OGH 1Ob14/08b

OGH1Ob14/08b11.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alexander Prinz zu S*****, vertreten durch Draxler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Ramsauer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert 4.000 EUR) sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 13. September 2007, GZ 53 R 209/07b-17, womit das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 27. März 2007, GZ 13 C 353/06d-12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen deren mit 399,74 EUR (darin enthalten 66,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, ein deutscher Staatsbürger, führt seit seiner Geburt den Familiennamen „Prinz zu S*****". Außer ihm gibt es noch zwölf männliche Mitglieder seiner Familie, die ebenfalls diesen Namen führen. Es handelt sich dabei um den Namen eines ehemaligen regierenden deutschen Fürstenhauses. Dr. Mario***** S***** wurde ***** mit dem Familiennamen „W*****" geboren. Im Jahr 2001 kam es durch Adoption zur Namensänderung. Als adoptierter Sohn der Helga ***** Prinzessin zu S***** führt er nunmehr den Familiennamen „S*****" sowie die Vornamen „Mario***** Prince *****". Mit Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 7. 3. 2006 verpflichtete sich Dr. Mario***** S***** gegenüber dem Kläger vertraglich zur Unterlassung, seinen Familiennamen „S*****" ergänzt um das ehemalige Adelsprädikat „Prinz zu" zu führen. Mit Beschluss des hanseatischen Oberlandesgerichts vom 23. 11. 2006 wurde Dr. Mario***** S***** als Beklagtem gegenüber dem Kläger Alexander Prinz zu S***** durch einstweilige Verfügung verboten, in Deutschland den Familiennamen „Prinz zu S*****" zu führen.

In der Online-Ausgabe der ***** unter www.***** der Beklagten wurde am 29. 7. 2006 in der Chronik unter der Überschrift „Winter im Festspielsommer" über eine Modeschau berichtet. Unter den begrüßten anwesenden Personen wurde dabei auch „Prince Mario***** zu S*****" angeführt. Der Kläger wies die Beklagte durch seine Anwälte unter Bekanntgabe des namensrechtlichen Sachverhalts darauf hin, dass Dr. Mario***** S***** den ehemaligen Adelstitel „Prinz zu" nicht im Namen führe und er auch nicht aus der bekannten ehemaligen fürstlichen deutschen Familie stamme. Die Beklagte wurde vom Kläger unter Anschluss einer Unterlassungserklärung aufgefordert, jegliche weitere Veröffentlichung über Dr. Mario***** mit dem Namen „Prince Mario***** zu S*****" oder anderen Namensvariationen mit „Prinz zu" oder „Prinz" zu unterlassen und eine Gegendarstellung zu veröffentlichen, aus der hervorgehe, dass „Prince" lediglich ein Vorname sei. Dieser Aufforderung ist die Beklagte nicht nachgekommen.

Der Kläger begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, für Dr. Mario***** S***** den Namen „Prince Mario***** zu S*****" und/oder einen anderen mit „Prinz zu S*****" verwechselbaren ähnlichen Namen zu verwenden, zu gebrauchen und/oder ihn so zu nennen. Der Öffentlichkeit sowie den Medien und der Beklagten sei bekannt, dass Dr. Mario***** S***** kein „Prinz" sei, zu welchem ihn die Beklagte fälschlicherweise machen würde. Der Vorname „Prince" als Adelstitel werde zu Täuschungszwecken geführt. Durch den Namensgebrauch wäre das Persönlichkeits- und Namensrecht des Klägers, der den Nachnamen „Prinz zu S*****" führe, verletzt worden, da der Eindruck von bestehenden Familienzusammenhängen erweckt werde. Wiederholungsgefahr sei gegeben, weil die Beklagte die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert habe.

