Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
In Stattgebung des Antrags der Generalprokuratur wird im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens verfügt, der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 14. Jänner 2008, Az 18 Bs 283/07k, aufgehoben und die Sache an dieses Gericht zur neuerlichen Entscheidung über die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss der Ratskammer des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. November 2007 verwiesen.
Text
Gründe:
Die Ratskammer des Landesgerichts für Strafsachen Wien fasste in der Strafsache gegen DI Dr. Alaa A***** wegen §§ 153c, 156 Abs 1 und 2, 159 Abs 1 und 2 StGB gemäß §§ 352 Abs 1, 357 StPO aF den Beschluss, einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Wiederaufnahme des Verfahrens teilweise stattzugeben (ON 272). Dieser Beschluss wurde dem Rechtsvertreter des Beschuldigten am 19. November 2007 zugestellt (Rückschein AS 3 ww verso).
Gegen diesen Beschluss im stattgebenden Umfang erhob der Beschuldigte mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 Beschwerde, die nach damaliger Aktenlage - laut Poststempel - am 4. Dezember 2007 zur Post gegeben wurde (ON 273 samt angeschlossenem Kuvert).
Mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 14. Jänner 2008, AZ 18 Bs 283/07k, wurde die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, weil die sowohl nach § 352 Abs 2 StPO aF als auch nach § 88 Abs 1 StPO eingeräumte Beschwerdefrist von 14 Tagen am 3. Dezember 2007 geendet habe, die Postaufgabe am 4. Dezember 2007 daher verspätet gewesen sei (ON 275).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich - soweit in die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs fallend - eine Beschwerde des Beschuldigten und ein Antrag der Generalprokuratur gemäß § 362 Abs 1 Z 2 StPO. Die nunmehrige Beschwerde war als unzulässig zurückzuweisen, weil nach dem Gesetz gegen Beschlüsse des Oberlandesgerichts als Beschwerdegericht kein Rechtsmittel eingeräumt ist. Ob die (gegen den Beschluss der Ratskammer gerichtete) Beschwerde des Beschuldigten rechtzeitig eingebracht worden war, ist eine Frage tatsächlicher Natur, die das Beschwerdegericht zu entscheiden hatte. Ist eine nicht vom Obersten Gerichtshof selbst getroffene letztinstanzliche Entscheidung eines Strafgerichts auf einer in tatsächlicher Hinsicht objektiv bedenklichen Verfahrensgrundlage ergangen, ohne dass dem Gericht ein Rechtsfehler anzulasten ist, kommt die analoge Anwendung der Bestimmung über die außerordentliche Wiederaufnahme nach § 362 StPO in Betracht (Fabrizy, StPO10 § 362 Rz 3; Ratz, WK-StPO § 292 Rz 16, § 362 Rz 4).
Das - durch Urkundenbeilage gestützte (Beilagen zu ON 276) - Vorbringen, die verfahrensgegenständliche Beschwerde sei bereits am 3. Dezember 2007 zur Post gegeben und damit die Rechtzeitigkeit gewahrt worden, ist - nach auf besonderen Antrag der Generalprokuratur vorgenommener Prüfung der Akten gemäß § 362 Abs 1 Z 2 StPO - ebenso geeignet, erhebliche Bedenken im Sinne dieser Gesetzesbestimmung zu wecken, wie die vom Obersten Gerichtshof eingeholte Auskunft des Postamts 1082 vom 6. Juni 2008, wonach die Briefsendung tatsächlich bereits am 3. Dezember 2007 aufgegeben worden sei. Diese Verfahrensergebnisse stehen im Widerspruch zur Beurteilungsgrundlage, von welcher das Oberlandesgericht bei seiner Zurückweisungsentscheidung ausgegangen ist.
Es war daher im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens zu verfügen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 14. Jänner 2008, AZ 18 Bs 283/07k (ON 275), war aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zur neuerlichen Entscheidung über die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss der Ratskammer des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. November 2007 zu verweisen.
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