Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt,
1. im Ausspruch zu Punkt 1. des Urteilssatzes, Christian P***** habe Suchtgift „in einer insgesamt großen Menge" (§ 28b SMG) erzeugt, und demgemäß in der darauf beruhenden Unterstellung unter § 28a Abs 1 SMG sowie
2. in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch 2. erfassten Taten unter § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG, demgemäß auch im Strafausspruch (nicht aber im Einziehungserkenntnis) aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Christian P***** hat dadurch, dass er vorschriftswidrig ab etwa Jahreswechsel 2006/2007 bis 20. April 2007 in Itter, Innsbruck und an anderen Orten
1. a. sechs Cannabispflanzen mit einem Delta-9-THC-Gehalt von zumindest 29,3 Gramm zwecks Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift anbaute und
1. b. eine unerhobene Menge Marihuana durch Aufzucht einer nicht mehr feststellbaren Anzahl von Cannabispflanzen für den persönlichen Gebrauch erzeugte,
zu 1.a. das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG und
zu 1.b. sowie durch die im Schuldspruch 2. angeführten Taten die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und dritter Fall, Abs 2 SMG begangen und wird hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28 Abs 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch ein Einziehungserkenntnis nach § 26 Abs 1 StGB (sowie § 34 SMG) enthaltenden Urteil wurde Christian P***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 SMG (1.) und (richtig:) der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 (erg: erster und zweiter Fall) SMG (2.) schuldig erkannt.
Danach hat er zu „datumsmäßig jeweils nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten von etwa Frühjahr 2005 bis 20. April 2007 in Itter, Innsbruck und an anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider
1. Suchtgift in einer insgesamt großen Menge" (gemeint: in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge [§ 28 b SMG]) „erzeugt, indem er ab etwa Jahreswechsel 2006/2007 durch die Pflege und Aufzucht sowie das Abernten einer nicht mehr feststellbaren Anzahl von Cannabispflanzen unerhobene Marihuanamengen erzeugte sowie im Anschluss daran durch die Pflege und Aufzucht weiterer (letztlich sichergestellter) sechs Cannabispflanzen unter Verwendung 'professionellen' Zubehörs zusätzlich eine ebenfalls nicht exakt quantifizierbare, die Grenzmenge aber insgesamt jedenfalls deutlich übersteigende Menge an Cannabisprodukten zu gewinnen versuchte;
2. wiederholt Suchtgifte, nämlich im Zweifel jeweils geringe Mengen von Cannabisprodukten und psilocybinhältigen Pilzen, bei namentlich nicht bekannten Personen für den eigenen Bedarf erworben und besessen".
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 5, 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian P*****. Zutreffend rügt der Beschwerdeführer in seiner den Schuldspruch 2. betreffenden Subsumtionsrüge (Z 10) die Unterstellung der Taten unter § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG, obwohl er - den getroffenen Feststellungen folgend (US 5 iVm US 3) - die angeführten Suchtgifte lediglich für den persönlichen Gebrauch („eigenen Bedarf") erwarb und besaß. Demgemäß hätte jedoch die privilegierende Strafbestimmung des § 27 Abs 2 SMG zur Anwendung kommen müssen. Der in diesem Zusammenhang vertretenen Rechtsansicht der Generalprokuratur zuwider war die Unterstellung der Taten unter § 27 Abs 1 SMG in der erst seit 1. Jänner 2008 in Geltung stehenden Fassung, BGBl I 110/2007, schon deshalb nicht per se verfehlt, weil angesichts der in § 27 Abs 2 SMG vorgesehenen (mit § 27 Abs 1 SMG aF identen) Strafdrohung im Zusammenhalt mit der nunmehr gegenüber der Rechtslage vor Inkrafttreten der SMG-Novelle 2007 weitergehenden Diversionsmöglichkeit nach § 35 Abs 1 und Abs 2 SMG für den Rechtsmittelwerber (nach § 48 SMG iVm § 61 StGB) § 27 Abs 2 iVm Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG als günstigere Bestimmung anzusehen ist (12 Os 102/08d).
Auch die weitere, den Schuldspruch 1. betreffende Subsumtionsrüge erweist sich als berechtigt:
Nach den Feststellungen des Erstgerichts entschloss sich der Angeklagte, selbst Hanfpflanzen anzubauen, zu Marihuana zu verarbeiten und dieses selbst zu konsumieren. Er zog Hanfpflanzen bis zur Blüte auf, schnitt in unregelmäßigen Abständen Teile der Blüten und Blätter der Pflanzen ab und trocknete und konsumierte diese sowie die etwa gegen Ende Februar 2007 geernteten Hanfpflanzen durch Rauchen. Die Menge des erzeugten Cannabiskrauts und dessen THC-Reinsubstanzwert erachtete das Erstgericht als nicht mehr feststellbar (US 5 f). Somit ist aber die Erzeugung einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigende Menge durch den Angeklagten nicht konstatiert, sodass die Tat - entgegen der erstgerichtlichen Subsumtion - § 27 Abs 1 Z 1 dritter Fall, Abs 2 SMG zu unterstellen ist.
Hinsichtlich der in Vollblüte beschlagnahmten weiteren sechs Hanfpflanzen, die einen Reinsubstanzwert von insgesamt 31 +/- 1,7 Gramm Delta-9-THC aufwiesen, stellte das Erstgericht nämlich bloß deren Anbau fest, bei dem es dem Angeklagten darauf ankam, Marihuana in einer möglichst großen Menge herzustellen (US 6). Ein Erzeugen im Sinn des Gewinnens, Herstellens, Ausziehens und Zubereitens (vgl EBRV 301 BlgNR 23. GP , S 9) wurde nicht konstatiert. Demgemäß wäre die Tat - neuerlich entgegen der erstrichterlichen Subsumtion nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG - als Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG zu qualifizieren gewesen. Der von der Mängelrüge (Z 5) behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) liegt nicht vor, weil - entgegen dem Vorbringen - die vom Gericht festgestellte Tatsache der bereits Ende Februar 2007 erfolgten Ernte den regelmäßigen probeweisen Abschnitt von Pflanzenteilen sowie die mangelnde Gewöhnung an Suchtgift nach den Gesetzen logischen Denkens nicht ausschließt, sondern die Konstatierungen nebeneinander bestehen können. Vielmehr beruhen die Annahmen des Beschwerdeführers zum Umfang der im Februar 2007 geernteten Menge auf rein spekulativen Überlegungen. Im Ergebnis versucht der Angeklagte in unzulässiger Weise die erstrichterliche Beweiswürdigung zur Urteilsannahme, dass er zum Zeitpunkt der Tat nicht an Suchtgift gewöhnt war (US 6), zu bekämpfen. Das Vorbringen der Tatsachenrüge (Z 5a) vernachlässigt den Anfechtungsrahmen dieses Nichtigkeitsgrundes, dessen Wesen und Ziel es ist, an Hand aktenkundiger Umstände unter Beachtung sämtlicher Verfahrensergebnisse erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen aufzuzeigen (Ratz in WK-StPO § 281 Rz 487). Eine den Anspruch auf Urteilswahrheit im Tatsachenbereich garantierende Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im Einzelrichterverfahren vorgesehenen Schuldberufung lässt dieser formelle Nichtigkeitsgrund hingegen nicht zu. Das - unzulässig den Zweifelsgrundsatz betonende (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 454, 487) - auf eigenständige Beweiswerterwägungen gestützte, gegen die Annahme einer bereits Ende Februar 2007 erfolgten Ernte (einer großen Menge Cannabis; vgl aber die zweifelsfreie Konstatierung US 6 erster Absatz) und die Feststellung mangelnder Gewöhnung an Suchtgift (US 6) gerichtete Vorbringen erweist sich jedoch bloß als in dieser Form unzulässige Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung und ist nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Konstatierungen zu begründen.
Bei seinem weiteren Einwand, vom Gesetzgeber werde bewusst von einer Gewöhnung und nicht von einer Abhängigkeit gesprochen (der Sache nach Z 10) orientiert sich der Nichtigkeitswerber nicht am gesamten festgestellten Urteilssachverhalt, wonach der Angeklagte etwa seit Frühjahr 2005 gelegentlich an den Wochenenden Suchtgift in Form von Cannabisprodukten konsumierte, wobei die Tatrichter zur Menge der Konsumation davon ausgingen, dass er im Durchschnitt ca einen bis zwei Joints an den Wochenenden rauchte, und leitet - unter Beachtung dieser Konstatierungen - nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab, weshalb ein den Urteilsannahmen zu Grunde liegender de facto bloß unregelmäßiger Konsum (arg: gelegentlich an den Wochenenden) einen auch ohne besonderen Anlass, gewissermaßen mit Selbstverständlichkeit erfolgten Gebrauch eines Suchtgifts (vgl 12 Os 102/08d) darstellen sollte.
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian P***** war das angefochtene Urteil daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu erkennen, dass der Angeklagte zu 1.a. das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG und zu 1.b. sowie durch die im Schuldspruch 2. des Erstgerichts angeführten Taten die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und dritter Fall, Abs 2 SMG begangen hat.
Bei der erforderlichen Strafneubemessung waren das Zusammentreffen mehrerer Vergehen sowie der lange Deliktszeitraum als erschwerend, das teilweise Geständnis und das Wohlverhalten seit der Tat hingegen als mildernd zu werten.
Unter Rücksichtnahme auf alle für und wider den Angeklagten P***** sprechenden Umstände erschien eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten angemessen, die unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachzusehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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