OGH 13Os95/09h

OGH13Os95/09h15.10.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Oktober 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krajina als Schriftführerin in der Strafsache gegen Oswald G***** wegen Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Bezirksgerichts Lienz vom 13. Juli 2004, GZ 3 U 305/03s-17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur Generalanwältin Mag. Michel zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Mit in gekürzter Form ausgefertigtem (§ 458 Abs 3 StPO idF vor BGBl I 2009/52) Urteil des Bezirksgerichts Lienz vom 13. Juli 2004, GZ 3 U 305/03s-17, wurde Oswald G***** (richtig:) mehrerer Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber den minderjährigen Katrin, Michael, Lukas und Florian G***** von August bis November 2001 sowie von Jänner bis März 2002 gröblich verletzt. Vom Anklagevorwurf der Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber den Genannten zu darüber hinaus gehenden Zeiten wurde er gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Die Anberaumung der Hauptverhandlung am 8. Oktober 2003 bildete die erste gerichtliche Verfolgungshandlung (ON 1/S 1).

Davor wurde Oswald G***** mit - seit Zurückziehung der Berufung wegen Strafe am 19. Juli 2004 auch im Ausspruch über die Strafe rechtskräftigem - Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 10. Februar 2004, GZ 28 Hv 143/03b-27, des zwischen 9. April und Juni 2002 durch Nichtbegleichen von betrügerisch erlangten Warenlieferungen verübten Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und (richtig:) mehrerer für die Zeiträume April bis September und November 2002 sowie Juli 2003 begangener Vergehen nach § 114 Abs 1 ASVG schuldig erkannt. Die Generalprokuratur erachtet das Gesetz durch den Schuldspruch aus folgenden Erwägungen als verletzt:

„Gemäß § 57 Abs 3 letzter Fall StGB beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die strafbare Handlung - wie das Vergehen nach § 198 Abs 1 StGB - mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist.

Eine Verlängerung der einjährigen Verjährungsfrist gemäß § 58 Abs 2 StGB würde voraussetzen, dass die Begehung einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Straftat in einem schuldig sprechenden Urteil festgestellt worden wäre.

Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 10. Februar 2004, GZ 28 Hv 143/03b-27, wurde Oswald G***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB und des Vergehens nach § 114 Abs 1 ASVG, demnach ausschließlich strafbarer Handlungen schuldig erkannt, die nicht auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, weshalb auch der am 24. Juni 2004 in Rechtskraft erwachsene Schuldspruch dem Eintritt der Verjährung nicht entgegen steht. Mit Blick auf den Tatzeitraum (bis März 2002) und mangelnder Ablaufhemmung (§ 58 Abs 2 StGB) oder Fortlaufhemmung der Verjährungsfrist (iSd § 58 Abs 3 Z 2 aF) ist die Strafbarkeit der Taten demnach bereits seit März 2003 erloschen und das Urteil in seinem schuldig sprechenden Teil mit materieller Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO behaftet.

Weil die Frage der Verjährung kein prozessuales Verfolgungshindernis, sondern einen materiellen Strafaufhebungsgrund betrifft, schiede bei nicht ausreichender Feststellungsbasis eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst an sich aus. Da aber nach der Aktenlage und dem aktuellen Stand des VJ-Registers auch in einem weiteren Rechtsgang der Verjährung entgegen stehende Konstatierungen nicht zu erwarten sind, wäre von der Rückverweisung an die Tatsacheninstanz aus prozessökonomischen Gründen abzusehen, in der Sache selbst zu entscheiden und Oswald G***** von dem gegen ihn verbliebenen Vorwurf nach § 198 Abs 1 StGB freizusprechen (vgl Ratz, WK-StPO § 288 Rz 24; RIS-Justiz RS0118545; Fabrizy, StPO10 § 288 Rz 3)."

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Verletzungen der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB sind mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedrohte Straftaten und demnach ohne Hemmung bedingende Tatumstände nach Ablauf eines Jahres verjährt (§ 57 Abs 3 letzter Fall StGB). Da nach dem angefochtenen Urteil (dessen Entscheidungsgründe als Bezugspunkt der Anfechtung [vgl RIS-Justiz RS0116569] angesichts der Ausfertigung in gekürzter Form durch das Erkenntnis [§ 260 Abs 1 Z 1 StPO] ersetzt wurden) der rechtswidrige Zustand spätestens am 31. März 2002 beendet war (E. Fuchs in WK² § 57 Rz 6), wäre folglich mit Ablauf des 31. März 2003 Verjährung aller dieser Verurteilung zugrunde liegenden Straftaten (§ 68 StGB) eingetreten. Entgegen der Ansicht der Generalprokuratur beruhen jedoch das Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und das Vergehen nach § 114 ASVG auf der gleichen schädlichen Neigung (vgl Jerabek in WK² § 71 Rz 1) wie das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 StGB, weil sämtliche strafbare Handlungen - jedenfalls auch - gegen fremdes Vermögen und somit gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind. Fallbezogen sind sie zudem auf den gleichen Charaktermangel, nämlich die Missachtung fremder Ansprüche zur Verbesserung der persönlichen finanziellen Lage zurück zu führen. Solcherart hat die Begehung der mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 10. Februar 2004, GZ 28 Hv 143/03b-27, abgeurteilten Taten (vgl E. Fuchs in WK² § 58 Rz 7) des Oswald G***** den Ablauf der Verjährung der in Rede stehenden Unterhaltsverletzungen gehemmt, womit dem Urteil des Bezirksgerichts Lienz vom 13. Juli 2004, GZ 3 U 305/03s-17, die reklamierte Gesetzesverletzung nicht anhaftet.

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