OGH 14Os79/09p

OGH14Os79/09p6.10.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Oktober 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hubert B***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 13. März 2009, GZ 26 Hv 146/08m-187, sowie die Beschwerde gegen den gemeinsam mit diesem gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Hubert B***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen Anfang Jänner und 13. Jänner 2008 in K***** und anderen Orten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Zlatko T***** durch die Aufforderung im Haus der Familie S***** in B***** einen Raubüberfall durchzuführen, wobei er mit ihm auch von Salzburg nach Tirol fuhr, um (ihm) das Tatobjekt zu zeigen, und ihm 100 Euro zum Ankauf einer Waffe übergab, dazu bestimmt, am 13. Jänner 2008 in B***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Nihat U***** als Mittäter dadurch, dass sie eine Pistole und ein etwa 30 cm langes Küchenmesser gegen Gertraud und Silvia S***** sowie Michael G***** richteten und sie aufforderten, Geld und Wertgegenstände herauszugeben, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, den Genannten fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Notebooks, einen Schlüsselbund und 150 Euro Bargeld, abzunötigen bzw wegzunehmen, wobei sie den Raub unter Verwendung von zwei Waffen verübt haben.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die - auf die Z 5, 6, 9 und 10a des § 345 Abs 1 StPO gestützte - Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Der Verfahrensrüge (Z 5) zuwider wurden durch die Abweisung von Beweisanträgen Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt:

Der Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung der Michaela R***** zum Beweis dafür, dass der Angeklagte dieser erklärt habe, der „einzige Hauptbelastungszeuge" Zlatko T***** habe vor, in das Lokal ihrer Eltern einzubrechen (ON 186 S 65), betraf ein vom Anklagevorwurf gänzlich verschiedenes Geschehen und ließ demnach nach dem allein maßgeblichen Vorbringen in der Hauptverhandlung (RIS-Justiz RS0099618) eine Erheblichkeit, mithin die Eignung, die Beweiswürdigung mit Blick auf die Feststellung entscheidender Tatsachen maßgeblich zu beeinflussen, nicht erkennen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 340 f).

Wie auch umgekehrt der Oberste Gerichtshof eine im Sinne der Z 4 des § 281 Abs 1 (§ 345 Abs 1 Z 5) StPO behauptete Nichtigkeit nicht anhand der Begründung eines abweisenden Zwischenerkenntnisses prüft (RIS-Justiz RS0116749), vermag die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte, ursprüngliche Absicht des Erstgerichts, dem genannten Beweisantrag zu entsprechen, für die Frage dessen Berechtigung aus Sicht der Rechtsmittelinstanz nichts beizutragen.

Die Glaubwürdigkeit eines Zeugen wiederum ist zwar keine entscheidende Tatsache; dem (behaupteten) Umstand, dass sich der - wie hier einzige unmittelbare - Tatzeuge schon früher eine Verleumdung (§ 297 StGB) oder eine falsche Beweisaussage (§ 288 StGB) habe zuschulden kommen lassen, kann Erheblichkeit aber nicht a priori abgesprochen werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 340). Wie jedoch die in diesem Zusammenhang beantragte Beischaffung eines Akts der Staatsanwaltschaft Salzburg betreffend ein unter anderem gegen diesen Zeugen geführtes Ermittlungsverfahren das behauptete Ergebnis (vor rechtskräftiger, gerichtlicher Klärung dieser Vorwürfe) hätte unter Beweis stellen können, legte der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung nicht dar, weshalb sein Begehren auf Durchführung eines unzulässigen Erkundungsbeweises gerichtet war (RIS-Justiz RS0107040; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Im Rahmen der Fragenrüge (Z 6) moniert der Angeklagte die Abweisung seines Antrags, mit welchem er die - im Übrigen auch mit seiner Verantwortung nicht in Einklang zu bringende - Aufnahme einer Eventualfrage in Richtung Bestimmung zum Diebstahl durch Einbruch nach „§§ 12, 127, 129 StGB" mit dem Hinweis auf die Aussagen der Zeugen Nihat U***** und Harald H***** begehrte (ON 186 S 67 f). Eventualfragen sind gemäß § 314 Abs 1 StPO unter anderem dann zu stellen, wenn ein entsprechendes Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung indiziert, dass die Tat unter ein anderes Strafgesetz fiele, das nicht strenger ist als das in der Anklageschrift angeführte. Grundlage einer Eventualfrage kann nur ein tatsächliches Verfahrensergebnis, nicht aber eine lediglich abstrakt denkbare Möglichkeit oder eine bloße Mutmaßung sein (Schindler, WK-StPO § 313 Rz 12). Die Antragstellung begründete der Angeklagte zum einen mit der Aussage des Zeugen Nihat U*****, wonach (der nach dem Wahrspruch vom Beschwerdeführer zum schweren Raub bestimmte) Zlatko T***** vorgeschlagen habe, einen Einbruch zu verüben (ON 186 S 36 ff), zum anderen mit den Depositionen des Zeugen Harald H***** (ON 149 S 9 f), demzufolge der Beschwerdeführer ihm gegenüber im Zuge von Amtshandlungen im Wesentlichen angegeben habe, er vermute, es gehe (bei den Ermittlungen) „um den Einbruch" bzw „um einen Einbruch in Innsbruck, wo er nicht dabei gewesen sei, man ihn aber hineinreißen wolle". In welcher Weise diese Verfahrensergebnisse nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung ein ernst zu nehmendes Indiz für den Inhalt des ausschließlich zwischen dem Beschwerdeführer und dem Zeugen Zlatko T***** geführten Gesprächs im Hinblick auf die Beschaffenheit der in Aussicht genommenen Tat sein soll, ist der Fragenrüge nicht zu entnehmen, die infolgedessen eine gesetzmäßige Ausführung vermissen lässt (RIS-Justiz RS0100860, RS0101087; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23).

Indem der Beschwerdeführer seine Rüge, der Wahrspruch der Geschworenen sei in sich widersprechend (Z 9), auf die gemäß § 331 Abs 3 StPO abzufassende Niederschrift stützt, verfehlt er - zumal das Gesetz den Laienrichtern eine „anfechtungsfeste" Begründung nicht abverlangt - den gesetzlichen Bezugspunkt dieses Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0100945; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 71).

Weil diese Niederschrift der Geschworenen bloß eine kurze Begründung für ihre Beweiswürdigung darstellt, kann sie nicht gleichzeitig deren Gegenstand bilden, weshalb auch eine Tatsachenrüge (Z 10a) darauf nicht gegründet werden kann (RIS-Justiz RS0115549; Philipp, WK-StPO § 331 Rz 10).

Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei nichtöffentlicher Beratung (§§ 285d Abs 1, 344 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde gegen den Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO).

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