Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Ercan P***** und Loman T***** - dieser als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB - des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach haben am 10. Juni 2007 in P*****
I. Ercan P***** die Regina H***** mit Gewalt zur Duldung des Vaginal- und Analverkehrs genötigt, indem er diese zusammen mit Loman T***** aus dem PKW zerrte und zu Boden warf, Loman T***** diese zu Boden drückte und an den Armen festhielt, während Ercan P***** versuchte, deren Beine gegen ihren Widerstand auseinanderzudrücken, sie gemeinsam mit Loman T***** wieder vom Boden aufzog und zusammen mit diesem sie gegen eine Maschendrahtzaun drückte und festhielt, wobei Ercan P***** sowohl vaginal als auch anal in sie eindrang und den Geschlechtsverkehrs bis zum Samenerguss vollzog;
II. Loman T***** zu der zu Punkt I. beschriebenen Tathandlung beigetragen, indem er Regina H***** gemeinsam mit Ercan P***** aus dem PKW zerrte und zu Boden warf, diese zu Boden drückte und an den Armen festhielt, während Ercan P***** versuchte, deren Beine gegen ihren Willen auseinanderzudrücken, sie gemeinsam mit Ercan P***** wieder vom Boden hochzog und sie zusammen mit diesem gegen einen Maschendrahtzaun drückte und festhielt, während Ercan P***** sowohl vaginal als auch anal in sie eindrang und den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss vollzog.
Warum Loman T***** angesichts dessen, dass nach ständiger Rechtsprechung unmittelbarer Täter (§ 12 erster Fall StGB) ist, wer eine dem Wortlaut des Tatbestands - hier: Nötigen zur Duldung des Beischlafs - entsprechende Ausführungshandlung setzt (zB Fabrizy in WK² § 12 Rz 18), vom Erstgericht als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB, US 3, 15) beurteilt wurde, lässt sich, wie anzumerken ist, nicht nachvollziehen, ist aber angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen ohne Nachteil für diesen Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil von beiden Angeklagten in gemeinsamer Ausführung auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.
Indem die Beschwerdeführer die Begründung der Tatrichter für die Feststellungen zum Tathergang in der Mängelrüge (Z 5) als „unbrauchbar" beanstanden, orientieren sie sich nicht an den Anfechtungskategorien des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (s zB Fabrizy StPO10 § 281 Rz 41 ff). Wenn sie die Beweiswürdigung als unzureichend kritisieren (s dazu RIS-Justiz RS0118317), weil die Aussagen der Zeugin Regina H***** nicht den ihnen von den Tatrichtern zugemessenen Beweiswert hätten, unternehmen sie der Sache nach nichts anderes als einen Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer in der Verfahrensordnung zur Anfechtung kollegialgerichtlicher Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung. Solcherart wird kein Begründungsmangel dargelegt.
Unter dem Aspekt der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) kann ein den Tatrichtern unterlaufenes Fehlzitat im Rahmen der Beweiswürdigung beanstandet, nicht aber geltend gemacht werden, dass aus den Beweisergebnissen andere als die im Urteil gezogenen Schlüsse abzuleiten gewesen wären. Ein solches Fehlzitat zeigen die Angeklagten aber weder mit ihren Ausführungen darüber auf, wie sich Hämatome an Oberschenkeln und Oberarmen der Frau ihrer Ansicht nach „zwanglos" erklären lassen (Punkt 1.a der Beschwerde), noch mit ihrem gegen die beweiswürdigenden Erwägungen zur Kongruenz von Tatschilderung durch die Frau und Verletzungsspuren gerichtetem Vorbringen (1.b).
Den weiteren Einwänden (Z 5a) ist zu erwidern, dass Z 5a des § 281 Abs 1 StPO als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern will. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780). Dazu kommt, dass die Tatsachenrüge nach dem Gesetz („aus den Akten") eine Bezugnahme auf konkrete Beweismittel verlangt (RIS-Justiz RS0117446), woran es einem Teil des Vorbringens fehlt, das sich stattdessen nur mit den Erwägungen der Tatrichter befasst. Die Hinweise der Beschwerdeführer auf - vom Schöffengericht durchaus bedachte (US 10) - Widersprüche in Angaben der Regina H***** über Einzelheiten des Tatherganges (zB ob sie von einem oder von beiden Angeklagten aus dem Pkw gezerrt wurde oder in welchem Bereich ihres Wickelkleids sie festgehalten wurde) sowie auf die leugnende Verantwortung und die Erwägungen über die Lebensnähe der Zeugenaussage zum Verhalten nach der Tat vermögen keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.
Mit dem vorgefundenen Spurenmaterial, das die Beschwerdeführer in ihrem Vorbringen erörtern, um daraus eigene, ihnen günstige Schlussfolgerungen zu ziehen, haben sich die Tatrichter in den zum Schuldspruch führenden Erwägungen eingehend befasst, wobei sie auf Beschaffenheit, Herkunft und Aussagekraft der einzelnen Spuren detailliert eingingen, sie sowohl einzeln als auch im Zusammenhang betrachteten und mit den verschiedenen Aussagen der Zeugin und der beiden Angeklagten über das inkriminierte Geschehen verglichen (US 9 ff).
Soweit Z 5a als Aufklärungsrüge in Anspruch genommen wird, indem die Beschwerdeführer unvollständige Ausschöpfung von Beweisquellen reklamieren (Punkt 2.f der Beschwerde), fehlt es an der gebotenen Darlegung, dass sie an einer darauf abzielenden Antragstellung (Z 4) gehindert waren (RIS-Justiz RS0115823).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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