OGH 3Ob126/09i

OGH3Ob126/09i26.8.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden und die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Heidi D*****, vertreten durch Dr. Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei Romana T*****, vertreten durch Mag. Hannes Arneitz, Rechtsanwalt in Villach, wegen 13.000 EUR sA, über den Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 2. April 2009, GZ 2 R 57/09y-25, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 2. Februar 2009, GZ 13 E 4745/07v-22, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten des erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

In der in dieser Rechtssache ergangenen Vorentscheidung vom 27. Februar 2008, AZ 3 Ob 26/08g, stellte der Oberste Gerichtshof den Beschluss des Erstgerichts wieder her, mit dem die Pfändung eines der verpflichteten Partei gehörenden Miteigentumsanteils an einem in Form eines Bordells betriebenen Unternehmen bewilligt wurde. An die verpflichtete Partei wurde das Gebot erlassen, sich jeder Verfügung über ihren Miteigentumsanteil, über den diesem zugrundeliegenden Betrieb und die zu demselben gehörigen Einrichtungsgegenstände zu enthalten.

Nunmehr stellte die betreibende Partei den Antrag auf Verwertung des gepfändeten Miteigentumsanteils durch Zwangsverwaltung und machte einen Zwangsverwalter namhaft.

Im Rahmen ihrer Einvernahme zum Verwertungsantrag brachte die betreibende Partei vor, Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die das Bordell betreibe, seien sie selbst, die Verpflichtete und deren Ehemann. Letzteres bestritt die verpflichtete Partei und wendete ein, das Ausmaß ihrer Beteiligung stehe mit 50 % am Unternehmen und 60 % am Gewinn fest. Daraufhin nahm die betreibende Partei den Standpunkt ein, der Umstand, dass das Ausmaß des Miteigentumsanteils der Verpflichteten gegenwärtig noch nicht feststehe, stelle kein Hindernis für die Durchführung der Verwertung dar, da die Anteilsverhältnisse noch im Rahmen der Verteilungstagsatzung über die Erträge geklärt werden könnten.

Das Erstgericht wies den Verwertungsantrag mit der Begründung ab, es seien - ungeachtet dessen, dass der verpflichteten Partei nur ein Miteigentumsanteil zustehe - die Regeln über die Unternehmensexekution nach den §§ 341 ff EO anzuwenden. Eine Übertragbarkeit der der Verpflichteten zustehenden Bordellbewiligung an einen Zwangsverwalter komme nicht in Betracht. Nach dem Kärntner Prostitutionsgesetz sei eine Bordellbewilligung nur an verlässliche Personen zu erteilen. Diese habe eine verantwortliche Person namhaft zu machen, die während der Betriebszeiten immer anwesend zu sein habe. Auch müsse das Einvernehmen mit dem Eigentümer der Liegenschaft nachgewiesen werden, der sich mit der Nutzung als Bordell einverstanden erklären müsse. Aufgrund dieses „besonderen sozialen Gefüges" bestehe eine vergleichbare Konstellation zu einem Betrieb mit geringer Mitarbeiterzahl iSd § 341 Abs 1 EO, für den das Gesetz Unverwertbarkeit vorsehe. Da Sexarbeit zu einem sensiblen gesellschaftlichen Bereich gehöre, seien die Übertragungsmöglichkeiten grundsätzlich restriktiv auszulegen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der betreibenden Partei Folge und hob den erstgerichtlichen Beschluss zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung auf. Die Zwangsverwaltung eines Bordellbetriebs sei grundsätzlich möglich. Der Versagungsgrund mangelnder Gewerbeberechtigung des Zwangsverwalters liege nicht vor. Es gehe nicht darum, ob der Zwangsverwalter persönlich alle Voraussetzungen für die Betriebsführung erfülle, sondern darum, ob er grundsätzlich als geeignete Person zum Betrieb des Unternehmens anzusehen sei. Auch das Fortbetriebsrecht nach § 41 Abs 1 Z 5 GewO 1994 stehe einem gerichtlich bestellten Zwangsverwalter eines gewerblichen Unternehmens unabhängig davon zu, ob dieser über die zur Gewerbeausübung erforderlichen persönlichen Voraussetzungen verfüge. Das Erstgericht werde sich daher mit der persönlichen Eignung des von der betreibenden Partei namhaft gemachten Zwangsverwalters zu befassen haben. Weiters sei unerlässlich bereits im Rahmen des Verwertungsverfahrens die Anteilsverhältnisse festzustellen. Dies dürfe nicht dem Verteilungsverfahren überlassen werden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil keine Rechtsprechung zur Frage der Zwangsverwaltung eines Bordells noch zur Frage der Klärung der Anteilsverhältnisse an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zur Verwertung durch Zwangsverwaltung:

Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) steht das Gesellschaftsvermögen im schlichten Miteigentum der Gesellschafter. Gläubiger können daher auf den Miteigentumsanteil eines GesbR-Gesellschafters greifen (Frauenberger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 331, Rz 39). Bei der Verwertung dessen ideellen Anteils (Miteigentumsanteils) ist nach den §§ 331 ff EO vorzugehen, weil im Wege der Exekution nach § 341 EO auf ein wirtschaftliches Unternehmen nur gegriffen werden kann, wenn es im Alleineigentum bzw der Alleingewahrsame des Verpflichteten steht (Jakusch in Angst, EO2 § 341 Rz 9).

Auf Antrag des betreibenden Gläubigers kann das Exekutionsgericht ua bei Gewerbeberechtigungen und ähnlichen Rechten die Zwangsverwaltung bewilligen und anordnen (§ 334 Abs 1 EO). Ein „ähnliches Recht" iSd § 334 Abs 1 EO liegt bei einem Bordell vor, weil die Ausübung der Prostitution keine unter die Begriffsmerkmale des § 1 GewO 1994 fallende gewerbliche Tätigkeit darstellt (Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO2 § 1 Rz 3).

Es entspricht ständiger Rechtsprechung und Lehre, dass die Verwertung von Vermögensrechten iSd §§ 331 ff EO generell voraussetzt, dass sie rechtlich selbstständig und so beschaffen sein müssen, dass sie einem Dritten übertragen oder zur Ausübung überlassen werden können (3 Ob 217/05s = JBl 2007, 110 [Vollmaier]; 3 Ob 218/99a; RIS-Justiz RS0004040; Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht5 Rz 419; Oberhammer in Angst, EO2 § 331 Rz 4). Die Verwertung höchstpersönlicher Rechte, die an gewisse subjektive und objektive Voraussetzungen geknüpft sind und weder veräußerlich sind noch durch dritte Personen ausgeübt werden können, ist hingegen aus rechtlichen Gründen unmöglich. Die Frage der Übertragbarkeit der Bordellbewilligung auf einen Zwangsverwalter bzw die Frage des Erwerbs einer selbstständigen Bordellbewilligung durch den Zwangsverwalter ist somit entscheidungswesentlich. Diese Frage ist nach dem Kärntner Prostitutionsgesetz LGBl 58/1990 (K-PG) zu beurteilen. Nach dessen §§ 5 ff, die die Erteilung einer Bordellbewilligung sowie die dafür erforderlichen persönlichen und sachlichen Voraussetzungen regeln, darf die Bordellbewilligung nur natürlichen, eigenberechtigten und verlässlichen Personen erteilt werden (§ 6 Abs 1 bis 3 K-PG). Juristische Personen müssen zur Ausübung ihrer Bordellbewilligung einen Geschäftsführer bestellen, der die gleichen persönlichen Voraussetzungen wie eine natürliche Person besitzen muss, die sich um eine Bordellbewilligung bewirbt (§ 6 Abs 4 und Abs 5 K-PG). Das K-PG verlangt also nicht, dass die Bordellbewilligung höchstpersönlich vom Bewilligungsinhaber ausgeübt wird, sondern lässt die Möglichkeit unberührt, dass die Bordellbewilligung ihrer Ausübung nach an eine natürliche, eigenberechtigte und verlässliche Person übertragbar ist, die diese dann nicht im eigenen Namen, sondern in fremdem Namen und auf fremde Rechnung ausübt. Muss der Betrieb eines Bordells nach dem K-PG nicht zwingend höchstpersönlich vom Inhaber der Bordellbewilligung geführt werden und in dessen (alleinigem) Eigentum stehen, steht der beantragten Zwangsverwaltung kein Hindernis entgegen.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher ua zu prüfen sein, ob der von der betreibenden Partei namhaft gemachte Zwangsverwalter die Voraussetzungen des § 6 K-PG erfüllt.

2. Zu den Anteilsverhältnissen:

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Voraussetzung der Zulässigkeit der Exekution bei den Rechten iSd § 331 EO ua ist, dass das zu pfändende Recht zur Zeit der Exekution der verpflichteten Partei zusteht (RIS-Justiz RS0053189). Die Zwangsverwaltung von nicht gepfändeten Anteilen an einer GesbR wäre demnach unzulässig. Dass die Anteilsverhältnisse im Rahmen des Verwertungsverfahrens und nicht erst bei der Verteilung des Erlöses aus der Zwangsverwaltung zu klären sind, entspricht dem zutreffenden Standpunkt der Rekurswerberin. Für ihre Ansicht, die Betreibende hätte die Anteilsverhältnisse schon in der (ersten) Verwertungstagsatzung bescheinigen müssen, vermag sie keine taugliche Rechtsgrundlage ins Treffen zu führen. Vor Lösung der mit dem Rekursverfahren abschließend zu klärenden Rechtsfrage, in welchem Verfahrensstadium die Anteilsverhältnisse festzustellen sind, liegt noch keine Spruchreife im Sinne einer Abweisung des Verwertungsantrags vor. Von einer Verfristung der Bescheinigungsmöglichkeit kann keine Rede sein.

Dies führt zur Bestätigung des Aufhebungsbeschlusses.

Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 78 EO.

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