Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Franz S***** zweier Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (I./1./ und I./2./) sowie jeweils mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./1./) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II./1./ und II./2./) sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.
Danach hat er in Salzburg und andernorts
I./ mit einer unmündigen Person den Beischlaf oder eine dem Beischlaf
gleichzusetzende Handlung unternommen, und zwar
1./ in der Zeit „von November/Dezember 2001" bis 25. Dezember 2002 mit dem am 26. Dezember 1988 geborenen Ulrich M*****, indem er einen Analverkehr und wiederholt Oralverkehr an diesem vorgenommen hat, sowie wiederholt Oralverkehr von diesem an sich hat vornehmen lassen, wobei die Taten „schwere Auswirkungen - resultierend aus der länger andauernden Zwangslage mit Ängsten und Vermeidungsversuchen während der Phase der Übergriffe, deren unmittelbare Folgen und dem Wiederdurchmachen der Erlebnisse im Rahmen des Verfahrens und Therapien sowie durch zu erwartende Auswirkungen der durch die Tathandlungen gestörten psychosexuellen Entwicklung - auf die seelische Gesundheit von Ulrich M*****, sohin eine an sich schwere Körperverletzung zur Folge gehabt haben";
2./ in der Zeit von Sommer 2002 bis 30. April 2004 mit der am 1. Mai 1990 geborenen Irene M*****, indem er von dieser einen Oralverkehr an sich hat vornehmen lassen, wobei die Taten „schwere Auswirkungen - resultierend aus der länger dauernden Zwangslage mit Ängsten und Vermeidungsversuchen während der Phase der Übergriffe, den unmittelbaren Folgen, wie beispielsweise der posttraumatischen Belastungsstörung der Irene M***** und dem Wiederdurchmachen der Erlebnisse im Rahmen des Verfahrens und bei Therapien sowie durch zu erwartende Auswirkungen der durch die Tathandlung gestörten psychosexuellen Entwicklung - auf die seelische Gesundheit Irene M*****s, sohin eine an sich schwere Körperverletzung zur Folge gehabt haben";
II./ geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person vorgenommen oder von einer unmündigen Person an sich vornehmen lassen, und zwar:
1./ in dem unter I./1./ angeführten Zeitraum mit Ulrich M***** durch Betasten von dessen Geschlechtsteil über der Kleidung;
2./ in dem unter I./2./ angeführten Zeitraum mit Irene M***** durch wiederholtes Betasten an den Brüsten und am Geschlechtsteil unter der Kleidung;
III./ in der Zeit „von November/Dezember 2001" bis Ende 2004 Ulrich M***** und Irene M***** wiederholt durch die Äußerung, wenn sie ihrer Mutter etwas erzählen würden, würde er sie schlagen, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme davon, ihrer Mutter von seinen sexuellen Übergriffen zu erzählen, genötigt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; diese schlägt fehl. In der Tatsachenrüge bringt der Beschwerdeführer vor, die durch Spaziergänge seines Lebensgefährten mit dem Hund zur Verfügung stehende Zeitspanne des Alleinseins in der gemeinsamen Wohnung wäre zu kurz gewesen, um Vorbereitungs-, Tat- und Verschleierungshandlungen durchführen zu können. Überdies sei das Verhalten der Missbrauchsopfer nach Anzeigeerstattung, das in Verfolgungs- und Beschimpfungshandlungen zu seinem Nachteil bestanden hätte, mit allgemeinen Erfahrungs- und Vernunftsätzen nicht in Einklang zu bringen, weil Opfer sexuellen Missbrauchs „ihren Peinigern nicht in der Weise nachstellen, dass sie ... die Konfrontation suchen".
Wie der Beschwerdeführer selbst zugesteht, liegt der Nichtigkeitsgrund der Z 10a erst dann vor, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommmen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Die Tatsachenermittlung im kollegialgerichtlichen Verfahren bleibt der Mehrzahl von Tatrichtern erster Instanz vorbehalten, die unter dem Eindruck der unmittelbaren, mündlichen und kontradiktorischen Beweiserhebung entscheiden. Beweiswürdigende Detailerwägungen diesseits der Schwelle erheblicher Bedenklichkeit - wie in Erledigung einer Berufung wegen Schuld - sind dem Obersten Gerichtshof somit verwehrt und auch in einer Tatsachenrüge nicht statthaft (RIS-Justiz RS0118780, RS0119583). Mit seinem Vorbringen gelingt es dem Angeklagten jedenfalls nicht, aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen zu erwecken. Vielmehr verlässt er weitgehend den gesetzlichen Anfechtungsrahmen, weil sich die Ableitung erheblicher Bedenken gegen die dem Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen nicht auf Hypothesen zu vermeintlich üblichen Verhaltensweisen sexueller Missbrauchsopfer und Spekulationen zu den zeitlichen Abläufen und der eigenen sexuellen Bereitschaft beschränken darf. Indem er hiedurch - unter der Prämisse der Richtigkeit der (von den Geschworenen verworfenen) eigenen Verantwortung - die Glaubwürdigkeit der Tatopfer durch eigene Beweiswerterwägungen in Zweifel zu ziehen trachtet, zielt er in Wahrheit bloß auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung außerhalb der oben dargestellten Sonderfälle ab.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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