Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten G***** wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen. Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen der Strafaussprüche) werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet. Dem Angeklagten Danny G***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Schuldsprüche einer Angeklagten enthaltenden Urteil wurde Danny G***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (A) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (B) schuldig erkannt.
Danach hat er im Großraum Innsbruck, am Brennerpass und an anderen Orten vorschriftswidrig
(A) Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge nach Österreich eingeführt, nämlich
1) in der Zeit zwischen dem Jahr 2005 und dem Sommer 2006 im einverständlichen Zusammenwirken mit mehreren Mittätern in sechs Angriffen Cannabisprodukte im zweistelligen Kilogrammbereich und zumindest mehrere hundert Gramm Kokain sowie
2) „mutmaßlich" im Jahr 2005 im einverständlichen Zusammenwirken mit einem Mittäter Haschisch im Kilogrammbereich, weiters (B) in der Zeit vom 4. März 2005 bis zum Oktober 2007 wiederholt Haschisch und Kokain zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene - unrichtig (§§ 280 erster Satz, 283 Abs 1 StPO) als „Berufung wegen Nichtigkeit" bezeichnete - Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Danny G***** geht fehl.
Soweit diese den Schuldspruch B bekämpft, war auf sie vom Obersten Gerichtshof keine Rücksicht zu nehmen, weil der Beschwerdeführer insofern weder bei der Anmeldung noch im Rahmen der Ausführung der Beschwerde die Nichtigkeitsgründe einzeln und bestimmt bezeichnete (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Indem die Mängelrüge (Z 5) - im Übrigen ohne Bezugnahme auf die Aktenlage - die Verantwortung des Beschwerdeführers releviert, im Jahr 2005 (noch) keine Schmuggelfahrten unternommen zu haben (gemeint wohl: Z 5 zweiter Fall), bezieht sie sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die angefochtene Entscheidung ohnedies nicht mit Sicherheit davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer die ersten dem Schuldspruch A zu Grunde liegenden Tathandlungen schon im Jahr 2005 gesetzt hat (US 3, 7).
Soweit die Beschwerde den auf das Überschreiten des 25-fachen der Grenzmenge (§ 28b SMG) gerichteten Vorsatz in Abrede stellt (der Sache nach Z 10: vgl aber RIS-Justiz RS0117464 zur Rechtsnatur als eine Art Zusammenrechnungsgrundsatz für jeweils große Mengen), erschöpft sie sich in der substratlosen Bestreitung der gegenteiligen Urteilsannahmen (US 8) und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.
Mit dem weitwendigen Vorbringen zur Menge der eingeführten Suchtmittel orientiert sich die Beschwerde nicht an den Kriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes. Dieser zielt auf Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall), Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall), inneren Widerspruch (Z 5 dritter Fall), fehlende oder offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) sowie Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) der angefochtenen Entscheidung. Dabei ist unter dem Aspekt der gesetzeskonformen Darstellung stets an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß zu nehmen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394). Undeutlichkeit ist gegeben, wenn - nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, also aus objektiver Sicht - nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, mithin sowohl für den Beschwerdeführer als auch das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist.
Unvollständig ist ein Urteil genau dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ. Widersprüchlich sind zwei Aussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen nicht nebeneinander bestehen können.
Offenbar unzureichend ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht.
Aktenwidrig ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (zum Ganzen Ratz, WK-StPO § 281 Rz 419, 421, 438, 444, 467).
Indem die Rüge einzelne Elemente der - logisch und empirisch einwandfreien - Argumentationskette der Tatrichter (US 9 bis 19) isoliert bekämpft und aus einigen, darin vollständig gewürdigten Verfahrensergebnissen anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, verlässt sie den dargelegten Anfechtungsrahmen.
Das Vorbringen, zur Feststellung des Reinheitsgehalts der Suchtmittel wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen (der Sache nach wohl Z 5a), lässt nicht erkennen, aus welchem Grund der Beschwerdeführer insoweit an einer entsprechenden Antragstellung gehindert gewesen sein soll, und entzieht sich demgemäß einer inhaltlichen Antwort (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Entgegen der Beschwerde ist die aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers (S 85/II) und der Mitangeklagten Melanie S***** (S 95/II) sowie der - in der Hauptverhandlung erörterten (S 85/II) - Gerichtsnotorietät abgeleitete Schlussfolgerung auf den Reinheitsgrad der Suchtmittel (US 18) unter dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.
Die - im Übrigen dem eben behandelten Vorbringen widersprechende - Behauptung, das Erstgericht habe den Reinheitsgehalt der eingeführten Kokainmenge nicht festgestellt (der Sache nach Z 10), übergeht die diesbezüglichen Urteilskonstatierungen (US 7).
Welche „tatsächlichen Mengenangaben" des Beschwerdeführers in der angefochtenen Entscheidung übergangen worden sein sollen, vermag die Beschwerde nicht darzulegen.
Die Prämisse der Subsumtionsrüge (Z 10), die eingeführte Suchtgiftmenge übersteige das 25-fache der Grenzmenge nicht, setzt sich über die gegenteiligen Urteilsfeststellungen (US 7 f) hinweg. Korrespondierendes gilt für den Einwand, das Erstgericht treffe keine Konstatierungen zur tatverfangenen Kokainmenge (US 7). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO - ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung - schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen wegen der Strafaussprüche kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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