Spruch:
Aus Anlass des Revisionsrekurses werden die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren ab Zustellung des verfahrenseinleitenden Antrags als nichtig aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den als Klage zu wertenden Antrag aufgetragen.
Die bisherigen Verfahrenskosten werden gegenseitig aufgehoben.
Text
Begründung
Der Antragsgegner war vom 1. 7. 2002 bis 31. 12. 2007 Verwalter der Liegenschaft W*****. Ab 1. 1. 2008 wurde die Hausverwalterin Mag. Gabriele R***** zur Hausverwalterin bestellt.
Am 20. 3. 2008 stellte die Eigentümergemeinschaft des Hauses als Antragstellerin einen Antrag gemäß § 31 Abs 3 WEG auf Legung einer Abrechnung über die Rücklage und Herausgabe des Überschusses.
Mit Teilsachbeschluss vom 5. 5. 2008 wurde der Antragsgegner zu GZ 6 Msch 6/08g-5 schuldig erkannt, für den Zeitraum 1. 1. 2005 bis 31. 12. 2007 eine richtige und vollständige Abrechnung der Reparaturrücklage sowie der Vorauszahlungen für die Bewirtschaftungskosten des Jahres 2007 zu legen. Dieser Teilsachbeschluss ist in Rechtskraft erwachsen. Trotz Androhung und schließlich Verhängung einer Ordnungsstrafe samt Androhung einer weiteren Ordnungsstrafe von 4.000 EUR erfüllte der Antragsgegner die rechtskräftig aufgetragene Verpflichtung zur Legung der Abrechnungen nicht.
Im Teilsachbeschluss vom 20. 8. 2008, GZ 6 Msch 6/08g-8, behielt das Erstgericht die Entscheidung über den mit dem verfahrenseinleitenden Antrag auf Rechnungslegung verbundenen Antrag auf Herausgabe des Überschusses einer „weiteren Antragstellung" vor.
Am 28. 10. 2008 beantragte die Antragstellerin, den Antragsgegner schuldig zu erkennen, ihr binnen 14 Tagen den Betrag von 45.197,97 EUR sA zu zahlen.
Dazu brachte sie als anspruchsbegründend vor: Das Verfahren zur Durchsetzung der Rechnungslegungsverpflichtung habe sich als untauglich erwiesen. Die Antragstellerin könne trotz Verhängung von Ordnungsstrafen und Androhung weiterer Ordnungsstrafen nicht mehr davon ausgehen, dass es zur Erstellung der geforderten Abrechnungen komme. Es erscheine daher naheliegend, dass sämtliche dem Antragsgegner von den Wohnungseigentümern im Zeitraum vom 1. 1. 2005 bis 31. 12. 2007 unter dem Titel Reparaturrücklage anvertrauten Gelder widmungswidrig verwendet worden seien. Dasselbe treffe auf die Bewirtschaftungskosten für die Jahre 2005 bis 2007 in Höhe von 35.000 EUR zu.
Insgesamt würden daher die als Reparaturrücklage in den Jahren 2005 bis 2007 geleisteten Zahlungen (inklusive Saldovortrag aus dem Jahr 2004) von 16.951,65 EUR und die als Vorauszahlung für Bewirtschaftungskosten 2007 geleisteten Zahlungen von 28.246,32 EUR, somit insgesamt 45.197,97 EUR rückgefordert. Die Fälligkeit sei spätestens am 16. 2. 2008 eingetreten, weshalb ab diesem Zeitpunkt 11,19 % Zinsen (gemäß § 352 UGB) begehrt würden.
Dem Antragsgegner wurde dieser Antrag eigenhändig zugestellt und ihm eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt, dies mit der Ankündigung, dass widrigenfalls angenommen werde, dass er dem Antrag nichts entgegenzusetzen habe.
Der Antragsgegner äußerte sich nicht.
Das Erstgericht erließ daraufhin antragsgemäß einen Sachbeschluss des Inhalts, dass der Antragsgegner schuldig erkannt wurde, der Antragstellerin binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution den Betrag von 45.197,97 EUR samt 11,19 % Zinsen seit 16. 2. 2008 zu Handen des Antragstellervertreters herauszugeben.
Das Erstgericht nahm dabei als erwiesen an, dass die Wohnungseigentümer an den Antragsgegner tatsächlich die bezeichneten Zahlungen erbracht hätten. Gleichzeitig sei nicht feststellbar, dass der Antragsgegner von diesen Beträgen irgendwelche Aufwendungen für die Liegenschaft getätigt habe. Das folgerte das Erstgericht gemäß § 17 AußStrG daraus, dass der Antragsgegner die Behauptungen der Antragstellerin unwidersprochen gelassen habe. Die rechtliche Schlüssigkeit des Antrags und die rechtliche Zulässigkeit des Begehrens seien zu bejahen. Dass die aufgetragene Abrechnung nicht gelegt worden sei, könne dem konkreten Herausgabebegehren nicht auf Dauer entgegenstehen. Ausdrücklich setzte sich das Erstgericht mit der Frage der Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs für dieses Begehren auseinander und bejahte die Anwendbarkeit des § 31 Abs 3 WEG auf den konkreten Fall.
Einem dagegen vom Antragsgegner erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.
Die Mängel- und Beweisrüge des Rekurses seien nicht gesetzesgemäß ausgeführt. Im Zusammenhang damit sei allerdings auf die Wirkung des § 17 AußStrG zu verweisen, wonach jene Tatsachen, denen der Antragsgegner nicht widersprochen habe, als zugestanden zu werten seien. Das betreffe die Tatsache der von der Antragstellerin geleisteten Zahlungen.
In rechtlicher Hinsicht sei es zwar zutreffend, dass die Erfüllung einer Abrechnungsverpflichtung nach rechtskräftigem gerichtlichem Auftrag primär nach § 34 Abs 3 WEG, also durch Androhung und Verhängung von Geldstrafen durchzusetzen sei. Einer solchen Abrechnung bedürfe es aber im konkreten Fall deshalb nicht mehr, weil die Antragstellerin die Rückzahlung der gesamten vom Antragsgegner eingehobenen Beträge begehre und als prozessuale Rechtsfolge des § 17 AußStrG feststehe, dass der Antragsgegner dem nichts entgegensetze. Es sei daher das außerstreitige Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG zur Rückforderung solcher Zahlungen zulässig, wie es auch der Fall sei, wenn von vornherein die Richtigkeit einer Abrechnung nicht bezweifelt werde, die Rücklage aber nicht herausgegeben werde.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob ein Verwalter auch unmittelbar zur Herausgabe des unstrittigen Rückzahlungsbetrags verpflichtet werden könne, wenn er seiner Abrechnungsverpflichtung nicht nachkomme, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.
Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Sachbeschlusses dahin, dass der Antrag vollinhaltlich abgewiesen werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlass des Revisionsrekurses ist eine den Vorinstanzen unterlaufene Nichtigkeit wahrzunehmen.
Zutreffend führt der Revisionsrekurswerber aus, dass nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung ein Begehren nach § 31 Abs 3 WEG iVm § 52 Abs 1 Z 6 WEG einer Stufenklage nach Art XLII EGZPO (iVm § 1012 ABGB) nachgebildet ist und daher ähnlich behandelt werden soll (vgl 5 Ob 41/79 = SZ 52/180). Nicht zuletzt ergibt sich das auch aus dem Begriff „Überschuss", wie er in § 31 Abs 3 erster Satz verwendet wird. Unter „Überschuss" ist nämlich der Betrag zu verstehen, der von den Leistungen der Miteigentümer nach Abzug der Aufwendungen für die Liegenschaft vorhanden sein muss (5 Ob 93/98g = MietSlg 50.600; 5 Ob 96/01f).
Gemäß § 31 Abs 3 WEG hat der Verwalter bei Beendigung der Verwaltung ohne Verzug über die Rücklage Rechnung zu legen und den Überschuss an den neuen Verwalter herauszugeben.
Wenn bei einem Begehren auf Herausgabe des Rücklagenüberschusses auch strittig ist, ob vom bisherigen Verwalter über die Rücklage ordentlich Rechnung gelegt wurde, ist diese Streitfrage, wenn sie für die Entscheidung über das Herausgabebegehren von Bedeutung ist, auch wenn sie nicht zum Gegenstand eines eigenen Rechnungslegungsbegehrens gemacht wurde, zuvor zu klären (vgl 5 Ob 152/86; 5 Ob 93/98g; 5 Ob 220/03v ua). Ein exekutionsfähiger Herausgabebeschluss setzt also voraus, dass die Abrechnung Feststellungen über die Zahlungspflicht hinsichtlich des Überschusses zulässt (5 Ob 93/98g; 5 Ob 220/03v; 5 Ob 257/06i ua).
Ist die Höhe des Überschusses nicht strittig, ist für die Herausgabe der Ausfolgung des Überschusses ebenfalls das außerstreitige Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 6 iVm § 31 Abs 3 WEG zulässig (vgl zur insofern gleichen Rechtslage nach dem WEG 1975: 5 Ob 4/93 = wobl 1993, 143 [Call]).
Im vorliegenden Fall nehmen aber die Antragsteller nicht einen ihnen als Ergebnis einer Abrechnung oder sonst unstrittig zustehenden „Überschussbetrag" in Anspruch, sondern begehren den gesamten Aufwand, den sie dem Antragsgegner aus dem Titel der Rücklage oder der Hausbewirtschaftungskosten bis zum Jahr 2007 geleistet haben. Das mit der Behauptung, der Verwalter habe diese Beträge weder aufgewendet noch zurückgezahlt. Nach Vereitlung des Rechnungslegungsanspruchs seien die Antragsteller an das Ergebnis einer allfälligen Rechnungslegung nicht gebunden.
Mit diesem Begehren verlässt die Antragstellerin aber die gesetzliche Grundlage des § 31 WEG, die ihr bei Beendigung des Verwaltungsvertrags nur die Möglichkeit der Herausgabe des Überschusses an den neuen Verwalter (sofern ein solcher bestellt ist) eröffnet. Das Begehren stellt sich vielmehr als Leistungskondiktion bzw Schadenersatzanspruch für jene Zahlungen dar, die die Wohnungseigentümer aus dem Titel der Rücklage bzw Hausbewirtschaftungskosten an den Verwalter entrichtet haben und die sich in der Folge als den Zweck verfehlend und damit rechtsgrundlos bzw widmungswidrig verwendet erwiesen hätten.
Für derartige - eben nicht dem § 31 Abs 3 AußStrG zu unterstellende - Ansprüche gegen den Verwalter stellt aber § 52 Abs 2 Z 6 WEG das außerstreitige Verfahren nicht zur Verfügung. Solche Streitigkeiten sind mangels ausdrücklicher Zuweisung in das besondere Außerstreitverfahren nach § 37 MRG iVm § 52 Abs 1 WEG dem Streitverfahren vorbehalten. Die Wahl einer unrichtigen Verfahrensart führt diesfalls zur Nichtigerklärung des durchgeführten Verfahrens, wovon lediglich die verfahrenseinleitende Prozesshandlung nicht erfasst wird (vgl 4 Ob 546/90 = EvBl 1990/153; 1 Ob 518/91 = EvBl 1991/85; 5 Ob 330/98k = MietSlg 51.617/5 ua).
Nach Umdeutung eines Sachantrags in eine Klage sind die für diese geltenden Regeln der ZPO anzuwenden, was im konkreten Fall eine amtswegige Überweisung des beim unzuständigen Gericht eingebrachten, in eine Klage umgedeuteten Antrags nach § 44 JN allerdings unzulässig macht (vgl MietSlg 51.617/5; 8 Ob 164/02d = EvBl 2003/40).
Weil der Antragsgegner nicht von Anfang an mit der gebotenen Deutlichkeit den Einwand der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweg erhoben hat (vgl 4 Ob 546/90; 5 Ob 502/93 ua) und überdies bisher noch keine diesbezügliche Rechtsprechung vorlag (vgl 2 Ob 2020/96i), war mit Kostenaufhebung vorzugehen (§ 51 Abs 2 ZPO).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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