Spruch:
Michael B***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
In dem seit 11. Oktober 2000 anhängigen Strafverfahren wurde mit Beschluss des Untersuchungsrichters des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29. Mai 2000 die Voruntersuchung gegen Michael B***** wegen „§§ 146 ff StGB" eingeleitet und ein Haftbefehl erlassen (ON 22/I). Zugleich erfolgte dessen Ausschreibung zur Verhaftung (ON 23/I). Über den am 6. Juli 2007 festgenommenen Michael B***** verhängte der Untersuchungsrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien am 8. Juli 2007 die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund des § 180 Abs 2 Z 1 StPO aF (ON 37). In der Folge verhängten der Untersuchungsrichter bzw der Einzelrichter des Landesgerichts im Ermittlungsverfahren gestützt auf die Haftgründe der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a und b StPO aF und ab 2008 nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit a und b StPO mehrfach Beschlüsse auf Haftfortsetzung.
Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung gab das Oberlandesgericht Wien einer Beschwerde Michael B*****s (ON 613/XLVI) gegen die vom Erstgericht am 25. August 2008 beschlossene Fortsetzung der Untersuchungshaft (ON 611/XLVI) nicht Folge und setzte diese aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a und lit b StPO fort.
Danach ist Michael B***** dringend verdächtig, er habe in den Vereinigten Staaten von Amerika als Direktor des Manhatten Investment Fund Ltd, eines auf den British Virgin Islands eingetragenen, seit etwa August 1995 bestehenden, fortlaufend Verluste erleidenden Hedgefonds, sowie der Manhattan Capital Management Inc beginnend ab September 1996 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zahlreiche Investoren unter anderem durch Erstellung von einen überhöhten Wert des Hedgefonds widerspiegelnden Unterlagen sowie durch falsche Jahresabschlüsse, somit durch Täuschung über Tatsachen, nämlich Verschleierung von tatsächlich hohen Verlusten des Hedgefonds, zu Handlungen, nämlich Einzahlungen in diesen verleitet, die die Käufer um mehr als 400 Mio US-$ am Vermögen schädigten, wobei er die schweren Betrugshandlungen jeweils in der Absicht begangen haben soll, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Zum Haftgrund der Fluchtgefahr verwies das Oberlandesgericht auf das Nichterscheinen des Beschwerdeführers zu einer Verhandlung zwecks Straffestsetzung in den USA, wodurch er sich trotz erlegter Kaution in Höhe von 100.000 US-$ dem Verfahren entzog, weiters auf das trotz erlassenen Haftbefehls erfolgreiche mehrjährige Verbergen im Inland sowie auf das Geständnis, eine ordnungsgemäße Meldung in Österreich unterlassen zu haben, „um Dritten keine Schwierigkeiten zu machen". Die Tatbegehungsgefahr erachtete das Oberlandesgericht trotz Schließung des Hedgefonds im Jahr 2000 infolge der angelasteten jahrelangen und gewerbsmäßig schweren Betrugshandlungen, des Schadensbetrags von mehr als 400 Mio US-$ und der schlechten finanziellen Lage des von Zuwendungen von Verwandten lebenden Rechtsmittelwerbers als gegeben.
Diese Haftgründe erachtete das Rechtsmittelgericht als nicht substituierbar. Die bislang vierzehn-monatige Dauer der Untersuchungshaft sei überdies weder zur Bedeutung der den Beschuldigten angelasteten massiven Betrugshandlungen noch zu der im Fall einer Verurteilung zu gewärtigenden empfindlichen Sanktion unverhältnismäßig. Im Übrigen sei das Ermittlungsverfahren angesichts der komplexen, durch zahlreiche Rechtshilfeersuchen gekennzeichneten Untersuchung bislang verzögerungsfrei geführt worden.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Dem Standpunkt des Beschwerdeführers zuwider zog das Oberlandesgericht Wien zu Recht den Security Exchange Act (U.S. Code Title 15 Chapter 2b § 78j) als Vergleichsnorm zur Bestimmung der Gesamtauswirkungen iSd § 65 Abs 2 StGB (und damit auch für die gemäß § 178 Abs 1 Z 2 StPO zu beachtenden Grenzen) heran. Denn das Vorbringen, dass diese in den Vereinigten Staaten fallbezogen anzuwendende Strafnorm keine Bereicherungstendenz voraussetzt, also von den Tatbestandsvoraussetzungen sogar weniger fordert, als der nach österreichischer Rechtslage nach der Verdachtslage heranzuziehende gewerbsmäßig schwere Betrug nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB, vermag an der Anwendbarkeit der im Fall einer Verurteilung strafbestimmenden Qualifikation der §§ 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und damit an der maßgeblichen Strafobergrenze nichts zu ändern.
Soweit der Beschwerdeführer die iSd § 65 Abs 2 StGB iVm § 178 Abs 1 Z 2 StPO maßgebliche Strafobergrenze aus einem in den Vereinigten Staaten abgeschlossenen plea agreement ableitet, ist ihm fallbezogen bereits entgegenzuhalten, dass die erwähnte Parteienvereinbarung ua festlegt, dass das Gericht an sie - auch hinsichtlich des Strafrahmens - nicht gebunden ist (vgl S 23/XLVI bzw S 153/XLVI). Die Einwände zur vom Beschwerdegericht angenommenen dringenden Verdachtslage übergehen die vom Oberlandesgericht Wien dargestellten Erwägungen zur vorgebrachten fehlenden Manipulation der Finanzberichte (BS 5 f), zur Argumentation betreffend ein angeblich falsches Geständnis (BS 6 f) und zur einen fehlenden Bereicherungsvorsatz und das Nichtvorliegen gewerbsmäßigen Handelns behauptenden Einlassung des Beschwerdeführers (BS 7 f). Mit Spekulationen des Beschuldigten über künftige Entwicklungen bei einem allfälligen Weiterbestehen der Hedgefonds musste sich hingegen das Beschwerdegericht nicht weiter auseinandersetzen, zumal sich diese fiktiven Überlegungen auf Zeitpunkte nach Schadenseintritt beziehen.
Die Argumentation, wonach dem Beschleunigungsgebot jetzt bereits widersprochen würde, weil das erst zu erstellende Gutachten nach Auffassung des Beschwerdeführers erst nach Ablauf der maximalen Untersuchungshaftdauer von zwei Jahren fertiggestellt werden könnte, bezieht sich auf keine aktuelle Verletzung des Gebots rascher Verfahrensführung gemäß § 9 StPO.
Die Einwände einer unverhältnismäßigen Haftdauer orientieren sich an einer Strafenprognose nach amerikanischem Recht. Insoweit ist auf die Ausführungen zu der iSd § 65 Abs 2 StGB anzuwendenden Strafobergrenze der §§ 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB zu verweisen. Zum Haftgrund der Fluchtgefahr erschöpft sich das Vorbringen in einer Prognose, dass das für die Erstellung eines Verfolgungsantrags notwendige Gutachten jedenfalls erst nach 2 Jahre andauernder Haft werde erstellt werden können. Damit bringt der Beschwerdeführer keine Kritik an den umfangreichen Ausführungen des Oberlandesgerichts zum angenommenen Haftgrund der Fluchtgefahr zum Ausdruck. Ein Eingehen auf das Vorbringen zum Haftgrund der Tatbegehungsgefahr erübrigt sich, weil bei gegebenem dringenden Tatverdacht bereits ein Haftgrund die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft rechtfertigt (vgl RIS-Justiz RS0061196).
Somit wurde der Beschuldigte im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.
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