OGH 15Os182/09t

OGH15Os182/09t20.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kleibel als Schriftführer in der Strafsache gegen Patrick M***** wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 und Abs 2 SMG, AZ 061 Hv 61/09z des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Oktober 2009 erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe, sowie des Verteidigers Mag. Pilz, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Oktober 2009, GZ 061 Hv 61/09z-39, verletzt § 27 Abs 2 SMG sowie § 35 Abs 1 SMG iVm § 37 SMG und § 270 Abs 4 Z 2 StPO.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in seinem Schuldspruch und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird die Sache zur Neudurchführung des Verfahrens an das Bezirksgericht Hernals verwiesen.

Text

Gründe:

Patrick M***** wurde mit in gekürzter Form ausgefertigtem, rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Oktober 2009, GZ 061 Hv 61/09z-39, von der wider ihn erhobenen Anklage (ON 34) eines von der Staatsanwaltschaft als Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG beurteilten Verhaltens gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Hingegen wurde er (richtig:) mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt und nach § 27 Abs 1 SMG zu einer (durch Vorhaftanrechnung bereits verbüßten) Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er seit zumindest 1. Jänner 2004 bis 20. Mai 2009 in Wien (16. Bezirk) vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Heroin, Kokain und Cannabis in nicht mehr feststellbarer Menge sowie am 20. Mai 2009 1,7 Gramm brutto Kokain, „ausschließlich zum persönlichen Gebrauch" erworben und besessen (US 3).

Rechtliche Beurteilung

Dieser Schuldspruch steht - wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Nach § 35 Abs 1 SMG (in der hier anzuwendenden, mit 1. Jänner 2008 in Kraft getretenen Fassung; hinsichtlich Tatzeiten vor dem 1. Jänner 2008 vgl §§ 1, 61 StGB) hat die Staatsanwaltschaft unter den in den Abs 3 bis 7 leg cit genannten Voraussetzungen und Bedingungen von der Verfolgung einer Straftat nach den §§ 27 Abs 1 und 2 oder 30 SMG, die ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen worden ist, ohne dass der Beschuldigte daraus einen Vorteil gezogen hat, unter Bestimmung einer Probezeit von einem bis zu zwei Jahren vorläufig zurückzutreten.

Gemäß § 37 SMG hat nach Einbringen der Anklage das Gericht die §§ 35 und 36 sinngemäß anzuwenden und das Verfahren unter den für die Staatsanwaltschaft geltenden Voraussetzungen bis zum Schluss der Hauptverhandlung mit Beschluss einzustellen.

Nach der - auch für das Hauptverfahren vor dem Landesgericht als Einzelrichter geltenden (§ 488 Abs 1 StPO) - Bestimmung des § 270 Abs 4 Z 2 StPO (in der zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Urteilsfällung geltenden Fassung [§ 514 Abs 5 StPO] des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl I 2009/52) hat eine - unter den in § 270 Abs 4 StPO genannten, hier vorgelegenen Voraussetzungen zulässige - gekürzte Urteilsausfertigung im Fall einer Verurteilung die vom Gericht als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung zu enthalten.

In Ansehung der Urteilsannahme des Suchtgifterwerbs und -besitzes „ausschließlich zum persönlichen Gebrauch", die ohne weiteres die - hier aber unterbliebene - Tatprivilegierung nach § 27 Abs 2 SMG verwirklicht hätte, wurden solchermaßen nach § 270 Abs 4 Z 2 StPO erforderliche klare Tatsachenannahmen in Richtung eines ausschließlich persönlichen, gleichwohl nicht nach § 35 Abs 1 SMG privilegierten Suchtgiftgebrauchs nicht getroffen.

Der Einzelrichter hätte daher entweder ausdrückliche Urteilsannahmen in Richtung einer - nicht priveligierten - ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines anderen, aber zum Vorteil des Angeklagten erfolgten Suchtgiftdelinquenz zu treffen oder aber die - (nunmehr) an keine weiteren Voraussetzungen gebundenen - zwingenden Diversionsbestimmungen nach §§ 35 Abs 1, 37 SMG anzuwenden und demzufolge grundsätzlich eine Auskunft sowie eine Stellungnahme gemäß § 35 Abs 3 Z 1 und 2 SMG und die Zustimmung des Angeklagten zu allfällig notwendigen gesundheitsbezogenen Maßnahmen (§ 35 Abs 6 SMG) einzuholen gehabt.

Da dies vorliegend unterblieb, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Verurteilung, dem Angeklagten somit zum Nachteil gereichend (§ 292 letzter Satz StPO), das temporäre Verfolgungshindernis nach §§ 35 Abs 1, 37 SMG entgegenstand (RIS-Justiz RS0113620 [T2]; Rosbaud in:

Hinterhofer/Rosbaud SMG § 35 Rz 7).

Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, den betreffenden Schuldspruch, demgemäß auch den Strafausspruch aufzuheben und die Sache an das zuständige Bezirksgericht Hernals zu verweisen.

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