OGH 14Os142/09b

OGH14Os142/09b26.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Jänner 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Hofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dieter D***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15, 12 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Johann L***** und Helmut H***** sowie die Berufungen des Angeklagten Dieter D***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 19. Mai 2009, GZ 41 Hv 107/08h-187, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Johann L***** wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch I/A/3, demzufolge auch in der zu den - diesen Angeklagten betreffenden - Schuldsprüchen I/A/2/a und c, I/A/3, I/B/1 und I/C gebildeten Subsumtionseinheit und im Strafausspruch dieses Angeklagten aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Johann L***** wird im darüber hinausgehenden Umfang, jene des Helmut H***** sowie dessen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zur Gänze zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird Johann L***** auf die Kassation des Strafausspruchs verwiesen. Zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Helmut H***** und Dieter D***** sowie die - nur den Angeklagten Dieter D***** betreffende - Berufung der Staatsanwaltschaft (jeweils wegen des Ausspruchs über die Strafe) und über jene des Johann L***** wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten zunächst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten Johann L***** und Helmut H***** fallen auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Angeklagten Dieter D***** enthaltenden - Urteil wurden Johann L***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB (I/A/2/a und c, I/A/3, I/B/1, I/C) sowie des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (III) und Helmut H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (I/A/1) schuldig erkannt.

Danach haben - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung -

(I) in Wien, Wiener Neustadt und anderen Orten Österreichs mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz

A) Othmar W***** durch Täuschung über Tatsachen zur Übergabe von

Bargeldbeträgen in insgesamt 50.000 Euro übersteigender Höhe verleitet, wodurch der Genannte in diesem Umfang am Vermögen geschädigt wurde, und zwar

1) Helmut H***** im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Rudolf S***** zwischen Jänner und Februar 2005 durch Vortäuschung seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit und durch die wahrheitswidrige Zusage künftiger Gewährung eines günstigen Kredits in zwei Angriffen zur Übergabe von 100.000 Euro;

2) Johann L***** durch Vortäuschung seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit sowie durch die Vorgabe, über ein auf einem Bankkonto erliegendes, derzeit aufgrund von massiven Steuerschulden von den Finanzbehörden blockiertes Vermögen in Millionenhöhe zu verfügen,

a) am 24. August 2005 im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Rudolf S***** zur Übergabe von 30.000 Euro;

c) am 4. Juni 2007 im einverständlichen Zusammenwirken mit Dieter D***** zur Übergabe von 135.000 Euro;

3) Johann L***** zwischen Frühjahr 2005 und Frühjahr 2007 in oftmals wiederholten Angriffen durch Vortäuschung seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Übergabe von insgesamt 80.000 Euro als Privatdarlehen;

B/1) Johann L***** am 21. Mai 2007 durch Vortäuschung seiner Entführung Werner V***** zu einer Lösegeldzahlung von 500.000 Euro zu verleiten versucht, wodurch der Genannte in dieser Höhe am Vermögen geschädigt werden sollte,

„wobei sie den Betrug begingen bzw zu begehen suchten, indem L***** … zur Täuschung falsche Urkunden, nämlich nachgemachte Schreiben der Bank A*****, benützte, durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden - H***** 100.000 Euro, Johann L***** 745.000 Euro … - herbeiführte bzw herbeizuführen trachteten und den schweren Betrug überdies in der Absicht begingen bzw zu begehen suchten, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen";

C) Johann L***** im einverständlichen Zusammenwirken mit Dieter

D***** zwischen 26. August 2005 und 10. August 2007 in wiederholten Angriffen Siegfried Wi***** durch Vortäuschung ihrer Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit und die Vorgabe, über ein beträchtliches Vermögen von mehreren Millionen Euro verfügungsberechtigt zu sein, zur wiederholten Übergabe von insgesamt 54.300 Euro verleitet, wodurch der Genannte in diesem Ausmaß am Vermögen geschädigt wurde;

III) Johann L***** am 24. Mai 2007 zwei Kriminalbeamten des Landespolizeikommandos Niederösterreich die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorgetäuscht, indem er wahrheitswidrig behauptete, am 21. Mai 2007 durch unbekannte Täter betäubt, entführt und bis zum 23. Mai 2007 festgehalten worden zu sein, um einen Dritten zur Zahlung von 50.000 Euro Lösegeld zu nötigen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich jeweils aus den Gründen der Z 5, 5a und 8, von Johann L***** zudem aus Z 9 lit a und 10 und von Helmut H***** auch aus Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerden dieser beiden Angeklagten. Nur jener des Johann L***** kommt teilweise Berechtigung zu.

Sie zeigt der Sache nach zutreffend unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zum Schuldspruch I/A/3 (US 25) auf. Die diesbezüglichen Erwägungen der Tatrichter beschränken sich nämlich insoweit auf einen - „den Schuldspruch" betreffenden - pauschalen Verweis auf die für glaubwürdig erachteten Depositionen des einzigen Belastungszeugen Othmar W***** eingangs der Beweiswürdigung (US 34 f), denen jedoch - abgesehen von widersprüchlichen und äußerst vagen Angaben zur Höhe der für private Zwecke überlassenen Geldbeträge - weder eine Täuschungshandlung, noch ein dadurch bewirkter Irrtum des Geschädigten, sondern bloß zu entnehmen ist, dass er dem - im fraglichen Zeitraum teilweise bei ihm lebenden - Beschwerdeführer „für Kleinigkeiten, die mit dem Konto nichts zu tun hatten" immer wieder kleinere Geldbeträge überließ, wobei diese teilweise von Werner V***** stammten (ON 165 S 21 ff, S 27 f). Zu Recht weist die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass das Erstgericht die Angaben des Beschwerdeführers, nicht er habe sich Geld von Othmar W***** ausgeborgt, sondern dem Genannten seinerseits (gemeinsam mit Werner V*****) private Darlehen in Höhe von 137.000 Euro eingeräumt, unter anderem mit der Begründung als „Schutzbehauptung" verwarf, er habe keinerlei Bestätigungen für solche Zahlungen vorweisen können (US 45), dabei aber unbegründet ließ, aus welchen Gründen es die in diesem Zusammenhang vorgelegten Belege (Beilagen IV und V zu ON 138) und die diesbezüglichen Erläuterungen des Beschwerdeführers für ungeeignet hielt, seine Verantwortung zu stützen.

Der weiteren Nichtigkeitsbeschwerde des Johann L***** sowie jener des Angeklagten Helmut H***** kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Johann L*****:

Dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) entsprechend waren die Tatrichter - dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider - nicht verhalten, sich im Detail mit den insgesamt als unglaubwürdig verworfenen (US 43, 50 f) Angaben des Zeugen Rudolf S***** auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0098778). Im Übrigen standen die als übergangen reklamierten Aussagepassagen, wonach sich Othmar W***** im Frühsommer 2006 „mit dem Staatsanwalt P***** unterhalten" habe (vgl dazu dessen Depositionen, wonach ihm der Genannte bloß mitgeteilt habe, dass das Schweizer Strafverfahren abgeschlossen sei und er ihm nicht mehr helfen könne; ON 165 S 27) und sich aufgrund von Gesprächen mit ihm und D***** „denken konnte, die Sache ist gelaufen, es kommt kein Geld heraus, es ist alles Betrug" (ON 144 S 196 f), nicht im Widerspruch zur kritisierten Feststellung irrtumsbedingter vermögensschädigender Handlungen des Geschädigten und waren als bloße Mutmaßungen über den Wissenstand eines Dritten auch nicht erörterungsbedürftig im Sinn des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes.

Weshalb trotz der bereits zu I/A/2/c und I/B/1 mehrfach überschrittenen Qualifikationsgrenze des § 147 Abs 3 StGB (vgl § 29 StGB) Verfahrensergebnisse zur Schadenshöhe zum Schuldspruch I/A/2/a einer Erörterung bedurft hätten (Z 5 zweiter Fall), ist aus dem Beschwerdevorbringen nicht zu ersehen. Der Umstand kann jedoch - ohne Hinderung durch ein Neuerungsverbot - als Berufungsgrund geltend gemacht werden (Ratz, WK-StPO § 295 Rz 16).

