Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der zu Punkt 1./ beschriebenen Handlungen unter „§ 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF und ab 1. Jänner 2008 unter § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (neu)" und demzufolge auch im Strafausspruch, weiters die Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 2 und Z 4 StPO aufgehoben und insoweit in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Dlbrin M***** hat durch die zu 1./ angeführten Taten die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall iVm Abs 2 SMG begangen.
Er wird hiefür und für die ihm nach dem Schuldspruch weiter zur Last liegenden Taten unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 31. Juli 2008, AZ 31 Hv 71/08m, und unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 28a Abs 3 SMG zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten verurteilt.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
II. den Beschluss
gefasst:
1. Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der mit Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 2. Mai 2007, AZ 27 U 147/07z, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen.
2. Gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO wird die mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 22. November 2005, AZ 36 Hv 201/05m, gewährte (teil-)bedingte Strafnachsicht widerrufen.
Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte, dieser auch mit seiner Beschwerde, auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthaltenden Urteil wurde Dlbrin M***** der Verbrechen des gewerbsmäßigen Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 3 zweiter Fall SMG (2./) sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF (für den Tatzeitraum bis zum 31. Dezember 2007) und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1, erster und zweiter Fall SMG idF der SMG-Novelle 2007 (für den Tatzeitraum ab 1. Jänner 2008) (1./) und der Vergehen des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB (3./) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (4./) schuldig erkannt. Danach hat er - soweit hier von Bedeutung - in Salzburg 1./ „im Zeitraum seit seiner letzten Verurteilung wegen Suchtmitteldelikten am 28. März 2006 bis zumindest 29. Juni 2008 vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar Cannabisprodukte (Wirkstoff: Delta-9-THC), Kokain, Codidol-Tabletten (Wirkstoff: Dihyrocodein), Substitol 200 mg-Tabletten (Wirkstoff: Morphin), zumindest 0,9 Gramm Amphetamin H2SO4 und zumindest eine Ecstasy-Tablette (Wirkstoff: MDMA) erworben und bis zum jeweiligen Eigenkonsum oder zur Sicherstellung durch die Polizei besessen;
2./ im Zeitraum von Mitte Oktober 2006 bis zumindest Anfang April 2008 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge zumindest 7-fach übersteigenden Menge (§ 28b SMG) anderen gewerbsmäßig durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, nachdem er schon zweimal vom Landesgericht Salzburg wegen § 28 Abs 2 SMG (alt) verurteilt worden war, wobei er an Suchtmittel gewöhnt war und sich durch den Verkauf von Suchtgift selbst Mittel zum Erwerb von Suchtgift verschaffen wollte, und zwar
2./1./ mindestens 573 Stück Substitol 200 mg-Tabletten, nämlich a./ zwischen Oktober 2006 und Jänner 2007 mindestens 15 Stück der Erika W*****,
b./ zwischen Oktober 2006 und Oktober 2007 mindestens 7 Stück dem Richard V*****,
c./ zwischen August 2007 und November 2007 mindestens 6 Stück dem Christian B*****,
d./ zwischen Jänner 2007 und August 2007 zirka 100 Stück dem Robert Wö*****,
e./ zwischen Oktober 2006 und Jänner 2008 mindestens 15 Stück der Romana R*****,
f./ zwischen November 2006 und Juni 2008 mindestens 100 Stück der Arzu I*****,
g./ zwischen August 2007 und Juni 2008 mindestens 330 Stück der Melisa G***** und dem Edin M*****,
h./ sowie eine unbekannte Menge an unbekannte Abnehmer;
2./2./ im Zeitraum von Dezember 2006 bis Jänner 2007 zirka 20 Gramm Heroin (brutto) dem Robert Wö*****;
...
Rechtliche Beurteilung
Der Sache nach nur gegen den Schuldspruch 2./ wendet sich die undifferenziert auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Mit seinen Ausführungen zur Mängel- und Tatsachenrüge trachtet der Beschwerdeführer unter Hinweis auf Widersprüche in den Depositionen der Zeugen Erika W*****, Arzu I***** und Melisa G***** sowie mit der Behauptung, es gebe keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte, warum den Aussagen des Zeugen Robert Wö***** und der Zeugin Hawa P***** höhere Glaubwürdigkeit als seiner Verantwortung zukäme, erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Tatsachen abzuleiten.
