Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts, das hinsichtlich der Bestätigung des Ersturteils bezüglich des Kapitals und der erstinstanzlichen Kosten bestätigt wird und unberührt bleibt, wird hinsichtlich der Zinsen dahin abgeändert, dass insoweit das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.490,11 EUR (darin 248,35 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 1.563,91 EUR (darin 260,65 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Bestätigt der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichts (hier: hinsichtlich der Bejahung der Kapitalforderungen der Klägerinnen) und erachtet er dessen Begründung für zutreffend, so reicht es aus, wenn er auf deren Richtigkeit hinweist (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Zusammenfassend ist nochmals festzuhalten:
Die Erstklägerin ist seit 16. 5. 1990 als Vertragsbedienstete bei der Beklagten beschäftigt. Die von der Erstklägerin davor in Polen, und zwar vom 1. 9. 1985 bis 31. 3. 1990 im Dienst der Universitätsklinik B***** erbrachten Vordienstzeiten wurden von der Beklagten nur zur Hälfte angerechnet. Gründungs- und Aufsichtsträger dieses Krankenhauses war der Minister für Gesundheitswesen. Dieses Krankenhaus wurde als staatliche Einrichtung bis 1. 1. 1999 auch durch den Minister für Gesundheitswesen direkt über die Staatskasse finanziert.
Die Zweitklägerin ist seit 1. 5. 1991 als Vertragsbedienstete bei der Beklagten beschäftigt. Die von der Zweitklägerin davor in Polen, und zwar vom 1. 9. 1980 bis 30. 4. 1991 im Dienst des staatlich finanzierten Dr. T*****-Kreiskrankenhauses in Z***** erbrachten Vordienstzeiten wurden von der Beklagten nur zur Hälfte angerechnet. Die Drittklägerin ist seit 1. 3. 1989 als Vertragsbedienstete bei der Beklagten beschäftigt. Die von der Drittklägerin davor in Polen, und zwar vom 1. 9. 1976 bis 31. 8. 1979 im Dienst des Universitätskrankenhauses K***** erbrachten Vordienstzeiten wurden von der Beklagten nur zur Hälfte angerechnet. Während der Beschäftigungszeit der Drittklägerin war dieses Krankenhaus gemäß der Verordnung des Gesundheitsministers vom 7. 1. 1950 über staatliche Krankenhäuser eine Budgeteinheit.
Die Viertklägerin ist seit 1. 3. 1991 als Vertragsbedienstete bei der Beklagten beschäftigt. Die von der Viertklägerin davor in Polen, und zwar vom 18. 8. 1988 bis 31. 8. 1990 im Dienst des S***** Krankenhauses ***** in K***** erbrachten Vordienstzeiten wurden von der Beklagten nur zur Hälfte angerechnet. Dieses Krankenhaus wurde von der Stadt K***** errichtet und finanziert.
Die Fünftklägerin ist seit 2. 11. 2004 als Vertragsbedienstete bei der Beklagten beschäftigt. Die von der Fünftklägerin davor in Polen, und zwar vom 11. 10. 1982 bis 30. 4. 1984 im Dienst der Anstalt für G***** in W***** erbrachten Vordienstzeiten wurden von der Beklagten nur zur Hälfte angerechnet. Die Fünftklägerin war von der Stadt W***** eingestellt und bezahlt worden.
Die Sechstklägerin ist seit 29. 4. 1991 als Vertragsbedienstete bei der Beklagten beschäftigt. Die von der Sechstklägerin davor in Polen, und zwar vom 15. 9. 1976 bis 31. 8. 1978 im Dienst des S***** Krankenhauses ***** in K***** und vom 1. 10. 1984 bis 31. 8. 1990 im Dienst des Zentrums ***** in O***** erbrachten Vordienstzeiten wurden von der Beklagten nur zur Hälfte angerechnet. Beim Zentrum in O***** handelte es sich um eine Staatseinrichtung die in das Register der öffentlichen Einrichtungen für Gesundheitspflege eingetragen und ursprünglich von der Woiwodschaft B***** geführt wurde. Die Siebentklägerin ist seit 1. 4. 1992 als Vertragsbedienstete bei der Beklagten beschäftigt. Die von der Siebentklägerin davor in Polen, und zwar vom 11. 9. 1985 bis 30. 4. 1991 im Dienst des G***** in K***** bzw nach Reorganisation beim medizinischen Zentrum für ***** in K***** erbrachten Vordienstzeiten wurden von der Beklagten nur zur Hälfte angerechnet. Dabei handelte es sich um kein Betriebskrankenhaus, sondern eine für ein bestimmtes Gebiet zuständige Krankenanstalt.
Die Achtklägerin ist seit 1. 1. 1991 als Vertragsbedienstete bei der Beklagten beschäftigt. Die von der Achtklägerin davor in Polen, und zwar vom 7. 8. 1982 bis 5. 9. 1984, vom 1. 9. 1986 bis 29. 6. 1987, vom 1. 10. 1987 bis 24. 3. 1988 und vom 24. 4. 1988 bis 31. 12. 1988 im Dienst des K***** in L***** erbrachten Vordienstzeiten wurden von der Beklagten nur zur Hälfte angerechnet. Dabei handelte es sich um eine Organisationseinheit der Stadt L*****.
