OGH 13Os85/08m

OGH13Os85/08m23.7.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juli 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Puttinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Seat T***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Geschworenengericht vom 17. Jänner 2008, GZ 35 Hv 189/07t-76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Seat T***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 20. November 2006 in Eugendorf im einverständlichen Zusammenwirken mit drei weiteren Tätern mit Gewalt gegen Personen und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe Verfügungsberechtigten einer M***** Filiale rund 42.000 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem zunächst alle vier Täter die Angestellte Snezana S***** niederrangen und ihr unter Vorhalt einer Faustfeuerwaffe die Schlüssel zum Geschäftslokal sowie zum Tresor abnahmen und hierauf ein Täter die Genannte festhielt, während zwei der anderen in die Filiale eindrangen und dort den Angestellten Ahmed Mo***** unter Vorhalt einer Faustfeuerwaffe bedrohten und ihn mit Handschellen an die Kücheneinrichtung fesselten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 5) wies der Schwurgerichtshof den Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des (zur Hauptverhandlung beigezogenen - S 470) Dolmetschers Mag. Nenad J***** zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte gut serbisch spricht und nicht wie die Täter gebrochen serbisch spricht" (S 495), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (S 495).

Die Zeugin S*****, auf deren Aussage der Beweisantrag ersichtlich zielte, gab nämlich nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 75) an, wahrgenommen zu haben, dass einer der vier (maskierten) Täter „gebrochen" serbisch gesprochen habe (S 488, 491 f), womit die begehrte Beweisaufnahme nicht geeignet war, die Beweislage zu Gunsten des Beschwerdeführers zu ändern. Soweit die Rüge aus der Begründung der abweislichen Entscheidung argumentiert, geht sie schon im Ansatz fehl. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich die diesbezügliche Judikatur in neuerer, nunmehr ständiger Rechtsprechung dahin konkretisiert, dass die die Abweisung eines Beweisantrags nach Ansicht des Erstgerichts rechtfertigenden Entscheidungsgründe als solche nicht unter Nichtigkeitssanktion stehen, sondern darauf abzustellen ist, ob dem Antrag nach der - auf den Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen - Ansicht des Obersten Gerichtshofs Berechtigung zugekommen ist (zuletzt 12 Os 31/07m). Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat auf Grund des im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren geltenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen.

Das Argument, die am Tatort sichergestellten Kabelbinder, denen nach der Aktenlage dem Beschwerdeführer zuzuordnendes DNA-Material anhaftete (S 500 iVm S 63, 97 und ON 9; S 496), hätten der Zeugin S***** vorgelegt werden müssen, entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung, weil ihm weder ein Antrag des Beschwerdeführers noch ein gegen dessen Antrag oder Widerspruch gefasster Beschluss zu Grunde liegt.

Sofern die diesbezüglichen Ausführungen im Sinn einer Aufklärungsrüge (Z 10a) zu verstehen sind, lässt die Beschwerde nicht erkennen, wodurch der Beschwerdeführer insoweit an der Ausübung seines Rechts, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert gewesen sein soll (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Der Einwand der Instruktionsrüge (Z 8), die den Geschworenen erteilte Rechtsbelehrung lasse Ausführungen zu den Bestimmungen des § 14 StPO vermissen, orientiert sich nicht am Gesetzeswortlaut des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes, der ausdrücklich auf §§ 321, 323 und 327 StPO verweist. Hienach muss die Rechtsbelehrung aber im - hier aktuellen - Fall (nur) einer Frage an die Geschworenen eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die diese Frage gerichtet ist, sowie eine Auslegung der hierin vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes enthalten und die Folgen der Bejahung oder Verneinung der Frage klarlegen. Eine Verletzung dieser Gesetzesvorgaben wird inhaltlich nicht einmal behauptet. Indem die Tatsachenrüge (Z 10a) auf die Niederschrift der Geschworenen (§ 331 Abs 3 StPO) Bezug nimmt, geht sie schon im Ansatz fehl, weil diese eine Begründung für die Beweiswürdigung darstellt und demnach nicht gleichzeitig deren Gegenstand zu bilden vermag, womit eine Beschwerde aus Z 10a darauf nicht gegründet werden kann (RIS-Justiz RS0115549; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 16).

Soweit die Rüge aus Details der Aussage der Zeugin S*****, aus Spekulationen über die Gründe für das Vorhandensein des DNA-Materials auf den sichergestellten Kabelbindern sowie aus der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers anhand eigener Beweiswerterwägungen für diesen günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung der Geschworenen. Mit der Behauptung, diese hätten Beweisergebnisse übergangen, verlässt die Beschwerde den vom Gesetz vorgegebenen Anfechtungsrahmen, weil der Geschworenenprozess mangels einer die Laienrichter treffenden Begründungspflicht keine der Mängelrüge des schöffengerichtlichen Verfahrens (§ 281 Abs 1 Z 5 [hier: zweiter Fall] StPO) entsprechende Bekämpfungsmöglichkeit kennt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte