Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern der beiden Kinder wurde geschieden. In einem anlässlich der Scheidung geschlossenen Vergleich haben sich die Eltern dahin geeinigt, dass die Obsorge für die Kinder der Mutter zusteht, in deren Haushalt sie daher betreut und versorgt werden. Über einen Antrag des Vaters auf Einräumung eines Besuchsrechts wurde noch nicht entschieden. Die Mutter sprach sich gegen ein Besuchsrecht oder für ein Aussetzen eines solchen für zumindest zwei Jahre aus. Dies sei so lange angezeigt, als der Vater die „wissentliche Falschbehauptung", die Mutter schlage die Kinder, nicht ausdrücklich widerrufe.
Mit Schriftsatz vom 29. 1. 2008 stellte die Mutter namens der Kinder den Antrag, dem Vater bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das väterliche Besuchsrecht „den Umgang und die Kontaktaufnahme (mit den Kindern) beschlussmäßig zu verbieten". Der Vater habe sich Zugang zu den Kindern in Kindergarten und Schule verschafft, obwohl ein vom Gericht eingeholtes Gutachten seinen offensichtlich chronischen Alkoholabusus dokumentiere und objektiviere. Die „eigenmächtige Vorgangsweise" des Vaters gefährde das Kindeswohl.
Das Erstgericht wies den Antrag, den es als Antrag zur Erlangung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382g EO ansah, ab. Nicht jeder einmal geäußerte Wunsch, nicht angesprochen oder sonst wie kontaktiert zu werden, könne dazu führen, dass schon jede weitere Kontaktaufnahme als unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre zu qualifizieren sei.
Das Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Der Vater habe nach dem namens der Antragsteller erstatteten Vorbringen der Mutter den Zweitantragsteller zweimal im Kindergarten besucht, wobei er ihm einmal auch ein Geschenk überreichen habe wollen. Die Erstantragstellerin habe er am 28. 1. 2008 vor Schulbeginn in der Schule aufgesucht und sich mit ihr unterhalten. Das Besuchsrecht und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen seien viel weiterreichender als eine normale Kontaktaufnahme mit den Kindern. Daher führe - auch wenn der Vater derzeit kein Besuchsrecht besitze - nicht notwendigerweise jede Kontaktaufnahme zu einem rechtlich relevanten unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre der Kinder. Es sei eine Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen. Aufgrund einer zweimaligen Kontaktaufnahme mit dem Zweitantragsteller und einer einmaligen Kontaktaufnahme mit der Erstantragstellerin könne noch nicht von einem rechtlich relevanten unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre gesprochen werden, zumal keinerlei Verfehlungen des Vaters bei diesen Kontaktaufnahmen behauptet worden seien. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Judikatur darüber fehle, „ob für den Fall, dass einem Vater kein Besuchsrecht zusteht und ihm aufgrund von Alkoholmissbrauch die Rückkehr in die Ehewohnung solange verboten wurde, solange die Mutter dort wohnte, die konkrete Kontaktintensität des Vaters ausreicht, eine einstweilige Verfügung gemäß § 382g EO zu erlassen".
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem Ausspruch ist der von der Mutter namens der Kinder erhobene Revisionsrekurs, mit dem eine Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen im Sinn einer Antragstattgabe angestrebt wird, mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 2 ZPO (bzw § 62 Abs 1 AußStrG) unzulässig. Die Vorinstanzen haben den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung - offenbar mit Billigung der Antragsteller, die dies nicht bemängelt haben - als Antrag nach § 382g EO angesehen. Der Oberste Gerichtshof hat sich in der Entscheidung 8 Ob 155/06m, JBl 2007, 663 = EvBl 2007/81 ausführlich mit dieser Bestimmung auseinandergesetzt. In der Entscheidung 2 Ob 82/08k wurde ausgesprochen, dass es von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt, ob ein entsprechender Anspruch auf Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre gefährdet ist und ein unwiederbringlicher Schaden droht. Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit läge eine erhebliche Rechtsfrage daher nur dann vor, wenn dem Rekursgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die aus Gründen des Kindeswohls oder der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste. Dies ist hier nicht der Fall:
Die Revisionsrekurswerber stützen ihren Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Wesentlichen darauf, dass der Vater in einem vom Erstgericht eingeholten Sachverständigengutachten als chronischer Alkoholiker eingestuft worden sei. Dass der Vater bei seinen behaupteten drei Kontakten mit den Kindern alkoholisiert gewesen wäre oder sich sonst ungebührlich verhalten hätte, wird jedoch nicht behauptet. Aus dem weiters betonten Umstand, dass der Vater aufgrund seines Alkoholmissbrauchs und damit verbundenen aggressiven Verhaltens aus der ehelichen Wohnung weggewiesen und ihm eine Rückkehr solange verboten worden sei, solange die Mutter dort wohne, lässt sich nicht zwingend folgern, dass jede Kontaktaufnahme mit den Kindern deren Wohl gefährdet und einen Eingriff in die Privatsphäre der Kinder im Sinn des § 382g EO bedeutet. Eine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung kann auch dann nicht angenommen werden, wenn man unterstellt, dass mit dem gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Wahrheit eine vorläufige Regelung im Sinn des § 107 Abs 2 AußStrG angestrebt wird (vgl 3 Ob 111/06d; RIS-Justiz RS0121416 zur vorläufigen Entziehung der Obsorge), die bisher nach der Rechtsprechung keine eigentliche einstweilige Verfügung nach der Exekutionsordnung darstellt, bei der alle sonst nach der Exekutionsordnung notwendigen Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Vorläufige Regelungen nach § 107 Abs 2 AußStrG dürfen zur Wahrung des Kindeswohls nur dann getroffen werden, wenn ein dringendes Regelungsbedürfnis besteht, wonach im Kindeswohl umfassende Erhebungen im Interesse einer sofortigen Entscheidung zu unterbleiben haben (vgl 3 Ob 70/08b; 10 Ob 93/08w ua). Ob dies der Fall ist, hängt wiederum von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab und stellte daher nur im Fall einer das Kindeswohl gefährdenden Fehlbeurteilung eine erhebliche Rechtsfrage nach § 62 Abs 1 AußStrG dar. Darin, dass die Vorinstanzen keinen Anlass gesehen haben, dem Vater jede Kontaktaufnahme mit seinen Kindern zu verbieten, kann aber, zumal diesem auch im Revisionsrekurs aktuell kein ungebührliches, das Kindeswohl akut gefährdendes Verhalten vorgeworfen wird, keine Verkennung der Rechtslage gesehen werden, die den Obersten Gerichtshof zum Einschreiten veranlassen müsste. Mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO bzw § 62 Abs 1 AußStrG war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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