Spruch:
Zur Entscheidung über die Anklage der Staatsanwaltschaft Wien gegen Hermann C***** ist das Landesgericht für Strafsachen Wien zuständig.
Text
Gründe:
Die Staatsanwaltschaft Wien erhob am 31. März 2009 Anklage gegen Hermann C***** wegen § 28a Abs 1, Abs 4 dritter Fall (richtig:) SMG und adressierte diese unter Bezugnahme auf § 37 Abs 2 StPO (ersichtlich in Hinblick auf das beim Landesgericht für Strafsachen Graz zu AZ 7 Hv 15/09a anhängige Verfahren gegen Valeri T*****, Christian S***** ua wegen § 28a Abs 1, Abs 4 Z 3 SMG) an das Landesgericht für Strafsachen Graz wobei sie C***** vorwarf T***** im Zeitraum Anfang 2006 bis 26. September 2009 in Wien Abnehmer von
4.200 Stück Substitol, darunter S*****, vermittelt zu haben. Die Anklageschrift langte jedoch beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein und wurde über Verfügung des Vorsitzenden des Schöffengerichts am 17. April 2009 dem Verteidiger des Angeklagten zugestellt. Die ebenfalls veranlasste Zustellung der Anklage an den Angeklagten scheiterte (Postfehlbericht).
Am 5. Mai 2009 fasste der Vorsitzende den Beschluss auf Abtretung dieses Verfahrens gegen C***** an das Landesgericht für Strafsachen Graz mit der Begründung, das Hauptverfahren gegen den unmittelbaren Täter T***** sei beim Landesgericht für Strafsachen Graz anhängig (ON 1, S 3).
Bereits am 16. April 2009 waren T*****, S***** und weitere in diesem Verfahren angeklagte Personen vom Landesgericht für Strafsachen Graz verurteilt worden (wobei T***** Rechtsmittel gegen das Urteil angemeldet hatte).
Mit Beschluss vom 13. Mai 2009 trat das Landesgericht für Strafsachen Graz das gegenständliche Verfahren an das Landesgericht für Strafsachen Wien zurück ab, weil im Hinblick auf das am 16. April 2009 ergangene Urteil eine Einbeziehung des Verfahrens gegen C***** nicht mehr möglich wäre.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien verfügte die Vorlage des Aktes an den Obersten Gerichtshof zur Klärung des negativen Kompetenzkonflikts gemäß § 38 iVm § 34 Z 5 StPO.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 37 StPO ist im Hauptverfahren eine Zuständigkeit kraft Zusammenhangs (nur) dann gegeben, wenn entweder (Abs 1 leg cit) im Fall subjektiver, objektiver oder subjektiv-objektiver Konnexität sowie engem sachlichen Zusammenhang (Fabrizy StPO10 § 37 Rz 1) gleichzeitig (dh einmalig) Anklage erhoben wird (Abs 1 leg cit) oder aber (Abs 3 leg cit) im Fall des Vorliegens verschiedener Anklagen zum Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens einer Anklage ein anderes (auf einer anderen Anklage beruhendes) Hauptverfahren gegen denselben Angeklagten (bereits und auch noch immer) anhängig ist. Nur im letztgenannten Fall (subjektiver Konnexität) sind diese bis dahin getrennt geführten Verfahren durch das Gericht zu verbinden. Welches Gericht in diesen Fällen zuständig ist, ergibt sich aus § 37 Abs 2 StPO. Eine Verbindung von auf verschiedenen Anklagen basierenden Hauptverfahren ausschließlich aufgrund objektiver Konnexität sieht das Gesetz - anders als nach § 56 StPO idF BGBl 1993/526 - nicht (mehr) vor. Im Übrigen ist Anhängigkeit eines Hauptverfahrens iSd § 37 Abs 3 StPO (nur) von der Einbringung der Anklage bis zur Urteilsfällung erster Instanz (nicht aber danach) gegeben. Da gegenständlich weder eine gleichzeitige Anklage mehrerer beteiligter Personen vorliegt (Abs 1), noch zum Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der Anklage der Staatsanwaltschaft Wien vom 31. März 2009 ein anderes Hauptverfahren gegen C***** anhängig war (Abs 3), scheidet eine Zuständigkeit kraft Zusammenhangs im Hauptverfahren aus.
Zuständig ist demnach das Landesgericht für Strafsachen Wien als Tatortgericht (§ 36 Abs 3 StPO).
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