OGH 15Os61/08x

OGH15Os61/08x5.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juni 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr.Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Puttinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Roman F***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter, dritter und vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Roman F***** und Igor I***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 28. Jänner 2008, GZ 448 Hv 5/07g-79, sowie über die Beschwerde des Angeklagten I***** gegen den Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruht, und auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Omid M***** enthält, wurden Roman F***** und Igor I***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter, dritter und vierter (richtig nur: zweiter und vierter) Fall StGB schuldig erkannt. Danach haben sie am 27. Dezember 2006 in Wien in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit Omid M***** als Mittäter (§ 12 StGB) Manoj K***** mit Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie ihm zunächst ein Messer vorhielten, ihn zu Boden rissen und dort fixierten, den Mund zuhielten, ihm mehrfache Messerstiche zufügten und aus seiner Tasche ein Mobiltelefon, eine Armbanduhr und 70 Euro Bargeld wegnahmen, wobei die Gewaltanwendung eine schwere Körperverletzung, nämlich Stichverletzungen im Bereich des rechten Oberschenkels, des linken Unterschenkels, des Kniegelenks und des linken Oberarmes mit Eröffnung großer Schlagadern mit schweren Dauerfolgen, nämlich Lähmungen im Bereich des rechten Unterschenkels, zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Roman F***** (§ 345 Abs 1 Z 10a StPO) und Igor I***** (§ 345 Abs 1 Z 6 und 13 StPO); sie schlagen fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Roman F*****

Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag mit der Behauptung, nicht der Beschwerdeführer sondern der Zweitangeklagte Omid M***** habe dem Opfer Messerstiche versetzt, keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen angenommenen Vorhersehbarkeit der Verletzungsfolgen auch für Roman F***** zu wecken.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Igor I*****:

Die Fragenrüge (Z 6) vermisst eine Eventualfrage nach dem „Grunddelikt nach § 142 Abs 1 StGB", weil der Beschwerdeführer mit der Verwendung des Messers und den Verletzungsfolgen „nicht gerechnet" habe, vernachlässigt dabei aber, dass § 143 StGB im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungsgründe normiert, die auch in die Hauptfrage aufgenommen werden können, sofern die Geschworenen - wie hier erfolgt (./B und ./C) - ausdrücklich darüber belehrt werden, dass sie die Hauptfrage mit entsprechender Einschränkung (§ 330 Abs 2 StPO) bejahen können (Schindler, WK-StPO § 314 Rz 32). Die Sanktionsrüge (Z 13) ist mit der Behauptung eines Widerspruchs zwischen dem - zutreffend angenommenen - Erschwerungsgrund dreier einschlägiger Vorstrafen und dem - in Wahrheit nicht vorliegenden - Milderungsgrund der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers nicht zu dessen Vorteil ausgeführt. Auf die Vorverurteilung AZ 161 Hv 43/07k des Landesgerichts für Strafsachen Wien wurde im Urteil - der Beschwerde zuwider - gemäß §§ 31, 40 StGB Bedacht genommen. Mit der Kritik an der Unterlassung einer Erörterung der zur genannten Vorverurteilung ausgemessenen Strafe und der dort vorliegenden Strafzumessungsgründe in den Entscheidungsgründen des gegenständlichen Urteils wird keine Urteilsnichtigkeit sondern nur ein Berufungsgrund geltend gemacht.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO). Einer amtswegigen Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 StPO) der - infolge Vorliegens von Scheinkonkurrenz verfehlten - Annahme auch der Qualifikation des dritten Falls neben jener des vierten Falls des § 143 StGB (vgl Burgstaller/Fabrizy in WK2 § 85 Rz 35) bedurfte es nicht, zumal der vom Geschworenengericht in diesem Zusammenhang gewertete Erschwerungsgrund der „mehrfachen Qualifikation" jedenfalls bereits durch die Verwendung einer Waffe und die Herbeiführung einer Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen verwirklicht ist, sodass eine konkrete Benachteiligung der Angeklagten über die unrichtige Lösung der Rechtsfrage hinaus nicht gegeben ist (vgl Ratz, WK-StPO § 290 Rz 22 ff). Eine den Angeklagten zum Nachteil gereichende Bindung des Oberlandesgerichts an den soweit verfehlten Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO besteht bei der Entscheidung über die Berufungen (zum Angeklagten Omid M*****s § 295 Abs 1 zweiter Satz StPO) nicht (RIS-Justiz RS0118870).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte