OGH 13Os166/08y

OGH13Os166/08y17.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gebert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard Sch***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz B***** sowie über die Berufungen des Gerhard Sch***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 2. Juni 2008, GZ 35 Hv 22/05t-121, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Franz B***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Gerhard S***** enthält, wurde Franz B***** im zweiten Rechtsgang des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 (zu ergänzen: dritter Fall), 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (II/A) sowie des Vergehens der Bestechung nach § 307 Abs 1 Z 1 StGB (zu ergänzen: idF vor BGBl I 2007/[richtig:]109; vgl US 62, 63; II/C) schuldig erkannt.

Danach hat er in St. P*****

II/A im Wissen um dessen zumindest vorsätzlichen Befugnismissbrauch und mit auf den Eintritt eines 50.000 Euro übersteigenden Schadens gerichtetem Vorsatz (US 18 f, 27 f, 47 f) dazu beigetragen, dass Gerhard S***** die ihm in seiner Eigenschaft als Leiter der Gebäudeverwaltung des Zentralklinikums St. P***** durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen des Krankenhausträgers im Umfang von bis zu 3.600 Euro je Rechnung (vgl US 27) zu verfügen, dadurch wissentlich missbraucht und dem Krankenhausträger einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt hat, dass er im Zeitraum von 1998 bis 2004 Rechnungen, denen keine Leistungen an das Krankenhaus zugrunde lagen, zur Begleichung durch die Buchhaltung „freigab", indem er ihm nachfolgende Rechnungen vorlegte, und zwar

1. eine Rechnung nicht genannten Datums des Unternehmens B***** in der Höhe von 2.481 Euro;

2. „seit dem Jahr 1998 bis Ende 2004 insgesamt 65 Rechnungen" des Unternehmens B***** in der Gesamthöhe von 91.074,99 Euro;

3. eine ungenannt gebliebene Zahl von Rechnungen nicht genannten Datums des Unternehmens B***** für „Servicearbeiten an den Fenstern der Schwesternschule und des L***** 1" in der Gesamthöhe von 46.723,46 Euro;

4. eine ungenannt gebliebene Zahl von Rechnungen der G***** KEG in der Gesamthöhe von 44.659,50 Euro;

C. Gerhard Sch***** „im Zeitraum 1999 bis 2004" als Leiter der Gebäudeverwaltung des Zentralklinikums St. P*****, mithin einem Beamten, für pflichtwidrige Auftragserteilung ohne Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung und Prüfung der Bestbietereigenschaft 10.000 Euro bezahlt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Franz B***** verfehlt ihr Ziel. Die pauschal zu II/A/2 und 3 ergriffene Mängelrüge nimmt weitgehend nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (US 24-45) Maß und verfehlt insoweit den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394).

Keine entscheidende Tatsache spricht die Beschwerde mit der Behauptung an, eine in der Hauptverhandlung vom 31. Jänner 2008 vorgelegte Rechnung der N***** GmbH für im Bereich der Schwesternschule und des Hauptgebäudes geleistete Servicearbeiten (in Höhe von 60.000 S [entsprechend 4.360,37 Euro], Beilage 1./ zu ON

111) sowie die Aussagen des Zeugen Christian L***** stünden in „erheblichem Widerspruch" zur Urteilsannahme, wonach Beauftragte des Beschwerdeführers niemals bei Fensterservicearbeiten in der Schwesternschule beaufsichtigt oder kontrolliert wurden. Der Angeklagte wurde nämlich zu II/A einer unbestimmten Anzahl gleichartiger, zu einer Subsumtionseinheit zusammengefasster, dem Verbrechen der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB subsumierter Taten schuldig erkannt (sogenannte gleichartige Verbrechensmenge, vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 21, 33, 291 f), wobei ihm zu II/A/3 die Vorlage einer nicht näher genannten Zahl von sowohl die Schwesternschule im Haupthaus als auch das - außerhalb des Krankenhausareals gelegene (US 7) - L***** 1 betreffender Scheinrechnungen zur Last gelegt wurde. Inwiefern der mit dem Einwand der Sache nach angestrebte Wegfall bloß mit der Schwesternschule im Zusammenhang stehender Fakturen, mit anderen Worten eine Reduktion der Anzahl der Tathandlungen oder der Schadensumme zum Schuldspruch A/II/3, den Freispruch des Beschwerdeführers „vom gegenständlichen Anklagefaktum" bewirken sollte, erklärt die Rüge nicht. Warum die diesbezügliche Schadenshöhe mit Blick auf die bereits zu II/A/1, 2 und 4 mehrfach überschrittene Qualifikationsgrenze des § 153 Abs 2 zweiter Fall StGB für die Subsumtion entscheidend sein sollte (vgl § 29 StGB), lässt sie ebenso wenig erkennen. Der Umstand kann jedoch - ohne Hinderung durch ein Neuerungsverbot - als Berufungsgrund geltend gemacht werden (Ratz, WK-StPO § 295 Rz 16).

Entgegen den - sich weitgehend in wörtlicher Wiederholung schon im ersten Rechtsgang erstatteten Rechtsmittelvorbringens erschöpfenden - Behauptungen des Beschwerdeführers geben die Entscheidungsgründe erneut ausführlich darüber Auskunft, warum den Zeugen B*****, F*****, We***** und W***** der Glaube versagt wurde (vgl US 36 ff). Indem die Beschwerde unsubstantiiert auf - in der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen erörterte (US 28-45) - Angaben im Krankenhaus tätiger Arbeitnehmer verweist, die fallweise Leistungserbringung durch das Unternehmen B***** bestätigten, und gleichzeitig den Beweiswert belastender Zeugenaussagen in Abrede stellt (BS 4 ff und - in Betreff des Zeugen E***** - BS 6), bekämpft sie bloß unzulässig die Beweiswürdigung.

Weshalb der Umstand, dass Rechnungen über die Montage von Taubengittern „nicht unter Anklage gebracht wurden" (BS 5 f), Unglaubwürdigkeit der Aussagen zu den anklagegegenständlichen Vorfällen vernommener Krankenschwestern nach sich ziehen sollte, wird zudem nicht klar.

Aus welchen Gründen die Tatrichter die - umfassend gegen andere Beweismittel abgewogenen und im Kontext mit den Depositionen der oben angesprochenen Subunternehmer gewürdigten - Aussagen der Zeugen Christian L***** und Andreas H***** für nicht geeignet ansahen, den Beschwerdeführer zu entlasten, wurde umfassend dargelegt (US 40 f). Mit dem Einwand, diese Angaben seien „nicht ausreichend" berücksichtigt worden, und daran anschließender eigenständiger Beweiswürdigung begibt sich die Beschwerde erneut auf die Ebene einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Entgegen der Beschwerdebehauptung ist dem Urteil gar wohl zu entnehmen, woraus das Erstgericht die für die Subsumtion entscheidende Schadenshöhe zum Schuldspruch II/A/2 (91.074,99 Euro) ableitete (US 25 iVm US 28 ff). Warum die Annahme eines 26.176,30 Euro übersteigenden Schadens zu II/A/3 trotz der von § 29 StGB angeordneten Zusammenrechnung von Bedeutung sein sollte, wird erneut nicht dargelegt. Die Vorlage von Rechnungen in Zusammenhang mit „L***** II" und „L***** III" wurde dem Beschwerdeführer im Übrigen gar nicht angelastet (US 7 iVm US 35).

Dass den von Franz B***** für „Insektenvernichtung" gelegten Fakturen (II/A/4) teilweise tatsächlich Leistungen zugrunde lagen, wurde ohnehin als erwiesen angesehen (US 46, 47). Weshalb eben darauf hinweisende Aussagen der Zeugin S***** im Zusammenhang mit den von der Mängelrüge bekämpften Schuldsprüchen II/A/2 und 3 einer Erörterung bedurft hätten, ist nicht nachvollziehbar. Wie schon im ersten Rechtsgang gingen die Tatrichter erneut davon aus, dass Beauftragte des Franz B***** im Bereich des Krankenhauses Servicearbeiten durchführten, weshalb der - keineswegs mit Stillschweigen übergangene (US 30) - Umstand, dass ein Fahrzeug seines Unternehmens auf dem Krankenhausgelände fotografiert wurde (S 243/IV), auch diesmal nicht im Widerspruch zu den die beiden Schuldsprüche tragenden Feststellungen steht. Der Kritik an der Unterlassung näheren Hinterfragens des Zusammenhangs der Abbildung mit der Verrichtung von Servicearbeiten (der Sache nach Z 5a) aber mangelt es an einem Hinweis darauf, dass der Angeklagte an sachgerechter Antrags- oder Fragestellung gehindert war (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).

Mit der unsubstantiierten Forderung, die Tatrichter hätten aus den - im Urteil ausführlich erörterten (US 32) - indifferenten Angaben der Zeugin Brigitte G***** entsprechend dem Zweifelsgrundsatz zu für den Angeklagten günstigeren Schlüssen gelangen müssen, wird ein aus Z 5 beachtlicher Mangel nicht aufgezeigt.

Dass die mit dem Hinweis auf die beiden zuletzt angesprochenen Beweisergebnisse angestrebte Reduktion der Schadenshöhe zum Schuldspruch II/A/2 (um die Rechnungssummen der für Arbeiten im Pavillon IV und für Serviceleistungen an 33 Fenstern der Kinderabteilung ausgestellten Fakturen) die Subsumtion der Taten unter § 153 Abs 2 zweiter Fall StGB berühren würde, wird im Übrigen - zu Recht - gar nicht behauptet.

Der - auf Basis spekulativer Annahmen und eigener Beweiswerterwägungen entwickelte - Einwand, das Erstgericht hätte den Angaben des Zeugen F***** zu Wahrnehmungen über Absprachen zwischen den vernommenen Krankenschwestern den Glauben nicht versagen dürfen, erschöpft sich in unzulässiger Kritik an der - gegenteiligen - Beweiswürdigung des erkennenden Schöffengerichts (US 43). Die Feststellungen zum Wissen um den zumindest vorsätzlichen Befugnismissbrauch des Erstangeklagten hat das Erstgericht aus dem objektiven Verhalten des Beschwerdeführers abgeleitet (US 45, 51), was aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden und bei leugnenden Angeklagten in der Regel methodisch gar nicht zu ersetzen ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht mit ihrer - in Betreff des Schuldspruchs wegen des Verbrechens der Untreue übrigens teilweise im Widerspruch zum Vorbringen der Mängelrüge stehenden - Behauptung fehlender Feststellungen zur inneren Tatseite beider dem Angeklagten angelasteten Straftaten nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe aus (vgl US 18 f, 27 f, 47 f, 58 f), womit sie den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt verfehlt (RIS-Justiz RS0099810). Welche über die vom Erstgericht - im Übrigen zureichend (vgl zu §§ 153, 12 StGB: Kirchbacher/Presslauer in WK² [2006] § 153 Rz 44) - getroffenen Konstatierungen hinausgehenden Feststellungen zur rechtsrichtigen Subsumtion erforderlich gewesen wären, lässt sie nicht erkennen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO). Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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