Mit Blick auf die Urteilsannahmen, wonach die - auch mit dem Ziel, Othmar W***** zur Herausgabe eines weiteren Geldbetrags von 30.000 Euro zu verleiten, erfolgte - Täuschung des Genannten durch Johann L***** und Dieter D***** bereits zu einem früheren Zeitpunkt stattfand (US 16 f, 18 f), spricht die Beschwerde auch mit dem - ebenfalls den Schuldspruch I/A/2/a betreffenden - Einwand, das Erstgericht hätte sich mit der Aussage des Geschädigten, wonach Johann L***** anlässlich der tatsächlichen Geldübergabe an Rudolf S***** am 24. August 2005 „überhaupt keine Tätigkeiten setzte", und mit Widersprüchen in Betreff seiner Anwesenheit bei dieser Transaktion nicht auseinandergesetzt, keine erhebliche Tatsache an. Die Behauptung eines Begründungsmangels im Sinn der Z 5 vierter Fall, weil die Tatrichter „sämtliche der zur Verurteilung gelangten Urteilsfakten" auch auf die Aussage des Othmar W***** stützte, obwohl diese in der wegen Zeitablaufs nach § 276a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 19. Mai 2009 nicht verlesen wurde, übersieht, dass eine Neudurchführung zufolge - hier zulässigen (§ 276a letzter Halbsatz StPO) - Verzichts von Ankläger und Angeklagtem unterblieb (ON 186 S 2). Demzufolge war die Verhandlung vom 17. März 2009 (ON 176) Teil der - im Sinn des § 276a erster Satz StPO eine Einheit darstellenden - Hauptverhandlung, womit auch die Vernehmung des Zeugen W***** (ON 176 S 11 ff) in dieser vorgekommen ist und solcherart - ohne Verlesung des diesbezüglichen Protokolls - bei der Urteilsfällung zu berücksichtigen war (§ 258 Abs 1 erster Satz StPO). Zur Tatsachenrüge (Z 5a) ist festzuhalten, dass diese nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern will. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Soweit der Beschwerdeführer - unter Außerachtlassung von den Tatrichtern hervorgehobener Belastungsmomente - auf isoliert zitierte Passagen aus Telefonaten zwischen Dieter D***** und Johann L***** verweist und daraus für ihn günstigere Schlüsse als die des Erstgerichts zieht, überschreitet er die Grenze zur im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0099674).

Gleiches gilt für den - den Schuldspruch I/B/1 betreffenden - Einwand, aufgrund des Wortlauts des an Werner V***** gerichteten E-Mails über die vorgetäuschte Entführung sowie dessen Aussage könne nicht von einem Versuch, den Genannten zur Zahlung von 500.000 Euro zu verleiten, ausgegangen werden, mit dem bloß Kritik an der gegenteiligen - mit Gesetzen logischen Denkens und den grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend begründeten (US 46 ff) - Überzeugung der Tatrichter geübt wird.

An sich zutreffend weist die Beschwerde darauf hin, dass die Anklage - trotz des sowohl in ihrem Tenor als auch in der Begründung erhobenen Vorwurfs der Benützung falscher Urkunden (nämlich zweier an „den Vermögensverwalter Prof. Dr. D*****" gerichteter Schreiben der angeblich kontoführenden Bank [ON 4 S 273, 274]) zur tatbestandsrelevanten Täuschung - nur auf das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB gelautet hatte, während der Schuldspruch auch wegen Betrugs unter Verwendung falscher Urkunden erfolgte und dieser Umstand ausschlaggebend für die Subsumtion der den Schuldsprüchen I/A/2/a und c, I/B/1 und I/C zugrunde liegenden Taten unter § 147 Abs 1 Z 1 StGB war, sodass es nach gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Sicherstellung der Verteidigungsgrundrechte nach Art 6 Abs 3 lit a und b MRK der Einhaltung der Vorschrift des § 262 StPO bedurft hätte. Da die Verurteilung insoweit jedoch bloß wegen einer zusätzlichen unselbständigen Qualifikation, nicht aber wegen einer anderen Tat im materiellen Sinn erfolgt ist, wie die Beschwerde selbst einräumt, wäre zur prozessförmigen Geltendmachung einer Nichtigkeit aus Z 8 ein Rechtsmittelvorbringen erforderlich gewesen, das plausibel gemacht hätte, dass bei rechtzeitiger Information über die beabsichtigte Verurteilung auch nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB die Verteidigung eine andere gewesen wäre (vgl zum Ganzen RIS-Justiz RS0113755; RS0121419; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 545). Dieser Anforderung wird die Beschwerde nicht gerecht.

