OGH 15Os77/09a

OGH15Os77/09a24.6.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Juni 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmid als Schriftführer in der Strafsache gegen Zoran K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld und Strafe des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. März 2009, GZ 074 Hv 9/09y-54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Zoran K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB (A.), des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB (B.) sowie des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (C.) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit hier von Bedeutung - in Wien A.) mit dem Vorsatz, sich und Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, teils alleine, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit weiteren Mittätern, teilweise unter Vorlage falscher bzw gefälschter Urkunden, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, die sie in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten bzw schädigen sollten

I.) verleitet, und zwar

...

c.) am 2. Februar 2005 Malkit Singh Ka***** zur Bezahlung von 2.000 Euro, indem er ihm eine gefälschte „Bestätigung über die erfolgte Antragstellung" bezüglich eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei der BPD Wien als echt verkaufte;

...

II.) zu verleiten versucht (§ 15 StGB), und zwar

a.) im Zeitraum Jänner bis Februar 2005 den Singh Kas***** zur Bezahlung von 8.500 Euro, indem er ihm einen gefälschten Niederlassungsnachweis als echt zu verkaufen versuchte, wobei dieser die Täuschung durchschaute;

...

B.) im Februar 2005 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Singh Kas***** durch die Äußerung, er habe ihm das Geld zu bringen, anderenfalls man ihn aus dem Haus holen und schlagen werde, mithin durch gefährliche Drohung zur Bezahlung der unter A.) II.) a.) genannten 8.500 Euro zu nötigen versucht (§ 15 StGB), wodurch der Genannte in diesem Betrag am Vermögen geschädigt werden sollte.

Gegen den Schuldspruch erhob der Angeklagte „Berufung wegen Nichtigkeit und wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe".

Rechtliche Beurteilung

Die als Nichtigkeitsbeschwerde aufzufassende Berufung wegen Nichtigkeit stützt er dabei auf die Z 3, 5 und 9 (lit a) des § 281 Abs 1 StPO; sie schlägt fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 3) zuwider ist die Verlesung der Angaben der Zeugen Malkit Singh Ka***** und Singh Kas***** in der Hauptverhandlung am 19. März 2009 angesichts des Einverständnisses der Verfahrensbeteiligten (§ 252 Abs 1 Z 4 StPO) zu Recht erfolgt (ON 53/S 69).

Entgegen der Kritik der Mängelrüge (Z 5) setzten sich die Tatrichter mit der leugnenden Einlassung des Angeklagten auseinander, werteten diese aber unter Berücksichtigung der entgegenstehenden Zeugenaussagen im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen als Schutzbehauptung, zumal sie ein mögliches Motiv der Tatopfer zur Falschbelastung nicht erkennen konnten (S 47 ff/ON 54).

Soweit der Beschwerdeführer aus dem Nichterscheinen der Zeugen zur Hauptverhandlung für ihn günstigere Schlüsse zu ziehen trachtet, bekämpft er lediglich die erstgerichtliche Beweiswürdigung und übersieht, dass die vom Schöffensenat vorgenommene Einschätzung der Beweiskraft der - mit seinem Einverständnis verlesenen - Zeugenaussagen (§ 258 Abs 2 StPO) im Nichtigkeitsverfahren keiner Überprüfung unterliegt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 450 f). Die Rechtsrüge zu Schuldspruch B. (der Sache nach Z 9 lit a) hält nicht am gesamten wesentlichen Urteilssachverhalt (US 27 und US 49 f) fest (RIS-Justiz RS0099810), sondern spricht unter Berufung auf nicht näher spezifizierte „andere Kulturkreise" der Drohung die Eignung ab, Singh Kas***** begründete Besorgnis einzuflößen. Weshalb die konstatierte Drohung mit einer Verletzung am Körper (S 71/ON 54: man werde ihn aus dem Haus holen und schlagen) bei unbefangener Betrachtung der Situation und unter der gebotenen Berücksichtigung der besonderen Umstände des Asylwerbers zur Besorgnis des Singh Kas*****, der Angeklagte K***** sei willens und in der Lage, das angekündigte Übel tatsächlich herbeizuführen, nicht ausreichen sollte (vgl hingegen S 27/ON 54: „... solcherart eingeschüchterten und verängstigten Singh Kas*****), bleibt im Übrigen unbegründet. Sofern man die Ausführungen der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld als Tatsachenrüge (Z 5a) ansieht, so vermag der Hinweis auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten und das Fernbleiben der Zeugen Ka***** und Kas***** von der Hauptverhandlung keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenso wie die in der Strafprozessordnung gegen Urteile von Kollegialgerichten nicht vorgesehene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§ 280 StPO) bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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