Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich beider Angeklagter in den Schuldsprüchen 2. und 3., demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Günter F***** zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese teilkassatorische Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten F***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Günter F***** und Alois R***** der Vergehen nach § 122 Abs 1 Z 1 GmbHG (1.), des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und Abs 2, 161 Abs 1 StGB (2.) und der Vergehen der Begünstigung eines Gläubigers nach §§ 158 Abs 1, 161 Abs 1 StGB (3.) schuldig erkannt.
Danach haben sie in B***** und an anderen Orten als Geschäftsführer, mithin leitende Angestellte (§ 161 Abs 1 StGB) der Firma C***** GmbH
1. im Zeitraum 2004 bis 2006 „in Berichten, Darstellungen und Übersichten betreffend die Gesellschaft oder mit ihr verbundene Unternehmen, die an die Öffentlichkeit oder an die Gesellschafter gerichtet sind, die Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen oder erhebliche Umstände, auch wenn sie nur einzelne Geschäftsfälle betreffen, unrichtig wiedergegeben, verschleiert bzw verschwiegen, indem sie
a) es unterließen, in den Jahresbilanzen 2003 und 2004 eine Wertberichtigung der (tatsächlich uneinbringlichen) Forderung gegenüber den Firmen F***** GmbH, N***** OEG, N***** GmbH und N. ***** GmbH vorzunehmen und dadurch ein (fälschlicherweise) positives Eigenkapital aufzeigten,
b) in der Jahresbilanz 2005 einerseits in der Vorjahresspalte für das Jahr 2004 wiederum ein (fälschlicherweise) positives Eigenkapital aufzeigten und andererseits (zu Unrecht) Forderungen aus tatsächlich nicht abrechenbaren Leistungen auswiesen,
2. im Zeitraum 2003 bis 2004 Bestandteile des Vermögens der Firma C***** GmbH wirklich verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, wobei durch die Tat ein 50.000 Euro übersteigender Schaden herbeigeführt wurde, indem sie Zahlungen ohne zu Grunde liegenden Leistungsaustausch für andere Gesellschaften, an denen sie beteiligt waren, leisteten, und zwar
- a) für die N. ***** GmbH in der Höhe von 400 Euro,
- b) für die N***** GmbH in der Höhe von 700 Euro,
- c) für die N***** OEG in der Gesamthöhe von 15.927,01 Euro,
- d) für die F***** GmbH in der Gesamthöhe von 64.340,58 Euro,
3. im Zeitraum 1. April 2005 bis Ende 2006 nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Firma C***** GmbH einen Gläubiger begünstigt und dadurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von ihnen benachteiligt, indem nach dem 31. März 2005 eingegangene Verbindlichkeiten gegenüber bestimmten Gläubigern bevorzugt zur Gänze beglichen wurden, und zwar
- a) der K***** GmbH in der Höhe von 105.000 Euro und
- b) der R***** OEG in der Höhe von 12.833,33 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte F***** bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der zum Teil Berechtigung zukommt.
Zum Schuldspruch 1.:
Das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht habe „nicht eindeutig" festgestellt, ob die vorgeworfenen Tathandlungen vorsätzlich begangen wurden (der Sache nach Z 9 lit a), bzw die Feststellungen zur subjektiven Tatseite seien undeutlich (Z 5 erster Fall), ist mit Blick auf den insoweit eindeutigen Inhalt der Gründe (US 10), wonach dem Beschwerdeführer die Tathandlungen „bewusst" waren und er „von Anfang an vorsätzlich" handelte, nicht stichhältig. Indem der Nichtigkeitswerber im Weiteren unter Vernachlässigung der gebotenen Gesamtbetrachtung der Beweisresultate und der dazu angestellten Erwägungen der Tatrichter isoliert eine auf US 14 (im Rahmen der Beweiswürdigung) befindliche Passage („Die Angeklagten mögen zwar auf ein Wunder gehofft haben, ...") herausgreift sowie seine Einlassung, wonach er stets davon ausgegangen sei, „dass die von der C***** GmbH an die anderen Firmen geleisteten Zahlungen auch wieder zurückgezahlt werden können", wiederholt, um auf dieser Basis seiner, ein Wissen um die Uneinbringlichkeit der in Rede stehenden Forderungen in Abrede stellenden - von den Tatrichtern jedoch verworfenen (US 14) - Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen, bekämpft er bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die erstinstanzliche Beweiswürdigung, ohne aber einem Begründungsmangel im Sinne einer Undeutlichkeit oder eines inneren Widerspruchs (Z 5 erster und dritter Fall) aufzeigen zu können.
Die prozessordnungsgemäße Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert striktes Festhalten an den tatsächlich getroffenen Urteilsfeststellungen in ihrer Gesamtheit und die auf dieser Grundlage zu führende Darlegung, dass dem Erstgericht bei Beurteilung des Urteilssachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen sei. Unerheblich ist dabei, ob die mit dem Gesetz zu vergleichenden Feststellungen einwandfrei zu Stande gekommen oder dargestellt sind oder erheblichen Bedenken begegnen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581). Die von den Urteilsannahmen (so speziell der Uneinbringlichkeit der in Rede stehenden Forderungen [s insbesondere US 10]) losgelösten Spekulationen (etwa dahin, dass durch Einbringung von Eigenkapital die Zahlungsunfähigkeit der einzelnen Gesellschaften jederzeit hätte verbessert werden können) und Hypothesen des Nichtigkeitswerbers, wonach „absolut kein Anlass" bestanden habe, die in Rede stehenden Forderungen in den Bilanzen 2003 und 2004 als uneinbringlich auszubuchen, verfehlen daher die gebotene Orientierung am Verfahrensrecht.
