OGH 14Os128/08t

OGH14Os128/08t23.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. September 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp, Hon.-Prof. Dr. Schroll und Dr. Lässig und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs in Gegenwart des Rechtspraktikanten Dr. Schmidmayr als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmuth G***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 23. Jänner 2008, GZ 39 Hv 128/07a-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im Schuld- und Strafausspruch sowie im Zuspruch an die Privatbeteiligte aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Salzburg verwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmuth G***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (A/1), des beim Versuch nach § 15 StGB verbliebenen Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A/2) sowie zweier teils beim Versuch nach § 15 StGB verbliebener Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (B/1 und 2) schuldig erkannt. Danach hat er in M***** im (Hoch-)Sommer 1990

A) außer dem Fall des § 206 StGB

1. eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen, nämlich den Genitalbereich und die Schamhaare seiner am 9. Juni 1977 geborenen Stieftochter Annette Ga***** betastet, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung zur Folge hatte;

2. dadurch, dass er sein Geschlechtsteil vor seiner am 9. Juni 1977 geborenen Stieftochter Annette Ga***** entblößte und sie aufforderte es zu betasten, versucht, eine geschlechtliche Handlung von einer unmündigen Person an sich vornehmen zu lassen;

B)

1. durch die unter A/1 angeführte Handlung mit seiner minderjährigen Stieftochter, nämlich der am 9. Juni 1977 geborenen Annette Ga***** eine geschlechtliche Handlung vorgenommen;

2. durch die unter A/2 angeführte Handlung versucht, von seiner minderjährigen Stieftochter, nämlich der am 9. Juni 1977 geborenen Annette Ga***** eine geschlechtliche Handlung an sich vornehmen zu lassen.

Hingegen wurde Helmuth G***** von der weiteren Anklage, er habe in M***** in wiederholten Angriffen ca ein- bis zweimal wöchentlich

A) in der Zeit von August 1989 bis 9. Juni 1991 die am 9. Juni 1977

geborene, mithin unmündige Annette Ga***** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht und zwar

1. durch (abgesehen von Schuldspruchfaktum A/1 weiteres) Betasten des Genitalbereichs und der Schamhaare;

  1. 2. durch Einführen von Fingern in die Scheide;
  2. 3. durch Veranlassung des Anfassens seines Geschlechtsteils und Durchführung von Handonanie bis zum Samenerguss;

    B) in der Zeit vom 10. Juni 1991 bis Juni 1992 durch die unter A/1

    bis 3 angeführten Handlungen seine am 9. Juni 1977 geborene Stieftochter Annette Ga***** zur Unzucht missbraucht, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt. Zutreffend reklamiert die Mängelrüge (Z 5) eine unzureichende Begründung der Feststellung, dass das Tatverhalten des Angeklagten eine schwere Körperverletzung des Opfers zur Folge hatte (A/1). Das Erstgericht gründete diese Annahme auf das Gutachten des Sachverständigen (US 32), der seine Überzeugung von einer Kausalität des Verhaltens des Angeklagten für die beim Opfer diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung allerdings auf die Prämisse erwiesener Täterschaft in Betreff sämtlicher unter Anklage gestellter Taten stützte (ON 5, S 90 ff [92]/II). Angesichts des Freispruchs von einer Vielzahl von (über beinahe zwei Jahre erstreckten) Schuldvorwürfen hätte es einer nachvollziehbaren Begründung bedurft, weshalb das Erstgericht dessen ungeachtet davon ausgegangen ist, dass das Tatverhalten des Angeklagten kausal für eine schwere Körperverletzung des Opfers war.

Schon dieser Begründungsmangel führt - weil der Grundtatbestand des § 207 Abs 1 StGB und dazu idealkonkurriernde Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (wie die Rüge erneut zutreffend einwendet) bereits im Juni 1996 (noch vor Inkrafttreten der Z 3 des § 58 Abs 3 StGB am 1. Oktober 1998) verjährt waren (vgl E. Fuchs in WK2 § 58 [2007] Rz 30, 33) - zur gänzlichen Urteilsaufhebung, womit sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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