprüche zustehen. Bis zum derzeitigen Zeitpunkt kann der Beklagten jedenfalls kein grobes Verschulden an einem allenfalls festzustellenden Zahlungsrückstand vorgeworfen werden, bedurfte es doch erst der vorliegenden Entscheidung, um die Rechtslage klarzustellen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte