Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jasmina K***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (A), der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (B/I) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (B/II) sowie (richtig:) des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (B/III) schuldig erkannt. Danach hat sie am 14. April 2005 in Bosnien im einverständlichen Zusammenwirken mit dem hiefür bereits rechtskräftig verurteilten Mirzet B***** vorsätzlich Sanja S*****
(A) zu töten versucht, indem sie einen säurehaltigen WC-Reiniger dieser einflößte und über deren Körper schüttete sowie hienach auf die am Boden Liegende mit einem Pkw zufuhr und sie mitschleifte, (B) vor den zu A beschriebenen Tathandlungen
I) mehrere Stunden in einem Pkw festgehalten,
II) durch Tritte und Schläge gegen den Kopf, die Brüche des Ober- und des Unterkiefers sowie umfangreiche Schwellungen und Blutunterlaufungen im Stirn-, Scheitel- und Hinterhauptbereich zur Folge hatten, schwer am Körper verletzt sowie
III) durch die zu B/I beschriebene Tat und die mittels Entgegenhaltens eines Messers unterstrichene Äußerung, sie werde sie töten, zur Aufgabe der Lebensgemeinschaft mit Elvir K***** zu nötigen versucht.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4, 6, 10a und 13 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten geht fehl.
Dem Erkenntnisverfahren lag ursprünglich die Anklageschrift vom 1. Februar 2008 zu Grunde, in der die Staatsanwaltschaft der Beschwerdeführerin - ausgehend vom auch hier gegenständlichen objektiven Sachverhalt - hinsichtlich der vom Schuldspruch A umfassten Tat (nicht auf Tötung gerichteten Vorsatz, sondern nur) auf eine schwere Verletzung am Körper zielende Absicht vorwarf (ON 80). Das diesbezüglich vom Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht am 11. März 2008 gefällte Unzuständigkeitsurteil (ON 91) hob der Oberste Gerichtshof in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten (ON 97) am 5. August 2008 mit der wesentlichen Begründung auf, das Erstgericht habe gegen den in § 258 Abs 1 StPO normierten Grundsatz der Unmittelbarkeit verstoßen (ON 101). Im hiedurch erforderlichen zweiten Rechtsgang brachte die Staatsanwaltschaft am 15. September 2008 eine neue Anklageschrift ein, in der sie bezüglich der dem Schuldspruch A zu Grunde liegenden Tat vom Tötungsvorsatz ausging (ON 102).
Gegen dieses Vorgehen wendet sich die Beschwerdeführerin mit Verfahrens- (Z 4) und Fragenrüge (Z 6). Da sie hiebei aber weder eine in der Hauptverhandlung angeblich verletzte oder missachtete Bestimmung nennt, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet, noch erkennen lässt, auf welche konkrete Fragestellung sie zielt, orientiert sie sich nicht an den gesetzlichen Kriterien der herangezogenen Nichtigkeitsgründe. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die praktische Bedeutung des Austauschs der Anklage (§ 227 Abs 2 StPO) gerade darin liegt, ein Unzuständigkeitsurteil zu vermeiden (Danek, WK-StPO § 227 Rz 5), und dass die auch einen solchen Austausch gegebenenfalls treffende, aus § 293 StPO resultierende Einschränkung der Dispositionsbefugnis des Anklägers nur im - hier nicht aktuellen - Bereich der Teilrechtskraft besteht (Ratz, WK-StPO § 293 Rz 7 f). Soweit die Tatsachenrüge (Z 10a) einzelne Passagen der Aussage des Zeugen Mirzet B***** isoliert herausgreift und daraus für die Beschwerdeführerin günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung der Geschworenen.
Indem die Beschwerde aus unter einem vorgelegten Schriftstücken argumentiert, verfehlt sie die unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes unerlässliche Bezugnahme auf in der Hauptverhandlung vorgekommene oder solche Beweismittel, die so rechtzeitig zum Akt gekommen sind, dass sie in der Hauptverhandlung noch hätten vorkommen können und rechtens hätten vorkommen dürfen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481).
Zur angesprochenen Frage einer außerordentlichen Wiederaufnahme des Strafverfahrens genügt der Hinweis, dass diesbezügliche Anträge von Privaten gemäß § 362 Abs 3 StPO unzulässig sind.
Das Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 13), die in der Dauer von fünfzehn Jahren bemessene Freiheitsstrafe (US 10) verletze die durch § 65 Abs 2 StGB gezogene Schranke (Z 13 erster Fall; vgl Fabrizy StPO10 § 281 Rz 73), erschöpft sich in der substratlosen Behauptung dieser Rechtsansicht und entzieht sich solcherart einer sachbezogenen Erwiderung.
Auf die mit der Beschwerde vorgelegten Urkunden ist wegen des im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren geltenden Neuerungsverbots nicht einzugehen, wobei der Vollständigkeit halber festzuhalten bleibt, dass aus dem Vergleich der österreichischen mit der serbischen Rechtslage die behauptete Beschränkung nicht abzuleiten ist. Der Hinweis darauf, dass Mirzet B***** wegen der Mitwirkung an den gegenständlichen Taten in Serbien zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, hat schon mit Blick auf die selbständige Strafbarkeit mehrerer an einer Tat Beteiligter (§ 13 StGB) auf sich zu beruhen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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