Die Beklagte wendete ein, dass sie keinen falschen Namen verwendet hätte. Nach der Standesurkunde trage Dr. Mario***** S***** auch den Vornamen „Prince". Der Beklagten habe nicht bekannt sein müssen, dass es sich dabei um einen österreichischen Staatsbürger handle. Die alleinige Verwendung des Adelstitels „zu" verpflichte die Beklagte jedenfalls zu keiner Unterlassungserklärung, da damit bestenfalls gegen eine Bestimmung des Adelsaufhebungsgesetzes verstoßen worden wäre. Es liege auch kein Namensgebrauch, sondern eine bloße Namensnennung vor, die jedenfalls nicht rechtswidrig sei. Eine Verletzung schutzwürdiger Interessen des Klägers sei nicht ersichtlich.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es liege kein „Führen" des Namens des Klägers vor. Ein unbefugter Gebrauch des Namens und eine damit verbundene Beeinträchtigung des Klägers wären nur dann gegeben, wenn jemand den Namen nach außen erkennbar zur Kennzeichnung der eigenen Person, des eigenen Unternehmens oder der eigenen Waren oder Leistungen verwende. Allein durch die Verwendung des Wortes „zu" bestehe noch keine Gefahr einer „Zuordnungsverwirrung"; der Name „Prince" sei berechtigterweise im Artikel der Beklagten geführt worden.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Unterlassungsbegehrens bezüglich des Gebrauchs des Namensbestandteils „Prinz" oder des Vornamens „Prince", gab aber dem Unterlassungsbegehren in Bezug auf den Namensbestandteil „zu" bzw einen ähnlichen verwechselbaren Namensbestandteil statt. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei. Der Name des Klägers sei nach deutschem Recht zu beurteilen, jener der im Artikel genannten Person - die österreichischer Staatsbürger sei - nach österreichischem Recht. Der Schutz eines deutschen Namens richte sich ebenfalls nach österreichischem Recht, da die behauptete Verletzungshandlung in Österreich gesetzt worden sei. Gemäß § 43 ABGB werde nicht die Exklusivität der Namensführung, sondern das mit ihr verbundene Interesse an der Unterscheidungskraft und Identifikationswirkung eines Namens geschützt. Die Führung von Adelsbezeichnungen sei nach dem Adelsaufhebungsgesetz vom 3. 4. 1919 untersagt; dieses gelte aber nur für österreichische Staatsbürger. Der Kläger als deutscher Staatsbürger könne daher jene Adelsbezeichnungen oder Namen führen, die ihm in seinem Heimatland zustünden. Dr. Mario***** S***** dürfe aufgrund der Adoption zwar den Landesnamen „S*****" als Familiennamen führen, wie dies auch seiner Geburtsurkunde entspreche. Nach dem Adelsaufhebungsgesetz wäre es hingegen unzulässig gewesen, im Wege einer Adoption durch eine ausländische Staatsangehörige, die das Adelsprädikat zulässigerweise als Teil des Namens trage, einem österreichischen Staatsbürger dieses Adelsprädikat als Namen weiterzugeben. Dr. Mario***** S***** dürfe das Adelsprädikat seiner Adoptivmutter in der abgewandelten Form „Prinz zu" daher nicht im Namen führen. Die im Artikel genannte Person werde mit „zu S*****" in verwechslungsfähiger Weise mit dritten Personen, die diesen Familiennamen tatsächlich führten, bezeichnet. Bei der bloßen Namensnennung gehe es nicht um die Kennzeichenfunktion des Namens, sondern darum, dass der Namensträger selbst mit seinem Namen bezeichnet und über ihn etwas ausgesagt werde. Gerade beim Namensgebrauch werde in der Lehre überwiegend anerkannt, dass auch der Gebrauch durch einen Dritten zur Unterlassung nach § 43 ABGB verpflichten könne. Beim Kläger könne aber auch die Beeinträchtigung ideeller Interessen nicht verneint werden, bilde doch gerade das unscheinbare Wörtchen „zu" den Unterschied in den Familiennamen, zumal Dr. Mario***** S***** nach seiner Geburtsurkunde auch noch den weiteren Vornamen „Prince" trage. Die Beklagte habe mit dem Vorbringen, dass der Namensbestandteil „zu" nur „hineingerutscht" sei und dieser in Zukunft nicht mehr verwendet werde, letztlich die Verwechslungsgefahr zugestanden. Von der Rechtsprechung werde im Zusammenhang mit gleichen Vor- und Familiennamen betont, dass der Anfügung weiterer Zusätze - Beifügen eines weiteren Vornamens oder des akademischen Grads - Bedeutung zukommen könne, um eine Verwechslungsgefahr nach Möglichkeit zu vermeiden. Für gleiche Familiennamen müsse dies dann gelten, wenn sie sich durch weitere Zusätze unterschieden, worunter auch die ehemaligen Adelsprädikate „zu" und „von" fielen. Dies könne aber auf den von der Beklagten angeführten weiteren Vornamen „Prince" nicht übertragen werden. Der Unterlassungsanspruch nach § 43 ABGB könne nicht so weit gehen, dass in der medialen Berichterstattung Personen nicht mehr mit jenen bürgerlichen Namen bezeichnet werden dürften, die ihnen aufgrund ihrer Geburtsurkunde tatsächlich zukämen. Der Namensteil „Prinz" sei hingegen von der Beklagten in der medialen Berichterstattung gar nicht gebraucht worden. Damit bestehe aber nur ein eingeschränkter Unterlassungsanspruch des Klägers. Dieser setze nach § 43 ABGB kein Verschulden voraus, es müsse aber Wiederholungsgefahr gegeben sein. Deren Fehlen hätte die Beklagte zu beweisen, die diesen Beweis aber nicht ernsthaft angetreten habe. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil den behandelten Rechtsfragen im Zusammenhang mit einem Namensgebrauch durch Dritte die im § 502 Abs 1 ZPO genannte Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Das Namensrecht wird durch Bestreitung, Namensanmaßung oder Namensgebrauch verletzt, also das Recht zur Identifikation mit dem Namen einer Person durch Dritte in Anspruch genommen (7 Ob 329/97a). Ein Name wird gebraucht, wenn er zur Kennzeichnung einer vom Namensträger verschiedenen Person oder Unternehmung verwendet oder wenn ein Zusammenhang zwischen einem fremden Namen und den Erzeugnissen oder Einrichtungen eines anderen hergestellt wird. Der Gebrauch ist unbefugt, wenn er weder auf eigenem Recht beruht noch vom berechtigten Namensträger gestattet worden ist. Geschützt wird nicht die Ausschließlichkeit der Namensführung, sondern das mit ihr verbundene Interesse an der Unterscheidungskraft und Identifikationswirkung eines Namens (4 Ob 108/03s mwN). Fremder Namensgebrauch ist auch bei geringfügigen Abweichungen gegeben; bei Namen mit überragender Kennzeichnungskraft muss die Abweichung größer sein als bei solchen mit geringer, um Verwechslungsgefahr auszuschließen. Gegen den Gebrauch eines Familiennamens kann jedes Familienmitglied, wenn Namensträger, vorgehen, nicht nur derjenige Namensträger, auf den die Anmaßung abzielt, soweit durch den Namensgebrauch ein falscher Schein der Familienzugehörigkeit erweckt wird. Ein Gebrauch liegt nicht nur in aktivem Verhalten, sondern auch im Dulden einer falschen Benennung (Aicher in Rummel3, § 43 ABGB Rz 10).

2. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts kann kein Zweifel bestehen, dass das Erwecken des Eindrucks der Zugehörigkeit von Dr. Mario***** S***** zur Familie des Klägers Letzteren in seinen ideellen Interessen beeinträchtigt. Im vorliegenden Fall stellt sich aber die Frage, ob die fälschliche Bezeichnung einer Person mit dem Namen eines anderen in einem Pressebericht einen unbefugten Gebrauch des Namens im Sinn des § 43 ABGB durch den Zeitungsherausgeber darstellt. Im (deutschen) Schrifttum (zum vergleichbaren § 12 BGB) wird vertreten, dass eine Verletzung des Namensrechts auch durch unzutreffende Namensnennung in Presseberichten erfolgen könne (Heinrich in Soergel, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch13, Rz 175 zu § 12 BGB). Dem Zweck des § 12 BGB, Zuordnungsverwirrungen und Identitätstäuschungen zu verhindern, entspricht es, einen Fall der unbefugten Namensanmaßung bzw des unbefugten Namensgebrauchs auch anzunehmen, wenn dritte Personen mit einem nicht ihnen, sondern einem anderen zustehenden Namen bezeichnet werden (Bamberger/Roth, BGB2 § 12 Rz 71; Westermann in Westermann, BGB11 § 12 Rz 21). Ein fremder Name wird auch dann verwendet, wenn man ihn einem anderen beilegt, so dass dieser mit dem Namensträger verwechselt wird (Habermann in Staudinger, Kommentar zum BGB § 12 Rz 280). Der Namensgebrauch braucht nicht direkt geschehen. Es genügt vielmehr ein hinreichend deutlicher Hinweis auf den Namensträger. Ein Namensgebrauch kann zudem auch dadurch erfolgen, dass der Verletzer einen Dritten mit dem fraglichen Namen bezeichnet (Bayreuther in MünchKomm BGB5 § 12 Rz 151).

3. Der Namensschutz im Sinn des § 43 ABGB wäre unvollkommen, würde er - wie von der Revisionswerberin behauptet - nur vorsätzliches und im eigenen Interesse liegendes Handeln umfassen. Somit liegt in der unzutreffenden Namensnennung im gegenständlichen Pressebericht ein unzulässiger Namensgebrauch gemäß § 43 ABGB, welcher die Beklagte dem Unterlassungsanspruch des Klägers als befugtem Träger des Namens „Prinz zu S*****" aussetzt. Dies führt auch nicht zu einer unzumutbaren Belastung für die Beklagte in dem Sinn, dass „sich jeder Medieninhaber bei der Berichterstattung über Personen über deren Namen genau erkundigen müsste", zumal der Klage ohnehin eine Abmahnung vorausgegangen war und es an der Beklagten gelegen gewesen wäre, eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben. Die Verteidigung des beanstandeten Verhaltens im Prozess offenbart das Vorliegen der Wiederholungsgefahr. Der Unterlassungsanspruch in dem vom Berufungsgericht bejahten Umfang besteht daher zu Recht.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 50 und 41 ZPO.

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