Alle vorgenannten Einrichtungen, bei denen die Klägerinnen in Polen beschäftigt waren, wurden entweder durch den Staat Polen oder durch eine andere Gebietskörperschaft gegründet, verwaltet, beaufsichtigt und finanziert.
Rechtliche Beurteilung
Unstrittig unterliegt im vorliegenden Fall die Anrechnung von Vordienstzeiten dem § 14 Abs 1 Z 1 des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994), LGBl 1994/56. Danach ist für die Vorrückung unter anderem die Zeit, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt wurde, anzurechnen. Die Revisionswerberin räumt ein, dass die Klägerinnen im hier interessierenden Zusammenhang Inländern gleichgestellt sind, weil Wanderarbeitnehmer insbesondere auch nicht bei der Dienstzeitenanrechnung diskriminiert werden dürfen. Soweit die Revisionswerberin jedoch hilfsweise den Einwand aufrechterhält, dass sich die gegenständliche Anrechnungsbestimmung nur auf die Hoheitsverwaltung beziehe, ist sie darauf zu verweisen, dass der Gesetzeswortlaut des § 14 Abs 1 Z 1 DO 1994 für die Einschränkung der Vollanrechnung auf Tätigkeiten in der Hoheitsverwaltung keinen Anhaltspunkt bietet (9 ObA 19/09y; 9 ObA 23/09m).
Strittig ist im Revisionsverfahren die Frage, ob die acht Klägerinnen bei einer ausländischen Gebietskörperschaft beschäftigt waren. Richtig ist, dass die Frage der Vergleichbarkeit von Beschäftigungszeiten - hier also die Frage, ob die Vordienstzeiten der Klägerinnen in Polen der Beschäftigung in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft gleichzuhalten seien -, nach innerstaatlichem Recht zu beurteilen ist (EuGH 12. 3. 1998, C-187/96 , Kommission/Republik Griechenland, Slg 1998, I-1095; 9 ObA 19/09y; 8 ObA 10/09t ua). Die Revisionswerberin bezweifelt, dass in Polen alle Arbeitnehmer beim Staat oder einer anderen Gebietskörperschaft beschäftigt gewesen seien. Das vorliegende Verfahren ergab aber keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Klägerinnen in Einrichtungen beschäftigt gewesen seien, deren Träger nicht der polnische Staat oder eine andere Gebietskörperschaft gewesen sei. Für die Existenz anderer als Dienstgeber der Klägerinnen in Betracht kommender Rechtsträger fehlt für die gegenständlichen Zeiträume jeglicher Hinweis (vgl 8 ObA 10/09t; 9 ObA 23/09m). Aus Überlegungen, dass in Österreich zufolge Ausgliederung staatliche Einrichtungen existieren, die keine Gebietskörperschaften seien, ist für Beurteilung der Dienstverhältnisse der Klägerinnen in Polen nichts zu gewinnen. Das Berufungsurteil ist daher hinsichtlich der Bejahung der Kapitalforderungen der Klägerinnen zu bestätigen.
Berechtigt ist hingegen die Revision der Beklagten, soweit sie sich gegen den Zuspruch höherer Zinsen als 4% richtet. Nach § 49a Satz 2 ASGG gebühren die erhöhten Zinsen gemäß § 49a Satz 1 ASGG nämlich dann nicht, wenn die Verzögerung der Zahlung auf einer vertretbaren Rechtsansicht des Schuldners beruht. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte hat im Verfahren erster Instanz nicht nur ausdrücklich das erhöhte Zinsenbegehren der Klägerinnen bestritten, sondern auch umfangreiches Rechtsvorbringen zur Begründung ihres Rechtsstandpunkts erstattet. Der von Beklagten eingenommene Rechtsstandpunkt beruhte auf einer vertretbaren Rechtsansicht (vgl 8 ObA 10/09t ua), sodass das Erstgericht zu Recht nur Zinsen gemäß § 1000 Abs 1 ABGB in der Höhe von 4 % zuerkannt hat. In teilweiser Stattgebung der Revision war daher insoweit das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 43 Abs 2, 50 ZPO. Den Klägerinnen sind die gesamten Kosten der Berufungsbeantwortung und der Revisionsbeantwortung zu ersetzen, weil sie nur mit einem Teil der Zinsenbegehren unterlegen sind. Hingegen sind die Klägerinnen zur Gänze mit ihrer Berufung gegen den Nichtzuspruch höherer Zinsen als 4% durch das Erstgericht unterlegen. Insoweit besteht ein Ersatzanspruch der Beklagten für die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung, der mit dem höheren Ersatzanspruch der Klägerinnen für deren Berufungsbeantwortung aufzurechnen war (Fucik in Rechberger, ZPO² § 43 Rz 2 mwN ua).
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