OGH 9Nc22/08x

OGH9Nc22/08x28.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Johannes T*****, vertreten durch Plankel, Mayrhofer & Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die Beklagte A***** GmbH, *****, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Rechnungslegung und Zahlung (Gesamtstreitwert 18.110 EUR), über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Text

Begründung

Der im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz wohnhafte Kläger begehrte mit seiner beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage Rechnungslegung und Bezahlung der sich aus der Rechnungslegung ergebenden Provisionen aufgrund eines Angestellten- bzw arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses zur Beklagten. Ein Beweisverfahren durch Einvernahme von Zeugen oder Parteien wurde bisher nicht durchgeführt, vielmehr wurden nur Urkunden eingesehen und ein in Wien wohnhafter Prokurist der Beklagten informativ befragt.

Nunmehr beantragte der Kläger die Delegierung des Verfahrens gemäß § 31 JN an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht. Während nur fünf der bisher namhaft gemachten Zeugen einen näheren Anreiseweg nach Wien haben, seien elf weitere Zeugen und der als Partei zu vernehmende Kläger im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz ansässig. Die Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz führe daher zu einer wesentlichen Verkürzung und Verbilligung des Verfahrens.

Die Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus. Nachträglich entstandene Gründe für die Delegierung seien nicht gegeben. Der Kläger habe auch ein anderes Verfahren gegen die Beklagte vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien laufen. Offensichtlich habe der Antrag des Klägers mit der vorsitzenden Richterin des angerufenen Gerichts zu tun. Die Delegierung liege daher nur im Interesse des Klägers. Beim angerufenen Gericht seien zahlreiche ähnlich gelagerte Fälle anhängig, sodass im Falle der Führung auch dieses Verfahren durch das angerufene Gericht eine erhebliche Verfahrenserleichterung zu erwarten sei.

Das Erstgericht sprach sich für eine Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass die Unterstellung der Beklagten, der Kläger wolle offensichtlich der vorsitzenden Richterin „ausweichen", jedweder Tatsachengrundlage entbehrt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Richtig ist, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; zuletzt 9 Nc 27/07f).

Davon ist aber hier auszugehen.

Zunächst ist zu beachten, dass elf Zeugen und der Kläger ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz haben. Nur vier Zeugen aus Wien und eine Zeugin aus Brunn am Gebirge haben es näher zum Arbeits- und Sozialgericht Wien. Insgesamt ergibt sich daher - wie die nähere Überprüfung zeigt - durch die beantragte Delegierung eine bedeutende Reduzierung der von den Zeugen zurückzulegenden Strecken und eine erhebliche Reduzierung der von ihnen in Kauf zu nehmenden Wegzeiten.

Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit. Dies wird durch die beantragte Delegierung des Verfahrens erreicht, zumal das angerufene Gericht mit der Aufnahme von Zeugen- und Parteibeweisen noch nicht begonnen hat.

Es gibt keinen Grundsatz, dass nicht mehr delegiert werden dürfte, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 11/07b; 8 NdA 1/98). Maßgeblich ist vielmehr gemäß § 31 JN ausschließlich die Zweckmäßigkeit, die hier eindeutig gegeben ist.

Stichworte