OGH 6Nc10/09m

OGH6Nc10/09m4.6.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Bundespolizeidirektion Wien, 1010 Wien, Schottenring 7-9, wegen Bestellung eines Kurators gemäß § 11 AVG für den Verein K*****, über das Ersuchen des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien um eine Entscheidung nach § 47 JN in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien zurückgestellt.

Text

Begründung

Am 2. 4. 2009 beantragte die Bundespolizeidirektion Wien unter Berufung auf § 11 AVG iVm § 109 JN beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Bestellung eines Kurators für den Verein K*****. Der Verein habe letztmalig am 7. 2. 2007 organschaftliche Vertreter bestellt, deren Funktionsperiode mit 6. 2. 2009 abgelaufen sei. Damit sei die Handlungsfähigkeit des Vereins erloschen. Nach den von der Vereinsbehörde geführten Erhebungen übe der Verein seit längerem keine Tätigkeit mehr aus. Da nun gegen diese handlungsunfähige juristische Person eine Amtshandlung (Auflösung des Vereins gemäß § 29 Abs 1 VereinsG) zu setzen sei, werde die Bestellung eines Kurators beantragt.

Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien überwies den Antrag unter Berufung auf §§ 44, 109 JN an das Bezirksgericht Leibnitz. Eine Ausfertigung und Zustellung dieses Beschlusses an die Antragstellerin erfolgte nicht.

Das Bezirksgericht Leibnitz stellte den Akt dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien mit dem Vermerk zurück, dass die Übernahme der Zuständigkeit „derzeit" abgelehnt werde. Nach dem Vereinsregisterauszug sei Wien als Sitz des Vereins eingetragen; die Zustellanschrift begründe keine Zuständigkeit.

Daraufhin legte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien den Akt dem Obersten Gerichtshof vor und ersuchte um eine Entscheidung über den Kompetenzkonflikt.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um die Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 JN, sondern um die Entscheidung über einen (negativen) Kompetenzkonflikt handelt. Die Anrufung des gemeinsam übergeordneten Gerichtshofs in einem negativen Kompetenzkonflikt nach § 47 JN setzt voraus, dass beide konkurrierende Gerichte rechtskräftig über ihre (Un-)Zuständigkeit zur Entscheidung über die Rechtssache abgesprochen haben (Ballon in Fasching I2 § 47 JN Rz 7 ff; RIS-Justiz RS0118692). Sofern das Bezirksgericht Innere Stadt Wien an seiner Rechtsauffassung, es sei für die Bestellung eines Kurators nicht zuständig, festhält, wäre daher der Überweisungsbeschluss nach § 44 JN auszufertigen und in der Folge vom Bezirksgericht Leibnitz die Zustellung zu veranlassen. Sollte das Bezirksgericht Leibnitz in der Folge ungeachtet der Bindungswirkung (RIS-Justiz RS0046391; RS0039931) des in Rechtskraft erwachsenen Überweisungsbeschlusses der Ansicht sein, für die Führung dieses Verfahrens nicht zuständig zu sein, würde es seinerseits einen Unzuständigkeitsbeschluss auszufertigen und der Antragstellerin zuzustellen haben. Nur für den Fall, dass auch die zweite Unzuständigkeitsentscheidung in Rechtskraft erwachsen sollte, wäre der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 47 JN berufen (7 Nc 12/06h uva). Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen ist jedoch in der Sache selbst bereits jetzt darauf hinzuweisen, dass nach § 109 Abs 1 JN sich die Zuständigkeit bei juristischen Personen und sonstigen parteifähigen Gebilden nach deren Sitz richtet. Der Sitz des Vereins befindet sich aber im Sprengel des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien.

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