Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Pedro I***** (richtig:) je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teilweise (zu Punkt B) als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.
Danach hat er am Grenzübergang Kufstein/Kiefersfelden und an anderen
Orten
A) am 31. März 2008 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 1.305,1 Gramm Kokain (reine Kokainbase ca 690 Gramm), von Deutschland aus- und nach Österreich eingeführt, wobei er die Taten in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging;
B) etwa Mitte Februar 2008 einen bislang namentlich nicht
identifizierten Suchtgiftkurier dazu bestimmt, dass dieser Suchtgift in einer großen Menge, nämlich ca 1 Kilogramm qualitativ hochwertiges Kokain, von Deutschland aus- und nach Österreich einführt sowie dem abgesondert verfolgten Uche C***** überlässt, indem er den Suchtgiftkurier mit der Durchführung der Schmuggelfahrt und der anschließenden Übergabe des Kokains an C***** beauftragte, wobei er die Taten in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch wendet sich der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Zu Schuldspruchpunkt A) macht der Beschwerdeführer mit Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) eine unzureichende Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung der Qualität des von ihm als Bodypacker geschmuggelten Kokains und der Tatbegehung in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge geltend.
Die Argumentation, aus der Verantwortung des Beschwerdeführers, er wäre gestorben, wenn ein „Finger" (beinhaltend 10 Gramm Kokain) geplatzt wäre, könne ohne Verstoß gegen Denkgesetze sein Wissen um eine hochwertige Qualität nicht abgeleitet werden, weil auch vergleichbare Mengen geringerer Qualität zum Tode führen, versagt. Dieses Vorbringen stützt sich nämlich auf eine isoliert betrachtete Erwägung der Tatrichter und übergeht, dass diese die Feststellungen zum Geschehen am 31. März 2008 auf die inhaltlich voll geständige Verantwortung des Angeklagten (vgl ON 63 S 5) und die damit im Einklang stehenden Erhebungsergebnisse stützten (US 8). Ausgehend von der vom Beschwerdeführer (unter Lebensgefahr als „Bodypacker") transportierten, ihm aufgrund der Anzahl der geschluckten „Finger" annähernd bekannten Bruttomenge von 1.305,1 Gramm würde das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (375 Gramm reine Kokainbase) im Übrigen auch noch bei einem Reinheitsgehalt von bloß ca 29 %, sohin bei einer deutlich unter der Qualitätsbandbreite von Straßenqualität (nach forensischer Erfahrung 40 bis 50 % [15 Os 138/01]) liegenden Zusammensetzung überschritten, womit das angesprochene Beschwerdeargument auch per se nicht durchschlägt.
Unter Berücksichtigung dieses Gesamtzusammenhangs der Beweisergebnisse, auf die sich die Tatrichter stützten, wurde die Ein- und Ausfuhr einer die Grenzmenge um das Fünfundzwanzigfache übersteigenden Kokainmenge (alleine) durch die zu Punkt A) beschriebene Tathandlung hinsichtlich der subjektiven Tatseite hinreichend begründet.
Zu Punkt B) des Schuldspruchs macht der Beschwerdeführer zutreffend eine aktenwidrige Begründung der Urteilsannahme geltend, wonach die etwa Mitte Februar 2008 eingeschmuggelte und in der Folge an Uche C***** überlassene Kokainmenge von hochwertiger Qualität gewesen wäre. Die Tatrichter stützten die bezughabenden Feststellungen auf die durchgeführten Telefonüberwachungen (US 9 ff), die Urteilsannahmen zur inneren Tatseite im Besonderen auch auf eine lebensnahe Betrachtung des äußeren Tatgeschehens und auf die „diesbezüglich geständige Verantwortung des Angeklagten" (US 12). Sie verwiesen in diesem Zusammenhang auf die Depositionen des Angeklagten, „gewusst zu haben, dass jener Drogenkurier wiederum eine Menge von ca 1 Kilogramm hochwertigem Kokain nach Österreich schmuggelt" (US 12).
Angaben zur Qualität des vom Kurier geschmuggelten Kokains, wonach dieses „hochwertig" gewesen wäre, finden sich jedoch weder in den Ergebnissen der Telefonüberwachung (ON 53 S 233 ff) noch in den Depositionen des Beschwerdeführers vor der Polizei (ON 53 S 109 bis 137) und vor Gericht (ON 5, ON 63 S 12 ff). Vielmehr führte der Angeklagte zur Qualität bloß aus, dass der Kurier 600 Gramm mitgenommen hat, „diese wurden in Deutschland aufgestreckt. Insgesamt war das dann ca 1 Kilogramm, die der Kurier mitgenommen hat" (ON 63 S 17).
Die aufgezeigte Aktenwidrigkeit ist jedoch nur hinsichtlich des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (Überlassen an C*****) entscheidungswesentlich und nichtigkeitsbegründend, weil es an einer prozessförmigen Begründung der zur Beurteilung der Suchtgiftmenge als übergroß (§ 28a Abs 4 Z 3), mangelt, demgemäß diesbezüglich auch ein Schuldspruch in Richtung § 27 Abs 1 achter Fall SMG, § 28a Abs 1 fünfter Fall, allenfalls Abs 2 Z 3 SMG in Frage käme.
In Ansehung der von Schuldspruchpunkt B) inkriminierten Aus- und Einfuhr von rund 1 Kilogramm Kokain kommt der Qualität dieses Suchtmittels hingegen keine Relevanz zu.
Die Ein- und Ausfuhr einer die Grenzmenge um das Fünfundzwanzigfache übersteigenden Kokainmenge wird nämlich bereits allein durch das zu Schuldspruchpunkt A) beschriebene Schmuggeln von 1.305,1 Gramm Kokain, beinhaltend eine reine Kokainbase von ca 690 Gramm, verwirklicht. Da § 28a Abs 4 Z 3 SMG eine besondere Art von Zusammenrechnungsgrundsatz - vergleichbar dem für wert- und schadensqualifizierte Delikte geltenden § 29 StGB - darstellt, liegt bei Hinzukommen weiterer ein- und ausgeführter Suchtgiftmengen laut Schuldspruchpunkt B) unabhängig von deren Reinheitsgehalt jeweils nur ein Verbrechen nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG vor. Das sich gegen die Annahme der - wie auch immer gearteten, rechtlich gleichwertigen - Beteiligung an der Ein- und Ausfuhr von Kokain zu Punkt B) des Schuldspruchs richtende Vorbringen vermag daher Nichtigkeit nicht zu begründen (RIS-Justiz RS0117464). Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt sich daher.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die (Teil-)Kassation zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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