Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen sowie demzufolge auch in den Strafaussprüchen aufgehoben und die Strafsache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Pawel H***** auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Teilfreisprüche enthält, wurden Filip P*****, Pawel H***** und Grzegorz H***** jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall und 15 StGB (I), Letzterer überdies des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.
Nach dem Urteilstenor haben
(I) Filip P*****, Pawel H***** und Grzegorz H***** „im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter arbeitsteilig" fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert anderen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und dies versucht, wobei sie die Taten in der Absicht begingen, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren oder Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nämlich
1) am 13. November 2008 in Nauders Gewahrsamsträgern des Hotels A***** 30 Euro Bargeld,
2) am 12. November 2008 in Hatting Irmgard K***** eine Geige, einen Discman und einen MP3-Player in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Gesamtwert,
3) am 13. November 2008 in Imst Gisela B***** durch Aufbrechen eines Fensters Wertgegenstände sowie
4) am 13. November 2008 in St. Anton am Arlberg Gewahrsamsträgern des Hotels G***** Schmuckstücke in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Wert,
wobei es in den unter 2 und 3 genannten Fällen beim Versuch geblieben ist, und II) Grzegorz H***** am 13. November 2008 in Reith „einen mit fiktiven Daten ausgefüllten und unterfertigten Meldezettel" mit dem Vorsatz hergestellt, dass er im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Pawel H***** ist im Recht. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) weist zutreffend darauf hin, dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Schuldsprüche I/1, 2 und 4 keine Feststellungen über Tathandlungen des Beschwerdeführers enthält. Die vom Erstgericht unterstellte Mittäterschaft (US 3, 8, 10, 11) liegt aber nur bezüglich jener einverständlich zusammenwirkenden Täter vor, die wenigstens eine Ausführungshandlung gesetzt haben (Fabrizy in WK² § 12 Rz 29).
Aufgrund des dargelegten Mangels an Feststellungen war der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort Folge zu geben (§ 285e StPO).
Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt sich daher.
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof zudem davon, dass die Urteilskonstatierungen auch die übrigen Schuldsprüche nicht tragen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO). Der bekämpften Entscheidung sind nämlich hinsichtlich der Fakten I/1 und 2 nur Tathandlungen des Filip P***** (US 9, 8), bezüglich des Faktums I/3 ausschließlich solche des Beschwerdeführers (US 9) und zum Faktum I/4 lediglich Tathandlungen des Grzegorz H***** (US 9) zu entnehmen.
Hinzu kommt, dass die Tatrichter hinsichtlich des Schuldspruchs II keine Konstatierungen zur subjektiven Tatseite trafen. Von seiner Befugnis, - wie von der Generalprokuratur vorgeschlagen - Teile des Schuldspruchs I bestehen zu lassen (§ 289 StPO), machte der Oberste Gerichtshof nicht Gebrauch. Mit Blick auf die fehlenden Feststellungen zum objektiven Tathergang entsprechen nämlich die kursorischen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 10) hinsichtlich der Angriffe, die objektiv hinreichend dargelegt sind, dem gesetzlichen Bestimmtheitsgebot (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht. Im zweiten Rechtsgang wird mittels entsprechender Fragestellung zu klären sein, ob die Angeklagten (gegebenenfalls welche) Tathandlungen gesetzt haben, wobei zu beachten ist, dass auch bei Anwendung des in § 29 StGB normierten Zusammenrechnungsgrundsatzes die in Rede stehenden Straftaten rechtlich selbständig bleiben (Ratz in WK² § 29 Rz 7) und demgemäß jeweils für sich Gegenstand von Urteilsfeststellungen sind. In diesem Zusammenhang sei überdies darauf hingewiesen, dass eine Tat auch dann der - für jeden Täter gesondert zu bildenden - Subsumtionseinheit (§ 29 StGB) zu unterstellen ist, wenn sich dieser an ihr nicht unmittelbar (§ 12 erster Fall StGB), sondern als Bestimmungs- oder Beitragstäter (§ 12 zweiter und dritter Fall StGB) beteiligt hat. Werden aufgrund der Ergebnisse der Hauptverhandlung Tathandlungen als gegeben angenommen, sind im Urteil die diesbezüglichen Konstatierungen zur objektiven und zur subjektiven Tatseite zu treffen.
In Bezug auf das Vergehen der Urkundenfälschung (§ 223 Abs 1 StGB) wird zudem zu beachten sein, dass dieses eine unechte, also eine solche Urkunde voraussetzt, mit der über die Identität des Ausstellers getäuscht wird (Kienapfel/Schroll in WK² § 223 Rz 168 bis 170). Gegebenenfalls muss daher auch die Erfüllung dieses Kriteriums den Urteilsfeststellungen, die im Übrigen - anders als in der angefochtenen Entscheidung in Betreff des Schuldspruchs II - in einer § 270 Abs 2 Z 5 StPO entsprechenden Art und Weise zu begründen sind, zu entnehmen sein.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte Pawel H***** auf die Kassation des ihn betreffenden Strafausspruchs zu verweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)