OGH 15Os56/09p

OGH15Os56/09p13.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Mai 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofmann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Klaus S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 4. Dezember 2008, GZ 13 Hv 65/08z-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Klaus S***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 17. Dezember 2007 in P***** Simone M***** durch Gewalt und durch Entziehung der persönlichen Freiheit, indem er sie in seinem Fahrzeug einsperrte, sie festhielt und ihre Hände an die Kopfstütze fesselte, zur Duldung des Beischlafs genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die fehlschlägt.

Der Angeklagte bemängelt die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 4. Dezember 2008 gestellten Antrags (Z 4) auf „Einholung eines neuerlichen Gutachtens und Beiziehung eines Obergutachters zur Beurteilung der Umstände", dass das mündlich ergänzte Gutachten der Sachverständigen Dr. Michaela L***** widersprüchlich sei und sich überdies ohne entsprechenden Auftrag und ohne Befundaufnahme auch mit den Aussagen des Angeklagten auseinandergesetzt hätte (ON 13 S 18, 19).

Die Überzeugungskraft der Expertise eines Sachverständigen unterliegt der freien Beweiswürdigung des Gerichts (§ 258 Abs 2 StPO). Ein Antrag, neue Befunde und Gutachten einzuholen, um die von einem Sachverständigen bereits erlangten (im Sinn des § 127 Abs 2 StPO mängelfreien) Ergebnisse zu überprüfen, zielt auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (RIS-Justiz RS0117263).

Die mit der psychologischen Beurteilung der Zeugin befasste Sachverständige hat unter anderem erläutert, dass ihre Begutachtung der Überprüfung der Substanz und Qualität einer Aussage und nicht jener der Glaubwürdigkeit diene (ON 13 S 2 sowie ON 9 S 5). Deren schriftliche Expertise wurde im Sinn der Einwendungen des Angeklagten in der Hauptverhandlung unter Beteiligung des Angeklagten erörtert, wobei die Sachverständige ausdrücklich deponierte, die Aussage des Angeklagten keiner Glaubwürdigkeitsbeurteilung unterzogen zu haben, sondern dessen Verantwortung bei der aussagepsychologischen Begutachtung der Zeugin berücksichtigt zu haben (ON 13 S 13 f). Indem der Nichtigkeitswerber diese Erklärungen übergeht und einzelne Formulierungen der Sachverständigen („Teilgeständnis") aus dem Kontext gerissen kritisierend heranzieht, wird ein konkreter Mangel von Befund und Gutachten nicht aufgezeigt.

Insoweit unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO behauptet wird, das Erstgericht hätte darlegen müssen, was ein „Expander ist und wie ein Expander funktioniere", übergeht der Angeklagte die Tatsachengrundlage des Schöffensenats, der von einer Fesselung des Vergewaltigungsopfers mit einem Band (US 3) ausging, weil nicht feststehe, dass der Angeklagte die von ihm in der Hauptverhandlung vorgelegten „Expander" verwendet hätte. Die allgemeinen Erwägungen des Erstgerichts zu Expandern sind - wenn die Rüge auch unsubstantiiert diesen entgegenstehende Erfahrungssätze behauptet - überdies nicht zu beanstanden, sodass sich die Mängelrüge letztlich einer sachlichen Erwiderung entzieht.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag beim Obersten Gerichtshof mit der Wiederholung des zu Z 5 erstatteten Vorbringens keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken an den dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Feststellungen zu erwecken, indem sie bezweifelt, dass mittels eines Expanders eine Fesselung des Opfers an den Kopfstützen des Fahrzeugs möglich wäre und erneut kritisiert, das Erstgericht hätte sich mit den „technischen Details der Funktion eines Expanders" (bei welchem es sich schlicht um einen Spanngurt handelt) nicht auseinandergesetzt. Die von den Tatrichtern als schlüssig und widerspruchsfrei erachteten Angaben der Zeugin zur Fesselung wurden überdies durch objektivierte striemenförmige Rötungen an den Handgelenken gestützt (US 5). Der Vorwurf, das Schöffengericht hätte „medizinisch abtesten müssen, wie lange nach dem angeblichen Vorfall sich diese Striemen halten" behauptet der Sache nach eine Vernachlässigung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung, ohne aber in gebotener Weise aufzuzeigen, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechts, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung (im Sinn des § 55 Abs 1 und 2 StPO) zu beantragen, gehindert war (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480; RIS-Justiz RS0115823, RS0114036).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte