Spruch:
Die Akten werden dem Bezirksgericht Meidling zurückgestellt.
Text
Begründung
In einem Vorverfahren hatte der Kläger beim Bezirksgericht Linz gegen die im Sprengel dieses Gerichts ansässige Beklagte für den Zeitraum von September bis Dezember 1998 die „rückwirkende Bemessung des Unterhalts" für die inzwischen volljährig gewordene gemeinsame Tochter beantragt. Das Bezirksgericht Linz erklärte sich für unzuständig und überwies den Antrag nach § 44 Abs 1 JN an das „nicht offenbar unzuständige" Bezirksgericht Meidling. Grund dafür war anscheinend der Umstand, dass die Tochter im Sprengel dieses Gerichts wohnhaft ist. Das Bezirksgericht Meidling wies den Antrag mit der Begründung „zurück", dass der Antragsteller nicht legitimiert sei, Unterhalt für seine bereits volljährige Tochter zu begehren. Es stehe ihm aber frei, eine Klage nach § 1042 ABGB einzubringen. Beide Beschlüsse wurden rechtskräftig.
Am 3. November 2009 langte beim Bezirksgericht Linz ein als „Klage wegen ausstehenden Unterhaltszahlungen" bezeichneter Schriftsatz des Klägers ein. Darin behauptet er wie im vorausgegangenen „Antrag", dass die Tochter von September bis Dezember 1998 bei ihm gewohnt hatte. Daraus leitet er erkennbar die Pflicht der Mutter ab, ihm für diesen Zeitraum den angemessenen Unterhalt für die Tochter zu zahlen.
Dennoch sprach das Bezirksgericht Linz neuerlich seine Unzuständigkeit aus und überwies die „Familienrechtssache" wiederum an das „nicht offenbar unzuständige" Bezirksgericht Meidling. Der Beschluss wurde von einer Rechtspflegerin gefasst und bisher noch nicht zugestellt. Die Rechtspflegerin beim Bezirksgericht Meidling sandte den Akt dem Bezirksgericht Linz mit dem Hinweis zurück, dass ein „C-Akt" zu eröffnen wäre; die Beklagte sei im Sprengel des Bezirksgerichts Linz wohnhaft. Das Bezirksgericht Linz übermittelte den Akt daraufhin neuerlich an das Bezirksgericht Meidling, wobei der nun einschreitende Richter die Auffassung vertrat, dass „im Hinblick auf das Klagebegehren und das Vorbringen" davon auszugehen sei, dass der Kläger einen Anspruch des Kindes geltend mache. Er ersuche daher „um Beschlussfassung bzw um Vorlage an die zuständige Instanz zur Lösung eines Kompetenzkonflikts".
Die Rechtspflegerin nahm die Rücksendung zum Anlass, die Akten sofort dem Obersten Gerichtshof mit dem Ersuchen vorzulegen, über den Kompetenzkonflikt zu entscheiden. Aufgrund der Vorgeschichte sei anzunehmen, dass der Vater tatsächlich eine Klage einbringen wollte.
Rechtliche Beurteilung
Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kommt allerdings derzeit aus zwei Gründen nicht in Betracht:
Nach § 16 Abs 2 Z 1 RPflG sind „Berichte an vorgesetzte Behörden" auch im Wirkungskreis des Rechtspflegers dem Richter vorbehalten. Darunter fallen nicht nur Vorlageberichte iSv § 179 Geo, sondern auch Ersuchen um Entscheidung eines Kompetenzkonflikts. Denn in § 16 Abs 2 Z 1 bis 3 RPflG sollte nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (675 BlgNR 16. GP) die Vorgängerbestimmung des § 10 Abs 2 RPflG 1962 übernommen werden. Dort war ganz allgemein vorgesehen gewesen, dass „Geschäftsstücke, die eine Zustellung an eine vorgesetzte Behörde erfordern" stets vom Richter zu erledigen seien. Der in der Neuregelung verwendete Begriff „Berichte" ist daher weit zu verstehen; er erfasst jedenfalls auch Vorlagen nach § 47 JN.
Die Vorlage an den Obersten Gerichtshof hätte daher jedenfalls durch einen Richter erfolgen müssen. Darin liegt kein leerer Formalismus. Denn ebenso wie die Möglichkeit einer Rekursstattgebung nach § 11 Abs 3 RPflG dient der Richtervorbehalt nach § 16 Abs 2 Z 1 RPflG offenkundig dazu, die Rechtsauffassung des Rechtspflegers vor der Vorlage an höhere Gerichte einer ersten Prüfung zu unterziehen.
Eine solche Prüfung wäre gerade im vorliegenden Fall zur Vermeidung unnötiger Verzögerungen erforderlich gewesen. Denn die Anrufung des gemeinsam übergeordneten Gerichtshofs in einem negativen Kompetenzkonflikt setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die konkurrierenden Gerichte rechtskräftig ihre Unzuständigkeit für die Entscheidung der gleichen Rechtssache ausgesprochen haben (RIS-Justiz RS0118692, RS0046299; Ballon in Fasching I2 § 47 JN Rz 7 ff mwN). Das ist hier noch nicht geschehen. Denn die mit Beschluss erfolgte Verneinung der Zuständigkeit durch das Bezirksgericht Linz bindet zwar dieses Gericht, ist aber mangels Zustellung an die Parteien noch nicht rechtskräftig, und das Bezirksgericht Meidling hat überhaupt noch keinen Zurückweisungsbeschluss gefasst.
Die Akten sind daher dem Bezirksgericht Meidling zurückzustellen.
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