Den zentralen Anklagevorwurf einer Täuschung des Othmar W***** durch Vorgabe der Verfügungsberechtigung über das Guthaben auf einem bei der Bank A***** geführten Konto hat der Beschwerdeführer nämlich nur insoweit bestritten, als er angab, selbst im Vertrauen auf die Existenz dieses Kontos und damit ohne Täuschungs-, Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz gehandelt zu haben. Die Beschwerdebehauptung, er wäre bloß dann „in die Lage versetzt gewesen", den „wohl gegenständlich wesentlichen Antrag auf Einvernahme eines informierten Vertreters der U***** zum Beweis der Echtheit und Richtigkeit der gegenständlichen Schreiben" (und damit der Existenz des gegenständlichen Kontos) zu stellen, wenn er damit konfrontiert worden wäre, dass das Erstgericht eine Subsumtion des in der Anklage geschilderten Sachverhalts, wonach er die zur Täuschung des Opfers aufgestellten wahrheitswidrigen Behauptungen durch nachgemachte Urkunden untermauerte, auch unter § 147 Abs 1 Z 1 StGB in Aussicht nahm, ist nicht nachvollziehbar. Solcherart vermag die Beschwerde nicht plausibel zu machen, dass das Prozessverhalten des Beschwerdeführers bei rechtzeitiger Information über den geänderten rechtlichen Gesichtspunkt ein anderes gewesen wäre und bringt so den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung.

Im Übrigen ergaben von Amts wegen durchgeführte Erhebungen bei der angeblich kontoführenden Bank A*****, dass es das in Rede stehende Mündelkonto nicht gab und die von den Angeklagten benützten Urkunden falsch waren (US 43 f), sodass auch nicht klar wird, was aus der Einvernahme eines informierten Vertreters dieses Instituts für den Angeklagten zu gewinnen gewesen wäre.

Soweit die Beschwerde Anklageüberschreitung (Z 8) auch darin erblickt, dass die Tatrichter in Betreff des Schuldspruchs I/A/2/a von einem Schaden in Höhe von 30.000 Euro ausgingen, obwohl die modifizierte Anklage insoweit auf 25.000 Euro lautete, geht sie schon im Ansatz fehl, weil durch die Annahme eines höheren Schadensbetrags generell nicht die Frage von Anklage- und Urteilsidentität (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 518) und im Besonderen mit Blick auf das (mehrfache) Überschreiten der hier aktuellen Wertgrenze (§ 147 Abs 3 StGB) allein durch die übrigen Urteilsfakten auch nicht die rechtliche Unterstellung berührt wird.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) hält zunächst zutreffend fest, dass gewerbsmäßiger schwerer Betrug (§ 148 zweiter Fall StGB) die Absicht des Täters verlangt, sich durch die wiederkehrende Begehung von jeweils schon für sich gesehen schwerem Betrug (§ 147 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 148 Rz 6). Indem sie aber insoweit fehlende Feststellungen aus einer - isoliert betrachteten, urteilsfremd interpretierten - Entscheidungspassage ableitet, ohne dabei an der Gesamtheit der erstrichterlichen Konstatierungen Maß zu nehmen, verfehlt sie den gerade darin gelegenen Bezugspunkt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei festgehalten, dass die Urteilsannahmen, wonach die Angeklagten zur Ausführung von Betrugshandlungen falsche Urkunden verwenden wollten und den schweren Betrug in der Absicht begingen, sich dadurch immer wieder eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 27), jedenfalls im Zusammenhalt mit dem zu deren Verdeutlichung heranzuziehenden (RIS-Justiz RS0117247) Urteilstenor den - unter dem Aspekt materiellrechtlicher Nichtigkeit maßgeblichen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) - Willen der Tatrichter, die der vorgenommenen Subsumtion entsprechenden Feststellungen zu treffen, hinreichend zum Ausdruck bringen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Helmut H*****:

