OGH 14Os21/09h

OGH14Os21/09h21.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. April 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Böhm als Schriftführerin in der Strafsache gegen Botrus S***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 und 2 Z 1 und 3 SMG, AZ 043 Hv 131/08k des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über den Antrag des Angeklagten Kalipha B***** auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Im Verfahren AZ 043 Hv 131/08k-53 wurde mit Beschluss der Vorsitzenden des Schöffengerichts vom 5. Jänner 2009 (ON 53) ein Antrag des Kalipha B***** auf Unterbrechung der Untersuchungshaft gemäß „§ 99 Abs 1 Z 1 lit c StVG iVm § 182 Abs 4 StPO" (zur Teilnahme an der Geburt seines Kindes sowie zur Unterstützung seiner Ehefrau in den Tagen nach der Geburt) abgewiesen (1) und die (am 9. Oktober 2008 verhängte und wiederholt fortgesetzte) Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit b StPO fortgesetzt (2).

Einer dagegen gerichteten Beschwerde des Genannten gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 23. Jänner 2009, AZ 20 Bs 23/09t (= ON 62), nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO fort.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Verweigerung der Unterbrechung der Untersuchungshaft wendet sich der Angeklagte mit Grundrechtsbeschwerde in eventu mit einem Antrag nach § 363a StPO. Er argumentiert, § 99 Abs 1 Z 1 lit c StVG sei zufolge § 182 Abs 4 StPO auf den Vollzug der Untersuchungshaft anwendbar und er sei durch die Entscheidung in seinem Grundrecht auf Achtung des Familienlebens (Art 8 MRK) verletzt.

Nach § 1 Abs 1 GRBG steht wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung nach Erschöpfung des Instanzenzugs Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu. Für den Vollzug von Freiheitsstrafen und vorbeugenden Maßnahmen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen schließt § 1 Abs 2 GRBG die Grundrechtsbeschwerde und solcherart auch den dazu subsidiären Erneuerungsantrag ausdrücklich aus (vgl RIS-Justiz RS0122737, RS0123350; der Schutzbereich des Art 5 MRK würde die Bedingungen der Haft ohnedies nicht umfassen; vgl Grabenwarter, EMRK3 § 21 Rz 2).

Damit ist Grundrechtsschutz durch den Obersten Gerichtshof in Betreff der Bedingungen (des Vollzugs) von Freiheitsentzug gesetzlich nicht vorgesehen. Dies gilt auch für die (im § 1 Abs 2 GRBG - solcherart lückenhaft - nicht ausdrücklich erwähnte) Untersuchungshaft (vgl die §§ 182 ff des vierten Abschnitts des neunten Hauptstücks der StPO; Fahndung, Festnahme und die Zulässigkeit der Untersuchungshaft finden sich in den Abschnitten eins bis drei des neunten Hauptstücks der StPO), weil eine insoweit differenzierte Rechtsschutzbetrachtung (zwischen dem Vollzug von Untersuchungshaft und Strafhaft) keine sachliche Rechtfertigung hätte.

Der Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur (§ 363b Abs 1 StPO) bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 StPO).

Anzumerken bleibt, dass der gesetzliche Verweis in § 189 Abs 1 StPO die generelle Ansicht des Oberlandesgerichts, eine Anwendung des § 99 StVG komme in Betreff von Untersuchungshaft „wesensmäßig" nicht in Betracht (BS 8), ausschließt.

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