OGH 10Nc18/08s

OGH10Nc18/08s22.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Putz & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei „D*****" Verwaltungs- und Betriebs GmbH, *****, vertreten durch Proksch & Fritzsche Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Widerruf der Inanspruchnahme einer Bankgarantie (20.000 EUR), über den Delegierungsantrag beider Parteien den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Delegierungsantrag wird stattgegeben.

Anstelle des Landesgerichts Leoben wird das Handelsgericht Wien zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt.

Text

Begründung

Mit ihrer am 26. 11. 2007 beim Landesgericht Leoben eingebrachten Klage begehrt die klagende Partei, die beklagte Partei zu verpflichten, die mit Schreiben vom 23. 11. 2007 vorgenommene Inanspruchnahme einer Bankgarantie zu widerrufen. Mit einstweiliger Verfügung vom 27. 11. 2007 hat das Landesgericht Leoben der beklagten Partei jede weitere Verfügung für die Bankgarantie verboten und der Ausstellerbank aufgetragen, den abgerufenen Betrag nicht auszuzahlen. Nach der vorbereitenden Tagsatzung (10. 3. 2008, ON 12) beantragten beide Seiten (unter Hinweis vor allem auf den Kanzleisitz beider Parteienvertreter) einvernehmlich die Delegierung der Rechtssache an das Handelsgericht Wien.

Das Landesgericht Leoben legte den Akt mit einer befürwortenden Stellungnahme dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor. Abgesehen vom Kanzleisitz beider Parteienvertreter sei auch ein „Vorprozess" an das Handelsgericht Wien delegiert worden; weiters hätten auch zwei Zeugen ihren Wohnsitz in Wien.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist berechtigt.

Eine Delegierung nach § 31 JN kommt nur in Betracht, wenn klare und überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen (Ballon in Fasching2 I § 31 JN Rz 6 f mwN). Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, einer Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit oder zu einer Kostenverringerung beiträgt (RIS-Justiz RS0046333).

Für die Zweckmäßigkeit der Zuweisung einer Rechtssache an ein anderes Gericht ist vor allem der Wohnsitz der Parteien und der namhaft gemachten Zeugen maßgeblich. Dem Kanzleisitz eines Parteienvertreters kommt dabei keine Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0046540; RS0065225). Besteht Einvernehmen der Parteien, ist an die zutreffende Ermessensentscheidung kein allzu strenger Maßstab anzulegen (Mayr in Rechberger3 § 31 JN Rz 4 mwN). Von den drei von der klagenden Partei beantragten Zeugen haben zwei ihren Wohnsitz in Wien; der dritte Zeuge soll von der Adresse der klagenden Partei in Deutschland geladen werden. Der von der beklagten Partei beantragte Zeuge wohnt in der Nähe von Wien. Insgesamt haben die Zeugen wesentlich günstigere Anreisewege zum Handelsgericht Wien. Die für eine Zweckmäßigkeit der Delegierung sprechenden Umstände überwiegen daher deutlich.

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