Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf H***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 (zu ergänzen: fünfter Fall) und Abs 2 Z 1 SMG (I/a), des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 SMG (I/b), des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 (zu ergänzen: Z 1) erster und zweiter Fall SMG (I/c) sowie der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er
I./ in der Zeit von Jänner bis Mitte Juli 2007 in Wien und anderen
Orten vorschriftswidrig Suchtgift
a./ dadurch, dass er in wiederholten Angriffen 3.450 Gramm Cannabisharz mit einer THC-Reinsubstanz von zumindest 172,5 Gramm und 200 Gramm Cannabiskraut mit einer THC-Reinsubstanz von zumindest 4 Gramm an Aydin K*****, Peter F*****, N. M***** und verschiedene unbekannte Abnehmer verkaufte, in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge in Verkehr gesetzt, wobei er die in § 28a Abs 1 SMG bezeichnete Tat gewerbsmäßig beging und mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. August 2003 zu 43 S Hv 98/02y schon einmal wegen einer solchen Straftat verurteilt worden war;
b./ dadurch, dass er in den von Punkt a./ nicht erfassten Fällen 800 Gramm Cannabisharz mit einer THC-Reinsubstanz von 40 Gramm zum Weitervertrieb erwarb und lagerte, in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde;
c./ „und zwar" 750 Gramm Cannabisharz und 200 Gramm Cannabisharz in den von Punkt a/ und b/ nicht erfassten Fällen erworben und besessen;
II./ in Kaltenleutgeben Susanne Sch***** mit Gewalt, Entziehung der persönlichen Freiheit und durch Drohung mit gegenwärtiger (richtig:) Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) zur Vornahme und Duldung des Beischlafs und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, und zwar
A./ zu einer nicht mehr festzustellenden Zeit im Dezember 2006 dadurch, dass er ihr viele Schläge gegen den gesamten Körper versetzte, sie an den Haaren riss und ihren Kopf zu seinem entblößten Glied drückte und sie dadurch zur Durchführung eines Oralverkehrs zwang, sie sodann auf den Balkon zerrte, dort zu Boden drückte und mit seinem Glied in ihre Scheide eindrang;
B./ zu einer nicht mehr festzustellenden Zeit in der ersten Jahreshälfte 2007 dadurch, dass er ihr zuvor eine SMS mit den Worten „... wennst heim kommst, wirst für die letzten zwei Tage büßen!" schickte, dass er ihr Schläge versetzte, sie in Bauchlage mit Handschellen an ein Bett fesselte, ihre Beine mit einem Bademantelgürtel fixierte, mit einem Holzstock auf sie einschlug und sodann mit seinem Glied in ihre Scheide und in ihren Anus eindrang.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten erhobene, auf § 281 Abs 1 Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, die sich allein gegen die Schuldsprüche wegen § 201 Abs 1 StGB richtet, ist nicht im Recht. Seinem Wesen nach liegt der formelle Nichtigkeitsgrund nach Z 5a erst dann vor, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, das heißt - intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen - eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über diese Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld im Verfahren vor dem Einzelrichter einräumt - wird nicht ermöglicht. Diesseits der Schwelle erheblicher Bedenklichkeit sind dem Obersten Gerichtshof beweiswürdigende Detailerwägungen verwehrt und somit in einer Tatsachenrüge nicht statthaft (RIS-Justiz RS0118780, RS0119583; 12 Os 122/06t mwN).
In der Beschwerde setzt sich der Angeklagte aber allein mit der Glaubwürdigkeit der Zeugin auseinander, die ihn aus Existenz- und Beziehungsängsten, von Eifersucht getrieben, zu Unrecht belastet hätte. Dabei übergeht er nicht nur die Auseinandersetzung des Erstgerichts mit seinen eigenen Depositionen und die in der Beweiswürdigung (insbesondere US 9 ff) berücksichtigten Aussagen dieser Zeugin, aber auch des für den Alkoholkonsum der Frau - ohne Darlegung, aus welchem Grund hiemit ernstliche Bedenken begründet würden - ins Treffen geführten Zeugen Friedrich S*****, sondern missachtet auch die von den Tatrichtern vorgenommene, § 258 Abs 2 StPO entsprechende Prüfung der Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft in ihrem inneren Zusammenhang. Erhebliche Bedenken in obgenanntem Sinn gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden Tatsachen vermag der Angeklagte nicht zu erzeugen.
Anzumerken ist, dass § 27 SMG durch die SMG-Novelle 2007, BGBl I 2007/110, mit Wirkung vom 1. Jänner 2008 novelliert wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war das vom Schuldspruch (Faktum I./c./) erfasste Verhalten gemäß § 27 Abs 1 SMG aF mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht, während § 27 Abs 1 SMG idgF eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vorsieht. Gemäß §§ 1 Abs 2, 61 zweiter SatzStGB sind neue Strafbestimmungen auf vor ihrem Inkrafttreten begangene Taten nur dann anzuwenden, wenn die Tatzeitgesetze in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger waren, wobei in erster Linie die Strafsätze zu vergleichen sind. Der Günstigkeitsvergleich führt dazu, dass die zu I./c/ erwähnten Straftaten § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF zu subsumieren sind (vgl 15 Os 46/08a). In Ansehung der richtig nach § 28a Abs 2 SMG vorgenommenen Strafzumessung blieb dies ohne nachteilige Auswirkung für den Angeklagten, sodass es keines Vorgehens nach § 290 Abs 1 StPO bedarf (vgl Ratz, WK-StPO § 290 Rz 22 f), zumal keine - dem Berufungswerber zum Nachteil gereichende - Bindung des Oberlandesgerichts an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO (RIS-Justiz RS0118870) besteht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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