Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günter S***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (II./1./) und des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (II./2./) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (I./), der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II./3./), des Diebstahls nach § 127 StGB (III./) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (IV./) schuldig erkannt. Danach hat Günter S***** in Leoben
I./ „zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Zeitraum 20. September 2002 bis 30. September 2002 Erika W***** durch die ihr gegenüber getätigte Äußerung „ich habe ein Messer und stech dich jetzt ab", wobei er ihr zur Bekräftigung ein Messer gegen den Hals hielt, mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;
II./ am 27. Mai 2007 Helmut T*****
1./ mit Gewalt, nämlich durch das Versetzen von Ohrfeigen und durch das Festhalten am Kragen und gleichzeitiges gewaltsames Zerren des am Boden liegenden Helmut T***** an einen uneinsichtigen Ort, diesen zur Duldung eines Anal- und anschließenden Oralverkehrs, sohin zur Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen genötigt;
2./ mit Gewalt, nämlich durch Festhalten und Zu- Boden-Stoßen bzw durch gewaltsames Aus-der-Tasche-ziehen eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Geldbörse mit dem darin befindlichen Geldbetrag von 30 Euro mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;
3./ durch die sinngemäße Äußerung, er werde ihn irgendwo erwischen, sollte er die Polizei verständigen, sohin durch gefährliche Drohung zur Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme davon, die Polizei zu verständigen bzw eine Anzeige zu erstatten zu nötigen versucht; III./ am 12. oder 13. August 2006 Hubert M***** und Andrea S***** ein schwarzes Ausweisetui aus Kunststoff sowie einen silberfarbenen Aluminiumwerkzeugkoffer mit der Aufschrift „Atlas-Copo", in welchem sich eine Oberfräse, zwei Holzkassetten mit je 16 Stück Fräsköpfen, ein Längsanschlag sowie zwei Schraubenschlüssel befunden haben, sohin fremde bewegliche Sachen in einem Wert von rund 350 Euro, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, aus dem unversperrten PKW Marke VW 70 T mit dem amtlichen Kennzeichen ***** weggenommen;
IV./ ab dem 12. oder 13. August 2006 zwei Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den Zulassungsschein für den PKW VW 70 T, mit dem behördlichen Kennzeichen ***** sowie jenen für den Anhänger mit dem behördlichen Kennzeichen ***** mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie von der Berechtigten Andrea S***** im Rechtsverkehr, nämlich bei Fahrten auf öffentlichen Straßen zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache, insbesondere zum Nachweis einer aufrechten Zulassung ihres PKWs und Anhängers, gebraucht werde."
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Schuldsprüche zu I./ und II./ richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die fehlschlägt.
Mit der Mängelrüge (Z 5 zweiter und vierter Fall) behauptet der Angeklagte Unvollständigkeit bzw eine unzureichende Auseinandersetzung des Erstgerichts mit dem Gutachten des Sachverständigen Prim. Dr. Wolfgang R*****, welches die Aussagen des Zeugen Helmut T***** zum Ablauf der Geschehnisse widerlege. Dabei verkennt er zunächst, dass ein Begründungsmangel nicht schon dann vorliegt, wenn das Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen und alle anderen Verfahrensergebnisse wiedergibt und daraufhin untersucht, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen oder sich nicht mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen Einwand im Voraus auseinandersetzt. Es genügt vielmehr, wenn im Urteil in gedrängter Form (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) die entscheidenden Tatsachen bezeichnet werden und schlüssig begründet wird, warum die Tatrichter von der Richtigkeit einer Annahme überzeugt sind, ohne dagegen sprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen (Fabrizy, StPO10 § 281 Rz 43). Entgegen den Behauptungen des Rechtsmittelwerbers, das Gutachten des proktologischen Sachverständigen sei übergangen bzw „mehr oder weniger auf die Seite geschoben" worden, hat sich das Erstgericht mit dessen Kalkül ebenso hinreichend auseinandergesetzt wie mit den Widersprüchlichkeiten in den Aussagen des Zeugen Helmut T***** (US 19, 20). Insgesamt verlässt der Angeklagte mit seiner Behauptung, der Zeuge hätte - von ihm verneinte - Verletzungen sowohl im Analbereich als auch an Händen und Füßen haben müssen, weswegen das Erstgericht dessen Aussagen insgesamt nicht hätte folgen dürfen, den Anfechtungsrahmen der Mängelrüge, indem er - nach Art einer Berufung wegen Schuld - bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter bekämpft. Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb dieser Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Insoweit sich der Angeklagte mit der Tatsachenrüge - das Vorbringen der Mängelrüge teils wiederholend - gegen die Schuldsprüche II./1./ bis 3./ wendet, ist ihm zu erwidern, dass das Schöffengericht unter ausführlicher Erörterung der aufgenommenen Beweise eingehend dargelegt hat, wie es zu den Feststellungen über das Tatgeschehen gelangte, wobei es sich auch mit den wechselnden Aussagen des Opfers auseinandersetzte. Die Widersprüche in dessen Konstatierungen umfänglich erörternde, sich teils in Spekulationen über unmaßgebliche Einzelheiten der Taten und deren Folgen (etwa die Reinigung der Kleidung des Opfers oder die Gültigkeit eines Ausweises) verlierende Beschwerde vermag beim Obersten Gerichtshof keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Gleiches gilt für die sich mit der Glaubwürdigkeit auch der Zeuginnen Erika W***** und Josefine B***** - deren Verhalten nach der Tat als „unverständlich" bzw „unvorstellbar" bezeichnet wird - auseinandersetzenden weiteren Tatsachenrüge zum Schuldspruch I./. Denn die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Person kann aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO - und auch aus Z 5 - nicht releviert werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431, 491; RIS-Justiz RS0106588, RS0099649).
Nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt ist schließlich auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a), weil sie die Urteilskonstatierungen (US 7) zur gefährlichen Drohung (I./) zum Nachteil der Erika W***** übergeht. Im Übrigen ist es nicht Tatbestandsvoraussetzung des § 107 Abs 1 StGB, dass die Drohung beim Bedrohten tatsächlich Besorgnis erregt (Jerabek in WK2 § 74 Rz 33, Schwaighofer in WK2 § 107 Rz 9). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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