Unter Berufung auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 zweiter Fall und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO kritisiert sie Feststellungen zur Schadenshöhe, behauptet aber ein bei Berücksichtigung der als übergangen reklamierten Verfahrensergebnisse mögliches Unterschreiten der Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB nicht und spricht damit keine schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsache an.

Aus welchem Grund die - nach Ansicht des Beschwerdeführers bloß die betrügerische Herauslockung von 75.000 Euro statt der von den Tatrichtern angenommenen 100.000 Euro ergebenden - Beweismittel erhebliche Bedenken an den Urteilsannahmen zum Vorliegen von Täuschungs-, Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz erwecken sollten, erklärt die insoweit substratlose Beschwerde nicht. Die Rüge aus Z 8 verkennt grundlegend, dass der Bereicherungsvorsatz nicht gleichzusetzen ist mit einer allenfalls tatsächlich eingetretenen Bereicherung. Tatbestandsrelevant im Sinn des § 146 StGB ist hievon nur Ersterer (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 118). Insoweit stimmen Anklage- und Urteilssachverhalt in Bezug auf den angesprochenen Schuldspruch I/A/1 zweifelsfrei überein (vgl insbesondere ON 108 S 1 und S 11 mit US 2 und US 16). Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass es für die Subsumtion unter den Betrugstatbestand irrelevant ist, ob der Täter mit dem Vorsatz der Eigen- oder dem der Drittbereicherung handelt. Weshalb ausgehend vom Urteilssachverhalt die in der - auf Z 9 lit b gestützten - Rechtsrüge vermissten Feststellungen zu einer angeblich aus eigenen Mitteln erfolgten Zahlung des Beschwerdeführers an Dieter D***** zur „Deblockierung" des - nach den Urteilsannahmen gar nicht existenten - Mündelkontos bei der Bank A***** für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage erforderlich gewesen wären, legt die Rüge nicht dar.

Inwiefern dadurch ein Tatbestandselement nicht erfüllt oder darin ein „Rechtfertigungsgrund" gelegen sein soll, wie die Beschwerde ohne Argumentation behauptet, ist nicht erkennbar.

Soferne mit diesem Vorbringen ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 zweiter Fall in Betreff der Konstatierungen zu einem auf Täuschung und unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz geltend gemacht werden soll, genügt der Hinweis, dass das Erstgericht die diesbezügliche Verantwortung des Beschwerdeführers mit - Gesetzen logischen Denkens und den grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechender Begründung - als unglaubwürdig beurteilte (US 50). Die weiteren in der Beschwerde angesprochenen Aussagen von Zeugen und dem Angeklagten Johann L***** waren insoweit schon deshalb nicht gesondert erörterungsbedürftig, weil ihnen - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - konkrete Angaben zu der behaupteten Geldübergabe nicht zu entnehmen sind.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Johann L***** war daher im Übrigen, jene des Helmut H***** sowie dessen - im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässige - Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe war der Angeklagte Johann L***** auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.

Der Zuspruch von 135.000 Euro an den Privatbeteiligten Othmar W***** (zur ungeteilten Hand mit Dieter D*****) bezieht sich ersichtlich auf den unberührt gebliebenen Schuldspruch I/A/2/c und musste daher nicht der Kassation verfallen (§ 289 StPO).

Zur Entscheidung über die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten Johann L***** und die Berufungen der Angeklagten Dieter D***** und Helmut H***** sowie der - nur Erstgenannten betreffenden - Berufung der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten zunächst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet (§ 285i StPO sinngemäß; vgl auch 11 Os 123/08k).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte