OGH 7Ob146/08h

OGH7Ob146/08h22.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei H***** AG, *****, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 143.250,47 EUR (sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 5. Mai 2008, GZ 2 R 201/07b-24, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 22. August 2007, GZ 3 Cg 114/06d-20, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin schloss mit der Beklagten einen Haftpflichtversicherungsvertrag, der das „Betriebsstätten- und konventionelle Produktehaftpflichtrisiko" umfasste, das im Vertrag wie folgt umschrieben wurde:

„Versichert gilt nach Maßgabe der diesem Vertrag zugrundeliegenden Vereinbarungen die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus allen Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und Tätigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem nachstehenden Unternehmenscharakter ergeben:

Planung, Fertigung und Montage von Kühlmöbeln aller Art für den gewerblichen Bereich im In- und Ausland, Erzeugung von kühltechnischen Anlagen und Kühlzellen, Herstellung von Kühlraumtüren unter Verwendung von unterschiedlichen Materialien, Ladenbau und Ausstattung von Tankstellen-Shops, Lebensmittelmärkten etc sowie zugehöriges Projektmanagement und Ablaufkoordination, Reparatur, Wartung und Servisierung sämtlicher vorgenannter Bereiche, Handel mit sämtlichen Ersatzteilen und Zubehör, samt Hilfs- und Nebenbetrieben". Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 1993 und EHVB 1993) zugrunde. Es wurde „Deckungskontinuität" vereinbart. Danach hatte die Beklagte die Klägerin so zu stellen, wie wenn die Verträge bei den jeweiligen Vorversicherern fortgeführt worden wären, sofern die Deckungen dieses Vertrags auch im Vorvertrag enthalten waren. Der Haftpflichtversicherungsvertrag begann am 15. 3. 2000 und endete am 31. 12. 2001.

Die AHVB 1993 lauten auszugsweise:

„Artikel 1

Versicherungsfall und Versicherungsschutz

1. Versicherungsfall

1.1 Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Pkt. 2) erwachsen oder erwachsen könnten.

1.2 Serienschaden

Mehrere, auf derselben Ursache beruhende Schadenereignisse gelten als ein Versicherungsfall. Ferner gelten als ein Versicherungsfall Schadenereignisse, die auf gleichartigen Ursachen beruhen, wenn zwischen diesen Ursachen ein rechtlicher, wirtschaftlicher oder technischer Zusammenhang besteht.

[...]

Artikel 4

Zeitlicher Geltungsbereich des Versicherungsschutzes

1. Die Versicherung erstreckt sich auf Schadenereignisse, die während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes (Laufzeit des Versicherungsvertrages unter Beachtung der §§ 38 und 39 VersVG) eingetreten sind.

Schadenereignisse, die während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes eingetreten sind, deren Ursache jedoch in die Zeit vor Abschluss des Versicherungsvertrages fällt, sind nur gedeckt, wenn dem Versicherungsnehmer oder dem Versicherten bis zum Abschluss des Versicherungsvertrages von der Ursache, die zu dem Schadenereignis geführt hat, nichts bekannt war.

2. Ein Serienschaden gilt als in dem Zeitpunkt eingetreten, in dem das erste Schadenereignis der Serie eingetreten ist, wobei der zum Zeitpunkt des ersten Schadenereignisses vereinbarte Umfang des Versicherungsschutzes maßgebend ist.

[...]

Artikel 7

Ausschlüsse vom Versicherungsschutz

1. Unter die Versicherung gemäß Art 1 fallen insbesondere nicht

1.1 Ansprüche aus Gewährleistung für Mängel;

[...]

Artikel 8

Obliegenheiten; Vollmacht des Versicherers

1. Obliegenheiten

Als Obliegenheiten, deren Verletzung die Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß § 6 VersVG bewirkt, werden bestimmt:

[...]

1.3 Er [der Versicherungsnehmer] hat den Versicherer umfassend und unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab Kenntnis, zu informieren und zwar schriftlich, falls erforderlich auch fernmündlich oder fernschriftlich.

Insbesondere sind anzuzeigen:

1.3.1 der Versicherungsfall;

1.3.2 die Geltendmachung einer Schadenersatzforderung;

[...]"

Die EHVB 1993 lauten auszugsweise:

Abschnitt A:

Allgemeine Regelungen für alle Betriebsrisken

[...]

2. Produktehaftpflichtrisiko

Das Produktehaftpflichtrisiko ist nach Maßgabe der AHVB und EHVB sowie insbesondere der nachstehend angeführten Bedingungen wie folgt mitversichert:

1. Begriffsbestimmungen

Das Produktehaftpflichtrisiko ist die Gesamtheit der gesetzlichen Haftungstatbestände für Schäden, die durch Mängel eines Produktes nach Lieferung oder durch Mängel einer geleisteten Arbeit nach Übergabe verursacht werden.

Der Mangel kann insbesondere auf Konzeption, Planung, Herstellung, Bearbeitung, Reparatur, Lagerung, Lieferung (auch Fehllieferung), Gebrauchsanweisung, Werbung oder Beratung zurückzuführen sein. Als Produkte gelten alle körperlichen Sachen oder Teile von solchen, die als Handelsware in Betracht kommen, samt Zubehör und Verpackung. Die Lieferung ist die tatsächliche Übergabe des Produktes durch den Versicherten an einen Dritten, ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund. Sie gilt als erfolgt, wenn der Versicherte die tatsächliche Verfügungsgewalt verliert, das heißt die Möglichkeit, einen Einfluss auf das Produkt oder seine Verwendung auszuüben.

[...]

4. Versicherungsschutz aufgrund besonderer Vereinbarung

4.1 Nur aufgrund besonderer Vereinbarung erstreckt sich der Versicherungsschutz abweichend von Art 1 AHVB auf gesetzliche Schadenersatzverpflichtungen, die aus Mängeln eines Produkts nach Lieferung oder aus Mängeln einer geleisteten Arbeit nach Übergabe resultieren, soweit es sich handelt um

4.1.1 Schäden Dritter infolge Mangelhaftigkeit von Sachen, die erst durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung von durch den Versicherungsnehmer gelieferten Produkten mit anderen Produkten entstehen, und zwar [...]

[...]

4.1.1.4 wegen Aufwendungen, die zusätzlich wegen einer rechtlich notwendigen oder wirtschaftlich angemessenen Nachbesserung des Endprodukts oder einer anderen Schadensbeseitigung entstanden sind.

[...]

[...]

4.1.2 Schäden, welche Dritten aus der Weiterbearbeitung oder Weiterverarbeitung mangelhafter durch den Versicherungsnehmer gelieferter Produkte entstehen, ohne dass eine Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung mit anderen Produkten stattfand, und zwar [...]

4.1.2.3 wegen Aufwendungen, die zusätzlich wegen einer rechtlich notwendigen und wirtschaftlich angemessenen Nachbesserung des Endprodukts oder einer anderen Schadensbeseitigung entstanden sind.

[...]

[...]

4.1.3 Aufwendungen Dritter für Ausbau, Entfernen und Freilegen mangelhafter Produkte und für Einbau, Anbringen oder Verlegung mangelfreier Ersatzprodukte. Ausgenommen hievon bleiben die Kosten für die Nachlieferung der Ersatzprodukte einschließlich Transportkosten.

[...]

4.2.3 Zeitlicher Geltungsbereich

Abweichend von Art. 4 AHVB besteht Versicherungsschutz, wenn die Lieferung während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes erfolgt und die Anzeige des Schadens beim Versicherer spätestens zwei Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages einlangt.

[...]"

Im Jahr 1999 wurde die Klägerin von der P***** GmbH (im Folgenden Auftraggeberin) mit der Lieferung und Montage einer Kälteanlage samt Wärmerückgewinnungsanlage beauftragt. Dazu gehörten unter anderem vier Stück Wärmetauscher, die entsprechend dem Auftrag in vernickelter Ausführung geliefert werden sollten. Mit der Herstellung der sekundärseitigen Wasseranschlüsse, also der Leitungen von den Wärmetauschern zu den Boilern und den Warmwasserverbrauchsstellen, beauftragte die Auftraggeberin die Installationsfirma L*****, die auftragsgemäß verzinkte Rohre verlegte. Aus einem Versehen eines Mitarbeiters der Klägerin wurden allerdings entgegen der Ausschreibung und Bestellung die Wärmetauscher ohne Innenvernickelung geliefert und bei der Auftraggeberin montiert. Im Anschluss daran wurden von der Firma L***** die sekundärseitigen Wasseranschlüsse weitergeführt. Dieser Irrtum wurde zunächst weder von der Klägerin noch von der Auftraggeberin bemerkt. Im Jahr 2001 traten erstmals an zwei Stellen Undichtheiten an den von der Firma L***** gelieferten und montierten Rohren auf, die von dieser Firma mittels Reparaturschellen saniert wurden. Weitere vereinzelt auftretende Undichtheiten an den Rohren sanierte der Haustechniker der Auftraggeberin auf Anraten der Firma L***** dann mit Reparaturschellen selbst. Die Auftraggeberin vermutete zu diesem Zeitpunkt „aggressives" Wasser als Schadensursache. Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche richtete die Auftraggeberin in den Jahren 2001 bis 2005 ausschließlich an die Firma L*****, nicht aber an die Klägerin. Diese erfuhr zwar von den aufgetretenen Undichtheiten, wurde von der Auftraggeberin aber weder zur Verbesserung aufgefordert noch wurden sonstige Forderungen an sie herangetragen. Als sich die Schäden weiter verstärkten, holte die Auftraggeberin ein Gutachten der Technischen Universität Wien ein, durch das die Ursache der Schädigung der Wasserrohre festgestellt werden konnte. Die Ursache waren die von der Klägerin falsch, weil nicht vernickelt, gelieferten Wärmetauscher. Die Auftraggeberin wendete sich zu einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt im Dezember 2005 an die Geschäftsführer der Klägerin und teilte mit, die Klägerin sei wahrscheinlich Verursacherin der Korrosionsschäden. Die Klägerin stellte nach Durchsicht ihrer Unterlagen fest, dass tatsächlich versehentlich nicht vernickelte Wärmetauscher montiert worden waren und meldete mit Schreiben vom 13. 12. 2005 die Korrosionsschäden der Beklagten. Diese lehnte Deckung mit der Begründung ab, der Anspruch sei bereits verjährt. Er sei auch verfristet, da er unter das erweiterte Produktehaftpflichtrisiko falle.

Zwischen Herbst 2006 und Februar 2007 wurde die Kühlanlage im Auftrag der Klägerin saniert, die dafür 171.667,19 EUR zu bezahlen hatte. Ihr Schaden beläuft sich unter Berücksichtigung eines 10%igen Selbstbehalts und eines Schadens am eigenen Gewerk in Höhe von 12.500 EUR auf 143.250,47 EUR.

Zum Zeitpunkt der Lieferung und Montage der Kälteanlage samt Wärmerückgewinnungsanlage war die Klägerin bei der A*****-Aktiengesellschaft gegen dasselbe Risiko versichert wie in weiterer Folge bei der Beklagten.

Mit ihrer seit 12. 7. 2006 gerichtsanhängigen Klage begehrte die Klägerin zunächst die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten, später Zahlung des - der Höhe nach außer Streit gestellten - Schadensbetrags von 143.250,47 EUR (sA). Der Einwand der Beklagten, die Ansprüche seien bereits seit 2004 verjährt, sei unberechtigt. Der Schaden sei im Oktober 2001 eingetreten, aber erst 2005 erkennbar geworden. Versicherungsschutz sei gegeben, weil ein Serienschaden im Sinn des Artikels 4 Punkt 2. AHVB vorliege.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie treffe keine Deckungspflicht, weil die Klägerin die sie gemäß Artikel 8 Punkt 1.3 AHVB treffende Obliegenheit, den Schadensfall binnen einer Woche anzuzeigen, verletzt habe. Die Klägerin sei bereits im Oktober 2001 von der Auftraggeberin auf den Schaden mündlich hingewiesen worden. Zur Wahrung ihrer Ansprüche als Versicherungsnehmerin hätte sie eine Vorsichtsschadensmeldung erstatten müssen. Der Versicherungsfall sei bereits im Jahr 2001 eingetreten, sodass die Ansprüche der Klägerin bereits 2004 verjährt seien. Wenn im Jahr 2005 ein neuer Schaden eingetreten sei, sei zufolge zwischenzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrags nicht mehr die Beklagte, sondern die nachfolgende Versicherung zur Schadensdeckung zuständig. Zudem sei der Anspruch auf Versicherungsdeckung gemäß Abschnitt A Z 2 Punkt

4.2.3 EHVB verfristet. Ein allfälliger Versicherungsschutz sei nach dieser Bestimmung mit 31. 12. 2003 erloschen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Korrosionsschäden an den verzinkten Eisenrohren seien durch die Verbindung mit nicht vernickelten Wärmetauschern entstanden und fielen daher unter das Produktehaftpflichtrisiko gemäß Abschnitt A Z 2 Punkt 4.1 EHVB. Die Lieferung der Wärmetauscher sei zwar bereits im Jahr 1999 erfolgt, es bestehe aber im Hinblick auf die zwischen den Streitteilen vereinbarte Deckungskontinuität grundsätzlich Versicherungsschutz; dies allerdings nur, wenn die Anzeige des Schadens beim Versicherer spätestens zwei Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrags einlange. Da der Versicherungsvertrag mit 31. 12. 2001 beendet worden sei, hätten aus dem erweiterten Produktehaftpflichtrisiko entstandene Ansprüche bis 31. 12. 2003 geltend gemacht werden müssen, was nicht geschehen sei. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei eine derartige Interpretation der Regelungen über das Produktehaftpflichtrisiko nicht irreführend, weil die Entstehung eines Sachschadens durch Verbindung fehlerhafter Teile mit mangelfreien Teilen zu einer Sache zur Gänze nur im Rahmen der erweiterten Produktehaftpflichtversicherung gedeckt sei. Nur aufgrund der zusätzlich getroffenen Vereinbarung bezüglich des Produktehaftpflichtrisikos sei das verwirklichte Risiko überhaupt versichert gewesen. Insofern sei eine Erweiterung und keine Einschränkung des Versicherungsschutzes gegeben. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, der Klägerin die Möglichkeit einer Nachhaftungsversicherung anzubieten, weil auch vom Beurteilungsstandpunkt eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers klar sei, dass der zeitliche Geltungsbereich in der erweiterten Produktehaftpflichtversicherung von den AHVB abweiche. Das von der Klägerin angerufene Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts. Es teilte dessen Rechtsansicht, dass nach den Bestimmungen der EHVB 1993 eine Haftpflicht für Mangelfolgeschäden nicht im Rahmen der Allgemeinen Betriebshaftpflichtversicherung, sondern nur im Rahmen der Produktehaftpflichtversicherung gedeckt sei. Träfe es zu, dass kein Fall einer „Verbindung" des gelieferten Produkts mit anderen Produkten im Sinn des Punktes 4.1.1 des Abschnitts A Z 2 EHVB 1993 vorläge, käme die Risikoerweiterung des Punktes 4.1.2 zur Anwendung. Im Übrigen reiche es als Verbindung im Sinn des Punktes 4.1.1 aus, wenn das Erzeugnis mit einem anderen Produkt dauerhaft zusammengefügt werde, etwa durch Nähen, Verschrauben oder Kleben. Auch in der Entscheidung 7 Ob 89/07z, die ebenfalls einen (unrichtig gebauten und in eine Kälteanlage eingebauten) Wärmetauscher zum Gegenstand gehabt habe, sei dieser Wärmetauscher „als unselbständiger Bestandteil der Gesamtsache Kälteanlage und der Schaden als erst durch die Verbindung an der Gesamtsache entstanden" beurteilt worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die zeitliche Begrenzung des Abschnitts A Z 2 Punkt 4.2.3 EHVB 1993 auf den konkreten Fall anzuwenden, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des Punktes 4.1 (entweder 4.1.1 oder 4.1.2) der zitierten Bestimmung vorlägen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, die das Berufungsgericht beachtet habe, nicht vorlägen. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin, die unrichtige Beurteilung der Sache geltend macht und beantragt, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel ihrer Prozessgegnerin entweder zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts aus den im Folgenden dargelegten Gründen zulässig und im Sinn des Antrags, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen, berechtigt.

Zutreffend wendet sich die Revisionswerberin gegen die Ansicht der Vorinstanzen, der gesamte, der Höhe nach außer Streit stehende Schadenersatzanspruch falle unter das Produktehaftpflichtrisiko gemäß Abschnitt A Z 2 Punkt 4.1 EHVB, weil die Voraussetzungen des (Unter-)Punktes 4.1.1 dieses Abschnitts erfüllt seien. Dagegen spricht die sowohl im österreichischen als auch - bei vergleichbarer Bedingungs- und Rechtslage - im deutschen Schrifttum herrschende Meinung, dass durch die betreffende Klausel (nur) jene Fälle unter (Produktehaftpflicht-)Versicherungsschutz stehen, bei denen das vom Versicherungsnehmer gelieferte Produkt derart mit anderen Produkten Dritter verbunden (oder vermischt oder verarbeitet) wurde, dass eine Trennung des mangelhaften Erzeugnisses des Versicherungsnehmers von den anderen Erzeugnissen aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich ist (Späte, Haftpflichtversicherung ProdHM Rn 23; Graf von Westphalen in Produkthaftungshandbuch I § 52 Rn 42; Achatz et al AHVB 1993 Erläuterungen zu den Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen, 145; Voit/Knappmann in Prölss/Martin VVG27 Produkthaftpfl Nr 4 Rn 30; Ziegler, Die erweiterte Produkthaftpflichtdeckung nach den AHVB/EHVB 2005, 82 f ua). Die Auslegung der Klausel hat sich - wie die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen insgesamt - am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren. Die einzelnen Klauseln in Versicherungsbedingungen sind objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RIS-Justiz RS0008901), wobei stets der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen ist (RIS-Justiz RS0050063). Ausgehend von diesen in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen ist einem durchschnittlich versierten Versicherungsnehmer im vorliegenden Fall das im Schrifttum einhellig vertretene, der sachenrechtlichen Terminologie entsprechende Verständnis der betreffenden Klausel zuzubilligen: Dies - wie der Oberste Gerichtshof erst jüngst in der Entscheidung 7 Ob 154/08k vom 24. 9. 2008 in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen hat - zum einen, weil die Gleichstellung der Begriffe Verbindung, Vermischung und Verarbeitung die Vorstellung einer untrennbaren Verbindung nahe legt; zum anderen vor allem aber auch deshalb, weil nach einhelliger Meinung (Späte aaO ProdHM Rn 25 mwN; Voit/Knappmann aaO Rn 20 ua; jüngst etwa Ziegler aaO 87 mwN) schon nach dem klaren Wortlaut der Klausel durch die Verbindung (oder Vermischung oder Verarbeitung) eine Sache erst neu entstanden sein muss („Sachen, die erst durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung von durch den Versicherungsnehmer gelieferten Produkten mit anderen Produkten entstehen"). Dies setzt in aller Regel wohl auch nach dem Verständnis eines durchschnittlich versierten Versicherungsnehmers aber ein dauerhaftes Sachganzes voraus, das nur durch eine entsprechende Verbindung aller wesentlichen Teile überhaupt existieren beziehungsweise funktionieren kann.

Legt man diesen Maßstab zugrunde, ist im hier strittigen Versicherungsfall das Vorliegen eines Produktehaftpflichtrisikos im Sinn des Punktes 4.1.1 der EHVB 1993 zu verneinen. Zu betonen ist, dass nicht - wie die Vorinstanzen anzunehmen scheinen - der Schaden durch Verbindung eines (fehlerhaften) Produkts des Versicherungsnehmers mit einem oder mehreren anderen Produkten Dritter entstanden sein muss, sondern der Schaden auf die Mangelhaftigkeit eines Gesamtprodukts zurückzuführen sein muss, das erst durch eine aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht trennbare Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung von mangelhaft hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen des Versicherungsnehmers mit anderen Produkten entstanden ist. Dass hier (schon) durch das bloße Verschrauben der vier Wärmetauscher mit Rohrleitungen ein neues Gesamtprodukt entstanden wäre, ist ebensowenig anzunehmen wie dass aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen eine Trennung der Rohrverbindungen nicht mehr möglich gewesen wäre. Demnach liegt aber ein Produktehaftpflichtrisiko im Sinn des Punktes 4.1.1 EHVB 1993 nicht vor.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dies aber auch nicht deshalb unwesentlich, weil dann die Risikoerweiterung des Abschnitts A Z 2 Punkt 4.1.2 („Schäden, welche Dritten aus der Weiterbearbeitung oder Weiterverarbeitung mangelhafter durch den Versicherungsnehmer gelieferter Produkte entstehen, ohne dass eine Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung mit anderen Produkten stattfand") zur Anwendung kommen müsste. Unter dem Begriff der Weiterverarbeitung werden Vorgänge verstanden, bei denen ein Dritter das vom Versicherungsnehmer gelieferte Produkt zu einem anderen Produkt umwandelt (Ziegler aaO 116). Unter den Terminus der Weiterbearbeitung fallen Tätigkeiten, bei denen das gelieferte Produkt als solches bestehen bleibt und einer Veredelung, Oberflächen- oder Wärmebehandlung usw unterzogen wird. Während bei der Weiterverarbeitung dem Produkt eine neue Form oder ein neues Aussehen verliehen wird, kommt es bei der Weiterbearbeitung „nur" zu einer - die Form erhaltenden - Bearbeitung (Ziegler aaO 117). Dass in der Verschraubung von Wärmetauschern mit Rohrleitungen weder eine Weiterverarbeitung noch eine Weiterbearbeitung gesehen werden kann, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung. Der vorliegende Fall, der demnach auch nicht dem Produktehaftpflichtversicherungsrisiko des Punktes 4.1.2 des Abschnitts A Z 2 der EHVB 1993 unterliegt, kann allerdings unter die Bestimmung des Punktes 4.1.3 dieses Abschnitts subsumiert werden. Diese Klausel regelt jene Sachverhalte, in denen vom Versicherungsnehmer gelieferte mangelhafte Produkte vom Abnehmer ausgebaut, entfernt und freigelegt und dafür mangelfreie Ersatzprodukte eingebaut, angebracht oder verlegt werden müssen, wobei die mangelhaften Produkte danach noch trennbar in der ursprünglichen (gelieferten) Form vorhanden sind. Im Unterschied zu dem Verbindungs- und Vermischungstatbestand des Punktes 4.1.1 geht das Produkt des Versicherungsnehmers also nicht untrennbar in einem Gesamtprodukt auf (Ziegler aaO 125 mwN). Ist die vom Versicherungsnehmer gelieferte Komponente mangelhaft, so muss das betroffene Produkt ausgebaut werden, um es anschließend gegen ein mangelfreies Ersatzprodukt auszutauschen. Im Rahmen dieser Vorgänge entstehen naturgemäß Kosten, die durch Punkt 4.1.3 gedeckt werden können (Ziegler aaO). Wie die genannte Autorin weiter ausführt, ist eine Abgrenzung des Punktes 4.1.3 der EHVB (die von Ziegler kommentierten EHVB 2005 sind mit den EHVB 1993, soweit hier maßgeblich, wortgleich) zur regulären Sachschadensdeckung in all jenen Fällen unproblematisch, in denen das vom Versicherungsnehmer gelieferte mangelhafte Produkt in eine Sache eingebaut und sogleich - noch bevor ein Sachschaden an einem weiteren Produkt entstehen konnte - wieder ausgebaut wird. In dieser Konstellation kann allein Punkt