Der Beschwerdeführer übergeht mit diesem Vorbringen, dass sich die Tatrichter mit den Widersprüchen in den genannten Zeugenaussagen umfassend (US 10 bis 19) auseinandergesetzt haben. Zur Glaubwürdigkeit des Robert Wö***** und der Hawa P***** verwiesen sie auf deren - im Wege der Mängel- und Tatsachenrüge nicht anfechtbaren - glaubwürdigen Eindruck, ferner - logisch und empirisch mängelfrei - darauf, dass sich Robert Wö***** durch seine Angaben zum Ankauf von Substitol und Heroin selbst belastete und diesbezüglich strafgerichtlich verfolgt wurde (US 12, 16 f) sowie auf den Umstand, dass die Angaben der Hawa P*****, ihre Tochter beziehe vom Beschwerdeführer Substitoltabletten, durch die Zeugin Melisa G***** bestätigt wurden (US 14).
Soweit aufgrund der Angaben der vernommenen Zeugen für den Angeklagten auch günstigere Schlussfolgerungen möglich gewesen wären, sich die Erkenntnisrichter aber unter Ablehnung seiner die Weitergabe wesentlich geringerer Suchtgiftmengen eingestehenden Verantwortung für ungünstigere Konstatierungen entschieden haben, liegt ein mit Nichtigkeitsbeschwerde unanfechtbarer Akt freier richterlicher Beweiswürdigung vor (RIS-Justiz RS0098400).
Verfehlt ist vorliegend auch der Versuch, aus Widersprüchen in belastenden Zeugenaussagen bzw aus dem Widerruf ursprünglich belastender Depositionen erhebliche sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Tatsachen zu erwecken. Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass der geltend gemachte formelle Nichtigkeitsgrund seinem Wesen nach erst dann greift, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen.
Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie der Beschwerdeführer gegenständlich unter wiederholter Berufung auf den Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten" anstrebt (vgl aber RIS-Justiz RS0102162) - wird dadurch nicht ermöglicht (RIS-Justiz RS0119583).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass dem Urteil der amtswegig wahrzunehmende Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet.
Nach den Urteilsannahmen zum Schuldspruch 1./ der bekämpften Entscheidung hat der Angeklagte vorschriftswidrig verschiedene Suchtmittel „erworben und bis zum jeweiligen Eigenkonsum" (oder der Sicherstellung durch die Polizei) besessen (US 2, 8). Die Tatrichter gingen demnach vom ausschließlich persönlichen Gebrauch der angeführten Suchtmittel aus.
Demnach ist die vom erkennenden Gericht ersichtlich aus der Anklage (ON 23) übernommene rechtliche Subsumtion der vor dem 1. Jänner 2008 festgestellten Tathandlungen unter § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF und der ab 1. Jänner 2008 konstatierten Tathandlungen als Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (idF der SMG-Novelle 2007) verfehlt. Der für den Tatzeitraum ab 1. Jänner 2008 festgestellte Erwerb und Besitz von Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch ist der für den Angeklagten günstigeren, lediglich mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedrohten Bestimmung des § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall iVm § 27 Abs 2 SMG in der Fassung der SMG-Novelle 2007 (BGBl I 2007/110) zu subsumieren.
Hinsichtlich der vor dem 1. Jänner 2008 unter Schuldspruch 1./ beschriebenen Tathandlungen ist nach § 48 SMG iVm § 61 StGB ein Günstigkeitsvergleich anzustellen. Ausgehend von der in § 27 Abs 2 SMG vorgesehenen (mit § 27 Abs 1 SMG aF identen) Strafdrohung ist unter Miteinbeziehung der nunmehr gegenüber der Rechtslage vor Inkrafttreten der SMG-Novelle 2007 wesentlich weitergehenden Diversionsmöglichkeit nach § 35 Abs 1 und 2 SMG für den Beschwerdeführer die Unterstellung unter § 27 Abs 2 iVm Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG günstiger (12 Os 102/08d). Das Urteil war daher im bezeichneten Umfang aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu erkennen. Bei der erforderlichen Strafneubemessung waren die einschlägigen, die Voraussetzungen des § 39 StGB erfüllenden Vorstrafen, der rasche Rückfall, die Begehung innerhalb offener Probezeit sowie das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen als erschwerend zu werten. Die teils geständige Verantwortung und das teilweise Verbleiben im Versuchsstadium sind als mildernd zu berücksichtigen. Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe erweist sich die vom Erstgericht verhängte Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten als dem Unrechts- und Schuldgehalt der Taten sowie der Täterpersönlichkeit angemessen.
Die zu AZ 36 Hv 201/05m des Landesgerichts Salzburg gewährte bedingte Strafnachsicht war im Hinblick auf die seit diesem Zeitpunkt nahezu durchgehende einschlägige Delinquenz des Angeklagten, die auch zu einer Probezeitverlängerung führte, schon aus spezialpräventiven Gründen zu widerrufen. Im Hinblick darauf und auf die nunmehr verhängte Freiheitsstrafe konnte jedoch vom Widerruf der zu AZ 27 U 147/07z des Bezirksgerichts Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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