Soweit die Beschwerde unter Verweis auf den Abtretungsvertrag vom 16. Oktober 2003 (S 407 ff/I) behauptet, der Angeklagte habe darauf vertrauen dürfen, dass die (die Geschäftsanteile an der F***** GmbH) übernehmenden Gesellschafter entweder durch Bankkredit oder Eigenkapital oder Aufnahme weiterer finanzkräftiger Partner die Gesellschaft weiterführen und die erforderliche Finanzierung aufbringen werden, und daher nicht gewusst, dass die F***** GmbH ihre Verbindlichkeiten bei der C***** GmbH nicht mehr bezahlen werde können, übergeht sie die diesem Vorbringen entgegenstehenden Konstatierungen (US 10 iVm US 14 f) und verbleibt solcherart (erneut) auf der Ebene einer Beweiswürdigungskritik nach Art der im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld.
Zum Schuldspruch 2.:
Das Verbrechen der betrügerischen Krida ist vollendet, wenn feststeht, dass ein Gläubiger infolge eines das Vermögen verringernden Verhaltens des Schuldners eine Forderung nur zum Teil oder gar nicht beglichen erhält, somit effektiv einen Befriedigungsausfall erleidet; so lange eine solche Auswirkung nicht sicher ist, kann die Vollendung des Verbrechens nicht angenommen werden (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 156 [2006] Rz 19). Die Deliktsqualifikation nach § 156 Abs 2 StGB kommt zur Anwendung, wenn der - durch die Höhe der Vermögensverringerung limitierte - Gläubigerausfall, dh die Summe der Forderungen, soweit sie unbefriedigt geblieben sind, 50.000 Euro übersteigt (15 Os 120/05v). Wenn es trotz erfolgter Vermögensverringerung - Schädigungsvorsatz vorausgesetzt - nicht zur Gläubigerschädigung kommt, kann strafbarer Versuch vorliegen (RIS-Justiz RS0115184).
Zutreffend macht die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geltend, dass dem Urteil keine tauglichen Feststellungen zu entnehmen sind, die eine Beurteilung der Frage ermöglichen, ob überhaupt eine - von der Frage der Vermögensverringerung strikt zu trennende - Gläubigerschädigung oder allenfalls nur ein Versuch derselben vorlag, sowie ob die Qualifikationsgrenze des § 156 Abs 2 StGB überschritten wurde. Denn der dem Schuldspruch zu Grunde liegende Ausspruch, dass durch die (im Urteil näher beschriebenen) Zahlungen an die F***** GmbH, die N***** OEG, die N***** GmbH und die N. ***** GmbH ohne jedwede Gegenleistung „die Befriedigung von Gläubigern der C***** GmbH oder wenigstens eines von ihnen versteckt bzw geschmälert" wurde (US 12), erschöpft sich in einer Wiedergabe der verba legalia, die jeden Sachverhaltsbezug vermissen lässt. Feststellungen, die zur Beurteilung der (die Qualifikationsgrenze des § 156 Abs 2 StGB übersteigenden) Höhe des (beabsichtigten oder tatsächlichen) Gläubigerausfalls erforderlich wären, fehlen gänzlich; das Anführen dieses Qualifikationsmerkmals bloß im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO; s US 3) vermag fehlende Feststellungen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht zu ersetzen (Lendl, WK-StPO § 260 Rz 19).
Die vom Beschwerdeführer zum Schuldspruch 2. aufgezeigten Feststellungsdefizite hindern sohin eine abschließende rechtliche Beurteilung, was die Kassation dieses Schuldspruchs unumgänglich macht.
Das übrige Beschwerdevorbringen hiezu bedarf demnach keiner weiteren Erörterung. Sollte im zweiten Rechtsgang erneut ein Schuldspruch nach § 156 StGB erfolgen, werden zur subjektiven Tatseite Konstatierungen nicht nur zur Wissens-, sondern auch zur Wollenskomponente des Vorsatzes zu treffen sein (vgl US 12).
Zum Schuldspruch 3.:
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge (Z 5) moniert, die Feststellungen zur subjektiven Tatseite seien „undeutlich" und es sei „nicht eindeutig, welche Tatsachen zur subjektiven Tatseite das Erstgericht feststellen wollte", macht er der Sache nach - im Ergebnis zutreffend - einen Rechtsfehler mangels Feststellungen geltend. Das Schöffengericht stellte zur subjektiven Tatseite nämlich lediglich fest, dass beide Angeklagten „nicht nur in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, sondern auch von der Begünstigungshandlung und der dadurch erreichten Benachteiligung anderer Gläubiger" waren (vgl US 13; weitergehende Konstatierungen hiezu werden auch an anderer Stelle des Urteils nicht nachgetragen). Damit kommt zwar die Wissenskomponente zum Ausdruck, die für die Annahme eines (Eventual-)Vorsatzes (§ 5 StGB) weiters notwendige Wollenskomponente (vgl Reindl in WK2 § 5 Rz 3 und 37 f) wird aber durch diese Konstatierung offen gelassen.
Somit ist auch dieser Schuldspruch aufzuheben und diesbezüglich die Neudurchführung des Verfahrens anzuordnen, ohne dass es einer Erörterung des übrigen Beschwerdevorbringens bedarf. Da diese aufgezeigten Nichtigkeiten in gleicher Weise die Schuldsprüche des Angeklagten Alois R***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB (2.) und der Vergehen der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB (3.) betreffen, war - mangels Anfechtung des Schuldspruchs - von Amts wegen (§ 290 Abs 1 StPO) auch das den Genannten betreffende Urteil in den Schuldsprüchen 2. und 3. aufzuheben und ein neuer Rechtsgang anzuordnen.
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese teilkassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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