4.1.3 zur Anwendung kommen, da es sich bei den Kosten für den Ausbau um einen reinen Vermögensschaden ohne Vorliegen eines Sachschadens handelt. Hat das mangelhafte Produkt allerdings - wie hier - bereits vor dem Ausbau weitere Sachschäden verursacht, kommt es darauf an, ob diese Sachschäden einen Ausbau des mangelhaften Produkts notwendig machen. Dann sind nämlich die Kosten des Ausbaus nur im Rahmen der Sachschadensdeckung zu vergüten. Sind die Ausbaukosten allerdings (nur) eine Folge der Mangelhaftigkeit des Produkts, sind sie ausschließlich im Rahmen der erweiterten Produktehaftpflichtdeckung versichert (Ziegler aaO 127 mwN). Dies ist im vorliegenden Fall insofern entscheidungswesentlich, als die Schadensmeldung der Klägerin, soweit der Schadensfall dem Produktehaftpflichtrisiko unterfällt, nach dem klaren Wortlaut des Punktes 4.2.3 des Abschnitts A Z 2 der EHVB 1993 zu spät erfolgte, was von der Klägerin in der Revision nicht mehr in Zweifel gezogen wird. Während also für die weiteren Schadenersatzansprüche mangels Vorliegens eines speziellen Produktehaftpflichtrisikos grundsätzlich eine Deckung nach den allgemeinen Bestimmungen der AHVB 1993 in Betracht zu ziehen ist, wäre ein der Klägerin nach Punkt 4.1.3 zustehender Anspruch verfristet und hätte es in diesem Umfang bei einer Klagsabweisung zu bleiben.

Schon zur Erörterung und allenfalls Klärung dieser Frage (inwieweit das der Höhe nach außer Streit stehende Klagebegehren etwa aus diesem Grund teilweise abzuweisen sein könnte) erweist sich das Verfahren als ergänzungsbedürftig. Eine Verfahrensergänzung ist aber insbesondere auch deshalb erforderlich, weil sich die Vorinstanzen aufgrund ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht weder mit den Fragen, ob - wie von der Klägerin behauptet - ein Serienschaden im Sinn des Artikels 1 Punkt 1.2 AHVB 1993 vorlag und welche nach den Bestimmungen der AHVB 1993 gedeckten Schadensereignisse während der Laufzeit des Versicherungsvertrags eingetreten sind, noch mit den weiteren, von der Beklagten erhobenen Einwänden, die ebenfalls eine Klagsabweisung begründen könnten (verspätete Schadensmeldung, Verjährung, Ausschlüsse nach Artikel 4 Punkt 1.3 und Artikel 7 Punkt 1.2 AHVB 1993), ausreichend auseinandergesetzt und in diesem Zusammenhang allenfalls noch notwendige Beweisaufnahmen unterlassen haben.

Um die Rechtssache abschließend beurteilen zu können, ist der Revision daher stattzugeben und dem Erstgericht aufzutragen, nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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