Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht wies die am 13. 9. 2006 zur Post gegebene und beim (unzuständigen) Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht eingelangte Kündigungsanfechtungsklage als verspätet zurück. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge.
Die einwöchige (prozessuale) Frist des § 105 Abs 4 ArbVG endete unstrittig am 13. 9. 2006.
Gemäß § 169 ArbVG gelten für die Berechnung und den Lauf aller im ArbVG festgesetzten Fristen die Bestimmungen der §§ 32 und 33 AVG. Nach § 33 Abs 3 AVG werden die Tage des Postlaufs in die Frist nicht eingerechnet. Die Nichteinrechnung gilt aber nur insoweit, als es sich um einen Postlauf zur richtigen Stelle handelt, während der Postlauf zur unrichtigen Stelle in die Frist einzurechnen ist (A. Ritzberger-Moser in ZellKomm § 169 ArbVG Rz 2; dieselbe in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 169 Rz 3 mwN).
Die Rechtsmittelwerberin erachtet die Rechtsfrage als erheblich, ob die Einbringung einer Kündigungsanfechtungsklage beim unzuständigen Arbeits- und Sozialgericht trotz der Möglichkeit der Überweisung gemäß § 38 Abs 2 ASGG zur Klagezurückweisung zu führen habe, wenn die Klage nicht unter Mitzählung der Tage des Postlaufs innerhalb der Frist beim unzuständigen Arbeits- und Sozialgericht einlangte. In Wahrheit zeigt die Rechtsmittelwerberin damit aber keine Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO auf. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt nämlich dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn (wie hier) das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RIS-Justiz RS0042656). Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerberin hat sich an der Anwendbarkeit der Fristenbestimmungen des AVG auch durch die Zuordnung der Vollziehung des ArbVG vom Einigungsamt (Verwaltungsbehörde) zum Arbeits- und Sozialgericht nichts geändert (Ritzberger-Moser in Strasser/Jabornegg/Resch aaO Rz 1 mwN).
Darüber hinaus hat bereits das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass die Bestimmung des § 33 Abs 3 AVG inhaltlich § 89 Abs 1 GOG entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung ist aber für die Anwendung des § 89 Abs 1 GOG, wonach bei gesetzlichen oder richterlichen Fristen in bürgerlichen Rechtssachen die Tage des Postlaufs in die Frist nicht eingerechnet werden, (ebenfalls) Voraussetzung, dass das Schriftstück an das zuständige Gericht adressiert ist; ansonsten sind die Tage des Postlaufs einzurechnen (Buchegger in Fasching/Konecny² § 126 Rz 16 mwN; RIS-Justiz RS0041608). Der rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Bestimmung des § 38 Abs 2 ASGG für die hier vorliegende rechtliche Beurteilung zu keinem abweichenden Ergebnis führt, haftet ebenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung an. Dieser hat nämlich in der Entscheidung 10 Ob 171/94 ausdrücklich ausgesprochen, dass auch in Arbeits- und Sozialrechtssachen - abgesehen vom hier nicht relevanten Fall des § 35 Abs 8 ASGG - schriftliche Anträge immer direkt an das Prozessgericht zu richten sind und die Rechtzeitigkeit eines befristeten Antrags in einem solchen Fall nur gewahrt ist, wenn der Antrag innerhalb der Frist beim Prozessgericht einlangt. Im Übrigen gilt der mit der hier zu beurteilenden Regelung des § 33 Abs 3 AVG praktisch idente § 89 Abs 1 GOG nicht nur in Streitverfahren, sondern auch in Verfahren außer Streitsachen, in Exekutions-, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsverfahren (vgl Buchegger in Fasching/Konecny² § 126 ZPO Rz 16), also auch in Verfahrensarten, in denen nach § 44 JN ebenfalls eine amtswegige Überweisung vorgesehen ist.
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