OGH 6Ob111/08d

OGH6Ob111/08d5.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache Franz E*****, über den Revisionsrekurs des Betroffenen, vertreten durch den Sachwalter Dr. Michael Kinberger, Rechtsanwalt in Zell am See, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 17. Jänner 2008, GZ 21 R 558/07s-46, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom 31. August 2007, GZ 44 P 158/05z-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Betroffene ist der Sohn der am 12. 3. 2005 verstorbenen Maria E*****, geboren am 21. 4. 1920. Sie war verwitwet. Für den Betroffenen ist Dr. Michael Kinberger, Rechtsanwalt in Zell am See, seit 2. 2. 2006 zum Sachwalter bestellt, der mit der Vertretung des Pflegebefohlenen vor Gericht und bei Behörden betraut ist.

Im Verlassenschaftsverfahren nach Maria E***** hat das Erstgericht das Erbrecht der erblasserischen Tochter Maria H***** festgestellt, die Erbantrittserklärung des Betroffenen abgewiesen und Letzteren zum Ersatz der Kosten in Höhe von 8.431,50 EUR an Maria H***** verpflichtet.

Über Rekurs des Betroffenen, vertreten durch seinen Sachwalter, trug das Rekursgericht dem Erstgericht auf, die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der vom Sachwalter abgegebenen Erbantrittserklärung einzuholen.

Mit Schriftsatz vom 8. 8. 2007 beantragte der Sachwalter beim Erstgericht, die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung zur Erbantrittserklärung zu erteilen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Die Erblasserin habe in ihrem Testament ihre Tochter Maria H***** als Alleinerbin eingesetzt und erklärt, ihren erblasserischen Sohn wegen tätlicher Angriffe, gefährlicher Drohungen und groben Undanks zu enterben. Das schlechte Verhältnis des Betroffenen zu seiner Mutter sei auch durch die zahlreichen zwischen ihnen geführten Gerichtsverfahren dokumentiert. Selbst wenn die Enterbung nicht gültig sei, sei die Erbunwürdigkeit zu prüfen. Die Abgabe einer bedingten Erbantrittserklärung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen seien erhebliche Kostenfolgen in Relation zu einem (selbst bei Obsiegen des Betroffenen) in Anbetracht des Wertes des Nachlasses relativ geringfügigen Gewinn, sodass diese Vorgangsweise nicht als dem Wohl des Betroffenen dienlich beurteilt werden könne.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Mit dem neuen AußStrG sei das Verfahren zur Feststellung des Erbrechts umgestaltet worden. Die Entscheidung ergehe je nach Zweckmäßigkeit in einer Vorabentscheidung (vgl § 36 Abs 2 AußStrG) oder zugleich mit dem Einantwortungsbeschluss. Für das Verfahren über das Erbrecht bestehe nicht nur eine Rechtsanwaltspflicht, sondern es sei auch ein Ersatz der Verfahrenskosten vorgesehen. Nach dem AußStrG 2003 berge also bereits die Abgabe einer - wenn auch vorerst bedingten - auf das gesetzliche Erbrecht gestützten, mit der testamentarischen Erbin in Widerspruch stehenden Erbantrittserklärung das Risiko des Prozessverlusts und einer daraus resultierenden Kostenersatzpflicht des obsiegenden Antragstellers in sich. Dem Argument des Rekurswerbers, der Nachlass sei nicht geringfügig, sei entgegenzuhalten, dass Forderungen in Höhe von zumindest 90.000 EUR gegen den Nachlass bestünden. Die Forderungen der Verlassenschaft setzten sich zum überwiegenden Teil aus Forderungen gegen den Rekurswerber zusammen. Außerdem seien die Erfolgsaussichten des Verfahrens zu prüfen. Dabei liege nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nahe, dass dem Betroffenen der Pflichtteil wegen Erbunwürdigkeit entzogen werden könnte. Hier sei auf die zahlreichen Zivilverfahren der Erblasserin gegen den Betroffenen und den Umstand zu verweisen, dass dieser auf der Rückseite der Parte der Verstorbenen, welche er an der Scheune befestigte, geschrieben habe, dass sich die Verfasser dieser Parte seinen Namen auf dem Partezettel ersparen hätten können, dass die Erblasserin nach 35 Jahren Prozessführung für ihn keine Mutter mehr sei und dass er Gott sei Dank von dieser Last erlöst sei und jetzt mit seiner Familie ein neues Leben feiere. Unter Abwägung des meritorischen Verfahrenszieles gegen das Prozesskostenrisiko sei die Genehmigung der Abgabe einer Erbantrittserklärung nicht im wohlverstandenen Interesse des Betroffenen gelegen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Notwendigkeit der sachwalterschaftsgerichtlichen Genehmigung der Erbantrittserklärung eines Betroffenen nach dem AußStrG 2003 noch keine Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

1. Die vom Rekursgericht als erheblich im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG beurteilte Rechtsfrage wird im Rechtsmittel nicht angesprochen. Da der Oberste Gerichtshof aber nicht dazu berufen ist, theoretisch zu einer Rechtsfrage, deren Lösung durch die zweite Instanz vom Rechtsmittelwerber gar nicht bestritten wird, Stellung zu nehmen, ist auf diese Frage nicht weiter einzugehen. Daran hat auch die Reform des Außerstreitverfahrens durch das AußStrG BGBl I 2003/111 nichts geändert (10 Ob 48/06d).

2. Die Frage, ob eine bestimmte Disposition dem Wohl des Pflegebefohlenen entspricht, ist eine zwangsläufig nur im jeweiligen Einzelfall zu beurteilende Ermessensentscheidung (6 Ob 286/05k).

3. Im vorliegenden Fall wurde der Sachwalter lediglich zur Vertretung des Betroffenen vor Gerichten, Ämtern und Behörden bestellt. Dem lag die Feststellung des Erstgerichts zugrunde, dass der Betroffene an einer geringgradigen geistigen Behinderung leide und in komplexeren Angelegenheiten nicht in der Lage sei, sich adäquat zu verhalten. Bei dieser Sachlage besteht aber kein ausreichender Grund für die Annahme eines - bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten zu berücksichtigenden - Ausschlusses der Verschuldensfähigkeit, der dazu führen könnte, dass einzelne, an sich den Tatbestand nach § 540 ABGB erfüllende Handlungen dem Revisionsrekurswerber nicht zuzurechnen sind. In der Auffassung der Vorinstanzen, in Abwägung des Wertes der Verlassenschaft, der Erfolgsaussichten im Verfahren und des Kostenrisikos sei die Erbantrittserklärung nicht im Interesse des Betroffenen gelegen, ist somit keine im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

4. Damit bringt der Revisionsrekurswerber aber keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität zur Darstellung, sodass der Revisionsrekurspruch gemäß zurückzuweisen war.

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