OGH 11Os94/08w

OGH11Os94/08w19.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. August 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Puttinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef K***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 20. März 2008, GZ 15 Hv 14/08m-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef K***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 13. Oktober 2007 in Attendorf eine wehrlose Person, nämlich die infolge Konsumation zahlreicher alkoholischer Getränke tief schlafende Sandra G***** unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr eine geschlechtliche Handlung vorgenommen hat und an sich vornehmen hat lassen, indem er mit einem Finger in ihre Scheide eindrang und ihre Hand auf seinen entblößten Penis legte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5 und 5a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 28. Februar 2008 (ON 9) gestellten Antrags auf „Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass sich die Privatbeteiligte in keinem Zustand befand, der sie zum Widerstand unfähig machte und im Übrigen ein Ausziehen oder Entkleiden in dem kleinen Pkw VW Fox mitbekommen hätte müssen" (S 100) keine Verteidigungsrechte beeinträchtigt. Angesichts des unbestrittenen (vgl Verantwortung des Angeklagten S 87 f) Tiefschlafs der Zeugin hätte es einer Begründung bedurft, weswegen das Beweismittel - der Einlassung entgegen - geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO). Indem er das teilweise Entkleiden des Opfers mit der Größe des Fahrzeugs verknüpft, zielt er überdies auf eine Erkundungsbeweisführung ab. Soweit in der Beschwerde Erwägungen zur Notwendigkeit der begehrten Beweisaufnahme nachgetragen werden, hat dieses Vorbringen außer Betracht zu bleiben, weil bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrags von der Verfahrenslage zum Zeitpunkt seiner Stellung und den dabei vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rs 325).

Insoweit die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) eine Unvollständigkeit behauptet, verkennt sie, dass eine solche nur dann vorliegt, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse unberücksichtigt lässt. Welcher Art die von der Zeugin zuvor konsumierten alkoholischen Getränke waren, betrifft keine erörterungsbedürftige Tatsache, weil diese für die Feststellung ihrer Wehrlosigkeit nicht von Bedeutung sind. Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem erneuten Hinweis auf die „Leibesfülle" und die Bekleidung der Privatbeteiligten keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der entscheidenden Feststellungen zu wecken. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang behauptet, ein Entkleiden der Zeugin sei nicht möglich, ohne dass diese davon etwas bemerkt oder daran sogar mitgewirkt hätte, vernachlässigt sie mit spekulativen Argumenten die Urteilsausführungen (US 4) und verlässt damit den Anfechtungsrahmen, weil die Ableitung jener Bedenken aus den Akten - somit unter Bezugnahme auf konkrete Verfahrensergebnisse und im Kontext mit der Gesamtheit der Beweiswürdigung - erfolgen muss.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte