OGH 14Os51/09w

OGH14Os51/09w12.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Mai 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Rechtspraktikanten Dr. Schneider als Schriftführer in der Strafsache gegen Ramazan G***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen, AZ 34 Hv 2/08v des Landesgerichts Innsbruck, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Werner R***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 31. März 2009, AZ 7 Bs 158/09g, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Werner R***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Werner R***** wurde mit nicht rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 24. Juli 2008, GZ 34 Hv 2/08v-333, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB (B/2) und nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (C) schuldig erkannt.

Danach hat er im Großraum Innsbruck in der Zeit von 2005 bis 19. Juni 2007

A/2 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, wobei er schon einmal wegen einer Straftat in Bezug auf Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge verurteilt wurde, indem er zumindest 5 kg hochwertiges Kokain (US 17: durchschnittlich 39 % Reinheitsgehalt) und Cannabisprodukte (US 17: durchschnittlich 5 % Reinheitsgehalt) im zweistelligen Kilobereich an den Mitangeklagten und abgesondert Verfolgte im Zuge zahlloser zeitlich knapp aufeinanderfolgender Teilgeschäfte gewerbsmäßig verkaufte, wobei er die Taten mit Beziehung auf Suchtgifte beging, deren Menge zumindest das 25fache der in § 28b SMG angeführten Menge ausmachte;

B/II den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Cannabisprodukte und Kokain, bei Unbekannten für den Eigenbedarf erworben und besessen;

C/ am und vor dem 19. Juni 2007 Waffen und Munition, nämlich ein im Urteil bezeichnetes Elektroschockgerät, einen bezeichneten Zimmerstutzen, ein bezeichnetes Luftdruckgewehr, einen bezeichneten Säbel, zwei Packungen bezeichneter Flobertpatronen und weitere 99 Stück bezeichnete Patronen besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten ist.

Mit Beschluss der Vorsitzenden des erkennenden Schöffengerichts (§ 32 Abs 3 StPO) vom 5. März 2009, GZ 34 Hv 2/08v-352, wurde die über Werner R***** am 22. Juni 2007 verhängte (ON 47) und bereits wiederholt fortgesetzte Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und lit b StPO neuerlich fortgesetzt.

Einer dagegen erhobenen Beschwerde des Genannten gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 31. März 2009, AZ 7 Bs 158/09g, nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem vom Erstgericht angenommenen Haftgrund an.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichtete Grundrechtsbeschwerde, die eine unrichtige Beurteilung des Haftgrundes moniert, Unverhältnismäßigkeit der Haft und Ausgeschlossenheit der Haftrichterin erster Instanz behauptet sowie ferner eine Verletzung des Beschleunigungsgebots geltend macht, ist nicht berechtigt.

Im Grundrechtsbeschwerdeverfahren kann die rechtliche Annahme von Tatbegehungsgefahr als eine der von § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren vom Obersten Gerichtshof nur dahin überprüft werden, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen (vgl § 174 Abs 3 Z 4 StPO; worunter das Gesetz die deutliche Bezeichnung der den Ausspruch über das Vorliegen entscheidender Tatsachen tragenden Gründe versteht) abgeleitet werden dürfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0118185, RS0117806). Denn § 173 Abs 2 StPO verlangt nur, dass die angezogenen Haftgründe auf bestimmten Tatsachen beruhen, kennt als Vergleichsbasis des Willkürverbots mithin nur die in Anschlag gebrachten bestimmten Tatsachen, weshalb auch eine bei dieser Prognose unterbliebene Erwägung einzelner aus Sicht eines Beschwerdeführers allenfalls eröterungsbedürftiger Umstände nicht als Grundrechtsverletzung vorgeworfen werden kann (RIS-Justiz RS0117806). Die vom Oberlandesgericht in seiner (demnach allein den Bezugspunkt der Grundrechtsbeschwerde bildenden) Entscheidung ins Treffen geführten Umstände einer massiv einschlägigen Vorstrafenbelastung (35 Eintragungen in der Strafregisterauskunft, von denen mehrere im Verhältnis des § 31 StGB stehen) sowie des aktuellen langen Deliktszeitraums im Zusammenhang mit den - methodisch einwandfrei (RIS-Justiz RS0115236) durch identifizierende Wiederholungen von Erwägungen des Erstgerichts - weiters angeführten Tatsachen, dass der 67-jährige Angeklagte keine pensionsrechtlichen Ansprüche hat und vor der Inhaftierung keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen ist, lassen einen willkürfreien Schluss auf Tatbegehungsgefahr zu. Unverhältnismäßigkeit der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts knapp 19 Monate andauernden Untersuchungshaft ist angesichts der Höhe der in erster Instanz verhängten Freiheitsstrafe von 15 Jahren nicht gegeben.

Analoges Heranziehen der Z 1 des § 281 Abs 1 StPO kommt im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nicht in Betracht (vgl Ratz, Zur Bedeutung von Nichtigkeitsgründen im Grundrechtsbeschwerdeverfahren, ÖJZ 2005, 415 ff [417]), wobei davon abgesehen die in der Beschwerde behauptete Ausgeschlossenheit der über die Fortsetzung der Haft erkennenden Richterin zufolge behaupteter Schuldvermutungen schon deshalb ausscheidet, weil die Unschuldsvermutung (Art 6 Abs 2 MRK) hinsichtlich der für die Annahme des Haftgrundes herangezogenen bestimmten Tatsachen nicht gilt (RIS-Justiz RS0121606). Soweit die Beschwerde ohne konkreten Vorwurf Säumigkeit im Sinn der §§ 9, 177 Abs 1 StPO behauptet, wird sie den prozessualen Erfordernissen ebenso wenig gerecht, wie mit der wörtlichen Wiederholung des Vorbringens der Haftbeschwerde ohne Auseinandersetzung mit den oberlandesgerichtlichen Erwägungen. Werner R***** wurde demnach im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Grundrechtsbeschwerde in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ohne Kostenausspruch abzuweisen war.

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