Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Markus B***** wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er in B***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands, der auf einer geistig-seelischen Abartigkeit von höherem Grade beruhte (§ 11 StGB), nämlich einer impulsiven Persönlichkeitsstörung F 60.3 in Verbindung mit einer intellektuellen Grenzbegabung, Sophie N*****, die infolge tiefen Schlafes wehrlos war, unter Ausnützung dieses Zustandes dadurch missbraucht hat, dass er an ihr eine geschlechtliche Handlung vornahm, indem er mit seinem Finger dreimal in ihre Scheide eindrang, und weil er hierdurch eine Tat beging, die ihm - wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen - als Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB zuzurechnen gewesen wäre.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen; sie geht fehl.
Unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung vom 24. April 2008 gestellten Antrags auf Vernehmung der Zeugin Marie Therese A***** zum Beweis dafür, dass der Betroffene bereits am 21. Juli 2007 gegenüber der mit Manuel A***** verwandten Zeugin völlig ungezwungen den Vorfall im Detail schilderte und hier schon massiv die Täterschaft bestritt (S 277).
Entgegen dem vorgreifende Beweiswürdigung relevierenden Beschwerdevorbringen haben die Tatrichter in ihrem abweislichen Beschluss (S 280) zutreffend darauf verwiesen, dass Marie Therese A***** keine Tatzeugin war und eine ihr gegenüber getätigte detaillierte Schilderung des inkriminierten Vorfalls unter gleichzeitiger Bestreitung des Tatvorwurfs die Tathandlungen keineswegs auszuschließen vermag.
Die Abweisung des Antrags auf „Vernehmung der Zeugin Marianne B***** (richtig wohl: Anna Maria B*****; siehe S 31) zum Beweis dafür, dass der Betroffene über seine wesentlichen Beschuldigtenrechte nicht belehrt wurde, dass die vernehmende Beamtin bereits zu Beginn der Einvernahme von der Täterschaft des B***** überzeugt war und sich dahingehend geäußert hat und im Hinblick auf die geistige Behinderung des Betroffenen wäre während der gesamten Einvernahme jedenfalls eine Vertrauensperson beizuziehen gewesen, sodass das vorliegende Geständnis keine Aussagekraft oder Beweiskraft in Anspruch nehmen kann" (S 278), erfolgte ebenfalls zutreffend.
Die Behauptung, die den Betroffenen vernehmende Polizeibeamtin wäre von Anfang an von dessen Täterschaft überzeugt gewesen und hätte dies auch geäußert, ist ohne Bedeutung, weil diese Frage keine entscheidende Tatsache betrifft.
Die Beweiskraft der über Wunsch des Betroffenen teilweise, nämlich während der konkreten Beschreibung der Missbrauchshandlungen (S 17), in Abwesenheit der Mutter als Vertrauensperson erfolgten Verantwortung ist ausschließlich Gegenstand freier richterlicher Beweiswürdigung. Ob der „gesamten Einvernahme jedenfalls eine Vertrauensperson beizuziehen gewesen wäre" und ob die aufgenommene Niederschrift verwertbar sei, wurde von den Tatrichtern zutreffend als ausschließlich von ihnen zu lösende Rechtsfrage eingestuft. Die zu diesen Beweisanträgen nachgetragenen, sich im Übrigen in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung erschöpfenden Erwägungen, wonach die Einvernahme der Zeuginnen Marie-Therese A***** und „Marianne" B***** den Beweiswert des vom Beschwerdeführer vor der Polizei abgelegten Geständnisses erheblich erschüttern hätten können, sind schon deshalb unbeachtlich, weil der Oberste Gerichtshof die Berechtigung eines Antrags stets auf den Zeitpunkt seiner Stellung bezogen prüft. Jedes davon abweichende ergänzende Vorbringen im Rechtsmittel ist somit unzulässig (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325). Mit der Behauptung der Mängelrüge (Z 5), die Ermittlungsbehörde habe entgegen ihrem gesetzlichen Auftrag nach Anzeigeerstattung nicht unverzüglich Tatortspuren wie zB Fußabdruckspuren im Zeltbereich bzw DNA im Inneren des Zeltes gesichert, bringt die Beschwerde weder einen Begründungsmangel noch einen sonstigen Nichtigkeitsgrund zur Darstellung.
Außerdem wird das Vorhandensein von verwertbaren Fußabdrücken im Bereich des Tatortes lediglich spekulativ behauptet; im Akteninhalt findet es ebenso wenig Deckung wie die Mutmaßung, nach Anzeigeerstattung wären im Zelt noch DNA-Spuren des Täters sicherbar gewesen.
Soweit der Beschwerdeführer der Sache nach unter dem Aspekt einer Aufklärungsrüge (Z 5a) den Vorwurf unterlassener Überprüfung des genauen Aufenthalts des Manuel A***** in der Nacht vom 20. zum 21. Juli 2007 erhebt, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen, wodurch der Angeklagte selbst an einem entsprechenden Antrag auf Ausforschung und Vernehmung jener Jugendlichen, bei denen sich Manuel A***** im fraglichen Zeitraum aufgehalten haben will, gehindert war (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).
Das Thema des Zeugenbeweises stellen nicht Schlussfolgerungen oder sonstige Meinungen, sondern nur sinnliche Wahrnehmungen dar (WK-StPO § 281 Rz 352). Dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider konnte eine Erörterung der Aussage des Zeugen Michael H*****, wonach dieser nicht glaube, dass das schlafende Opfer sagen könne, ob die Hand des Täters „fett oder haarig" gewesen sei, somit unterbleiben.
Als verfehlt erweist sich auch die Kritik, die Aussage der Zeugin Sophie N*****, Manuel A***** hätte ohne Information über den Tatvorwurf gesagt, „dass er es nicht war, sondern sein Freund Markus B*****", sei unerörtert geblieben (Z 5 zweiter Fall). In Anbetracht des Auftretens des Michael H*****, der dem daraufhin total perplexen Manuel A***** (Zeugin N*****, S 197) zwei Ohrfeigen versetzte, stellt dessen Reaktion auf einen offenkundig, wenngleich bloß nonverbal erhobenen Vorwurf jedenfalls keine erhebliche - weil die Täterschaft des Betroffenen nicht ausschließende - Tatsache dar. Der Vorwurf, die Tatrichter hätten nicht erörtert, wie der Betroffene bei Dunkelheit wissen hätte können, „in welcher Position sich die Zeugin N***** im Zelt befindet" und wie er es geschafft hatte, ihr „zielgerichtet mit seiner Hand dreimal in den Scheidenbereich zu fahren", zeigt keine Unvollständigkeit auf, sondern erweist sich als - im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige - Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 5 vierter Fall), vermisst eine Begründung der subjektiven Tatseite, weil diese lediglich auf „eine lebensnahe Betrachtung des äußeren Tatgeschehens" gestützt worden sei. Weshalb eine solche Schlussfolgerung - unter Berücksichtigung des mit ca 1:30 Uhr in der Nacht festgestellten Tatzeitpunkts - angesichts des mehrfachen Eindringens der Finger in die Scheide des Opfers den für die Tatverwirklichung ausreichenden, zumindest bedingten Vorsatz, eine wegen tiefen Schlafes wehrlose Frau sexuell zu missbrauchen, nicht hinreichend begründen sollte, legt der Beschwerdeführer hingegen nicht dar.
Die vermissten Feststellungen zur Wehrlosigkeit des Opfers infolge tiefen Schlafes bzw Schlaftrunkenheit (vgl Schick in WK2 § 205 RN 7) finden sich auf US 5 und 7 iVm US 2.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
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